Berlin. Anne Will widmete sich am Sonntag der wieder sichtbaren Judenfeindlichkeit im Land. Seltsam, