Berlin. Frank Plasberg wollte bei „Hart aber fair“ über Ausländerkriminalität reden. Das geht aber nur mit Gästen, die aufeinander eingehen.

Frank Plasberg hat bei „Hart aber fair“ wohl geahnt, was da droht. „Es geht hier nicht um Generalverdacht“, sagte der Moderator am Montagabend gleich zur Begrüßung. Das klang schon fast wie eine Entschuldigung. Zumindest aber redet so niemand, der sich mal wieder mit der Dauer-Krise der Großen Koalition oder den Details des Steuerrechts befassen möchte.

Nein, die „Hart aber fair“-Redaktion hatte diesmal ein brisantes Thema samt knalliger Überschrift für die Sendung gewählt: „Das kriminelle Netz der Clans – sind Justiz und Polizei machtlos?“. Und es kam wie es kommen musste: zum Streit.

Das klang nicht unbedingt nach Grautönen. Und dass der Moderator extra zu Beginn betonen musste, dass sich doch bitte niemand auf den Schlips getreten fühlen müsse, zeigte: Der Dreiklang Ausländer, Clanstrukturen, Kriminalität funktioniert zuverlässig gut, um die Betriebstemperatur zu steigern.

„Hart aber fair“-Redaktion machte viel richtig

Doch der Reihe nach: Zunächst hat die Redaktion einiges richtig gemacht. Sie wählte ein Thema, das viele Menschen bewegt und Gäste, die vom Fach sind. Mit Olaf Sundermeyer etwa saß ein profunder Kenner der Szene in der Runde.

Der Journalist hat lange zum Thema recherchiert. Er sagte: Hinter spektakulären Clan-Verbrechen wie etwa dem

im Dezember 2014 stehe auch der Wunsch nach Anerkennung.

„Hart aber fair“-Gäste im Überblick:

  • Herbert Reul, NRW-Innenminister
  • Olaf Sundermeyer, Journalist
  • Petra Leister, Berliner Oberstaatsanwältin
  • Michael Kuhr, Chef eines Sicherheitsdienstes
  • Burkhard Benecken, Strafverteidiger
  • Ahmad Omeirat, Essener Stadtrat

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– oft handelt es sich um türkische, arabische oder libanesische Großfamilien – fühlten sich von der Gesellschaft ausgegrenzt.

An den Gerichten fehlt das Personal

Petra Leister, Oberstaatsanwältin in Berlin.
Petra Leister, Oberstaatsanwältin in Berlin. © imago/Future Image | Christoph Hardt

Ebenfalls aus der Praxis berichteten Michael Kuhr, Chef eines Berliner Sicherheitsdienstes, und die Oberstaatsanwältin Petra Leister. Die Juristin klagte über schlechte Arbeitsbedingungen in Berlin, zu wenig Personal und schlechte Ausstattung.

Michael Kuhr, der zudem mehrfacher Kickbox-Weltmeister ist, gewährte ebenfalls Einblicke in seinen Berufsalltag: „Araber-Clans kontrollieren in Berlin das Geschäft mit Drogen und Rotlicht. Sie haben die Deutschen verdrängt – weil sie bereit waren, zu schießen“, sagte er.

„Hart aber fair“ ohne echte Diskussion

Ahmad Omeirat bei „Hart aber fair“.
Ahmad Omeirat bei „Hart aber fair“. © imago/Future Image | Christoph Hardt

Doch wie zulässig ist es, einen Zusammenhang zwischen Nationalität und Kriminalität herzustellen? An dieser Frage sind schon viele Talkshows gescheitert. Und auch Frank Plasbergs „Hart aber fair“-Runde schaffte es nicht, das Thema ausgewogen zu behandeln.

Wo ein kühler Kopf gefragt ist, prallten – wie so oft – die Argumente nur aufeinander. Jeder sagte das, was er unbedingt loswerden wollte – ohne aber auf den Gegenüber einzugehen oder vielleicht sogar einzugestehen, dass auch das andere Argument seine Berechtigung hat.

Clan-Anwalt leugnet Probleme

Olaf Sundermeyer.
Olaf Sundermeyer. © ZDF | Jule Roehr

Entweder schwarz oder weiß. Für Zwischentöne blieb kein Platz. Ein Phänomen, das man immer wieder bei emotional aufgeladenen Themen wie Migration oder Kriminalität beobachtet.

So auch in Plasbergs Runde: Der Jurist Burkhard Benecken etwa, der Clan-Mitglieder vor Gericht vertritt, wollte nicht einmal das Problem eingestehen. Er sprach von einer „Hetzjagd“ auf Großfamilien, man stelle Menschen unter Generalverdacht. „Das ist völlig unangemessen“, sagte er. Es gebe ein Kriminalitätsproblem – aber das sei kein arabisches.

Essener Stadtrat berichtet aus eigener Erfahrung

Immer wieder führt die Polizei wie hier in Berlin Razzien gegen Clans durch.
Immer wieder führt die Polizei wie hier in Berlin Razzien gegen Clans durch. © dpa | Paul Zinken

Ähnlich argumentierte der Grünen-Politiker Ahmad Omeirat, der aber eine andere Perspektive auf das Thema mitbrachte. Der Essener Stadtrat entstammt einer kurdisch-libanesischen Familie – und weiß, was es heißt, wegen des Namens diskriminiert zu werden.

Omeirat berichtete davon, wie er nach der Schule 200 Bewerbungen geschrieben habe. Und nur Absagen kassierte. „Das war für mich sehr frustrierend“. Diese Erfahrung prägt den Lokalpolitiker bis heute. Und man nahm ihm seinen Einsatz für Minderheiten ab.

Omeirat: Sozialarbeiter statt Druck von Polizei

Nur: der klare Blick auf reale Probleme schien so auch bei Omeirat zu verschwimmen. Mit der Aussage: „Wer von Clans redet, meint es mit der Integration nicht ernst“, versuchte er gleich, die ganze Debatte zu beenden.

NRW-Innenminister Herbert Reul.
NRW-Innenminister Herbert Reul. © dpa | Christophe Gateau

Wo es Probleme gebe, seien Sozialarbeiter gefragt. Druck von Polizei und Sicherheitsbehörden, wie es etwa NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Plasbergs „Hart aber fair“-Runde forderte, lehnte Omeirat ab. „Sie tun Ihren eigenen Anliegen keinen Gefallen“, blaffte der Minister zurück.

Omeirat entgegnet: „Sie haben mit ihren Razzien gerade in Essen viele soziale Beziehungen kaputt gemacht. Auch die der Familien zur Essener Polizei. Außerdem trauen sich wegen der negativen Berichterstattung keine Lehrer mehr nach Duisburg-Marxloh oder Essen-Altenessen.“

Duisburg-Marxloh gilt als Problemviertel.
Duisburg-Marxloh gilt als Problemviertel. © imago/Reichwein | Christoph Reichwein (crei)

Mit rechtsstaatlichen Details wollte sich Sicherheitsdienst-Chef Michael Kuhr da schon gar nicht mehr befassen. „Abschieben! Abschieben!“, rief er mehrmals in die Runde.

Spätestens an dieser Stelle war klar: Um das Niveau zu senken, sind keine Provokationen der AfD notwendig. Es reicht mitunter schon aus, an Argumenten einfach vorbei zu reden. Zumindest das ist Frank Plasbergs Gästen an diesem Abend gut gelungen.

Clans werden zum Problem für den Staat

Bei einer Beerdigung eines Clan-Chefs in Berlin kamen Hunderte Menschen.
Bei einer Beerdigung eines Clan-Chefs in Berlin kamen Hunderte Menschen. © dpa | Paul Zinken

In vielen Großstädten sorgen die Machenschaften von Clans für Unruhen.Die Polizei versucht gegen sie vorzugehen, ist aber häufig machtlos.

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der vor den Augen seiner Familie getötet wurde. Die Polizei musste die Beerdigung schützen.

„Hart aber fair“ in der Mediathek

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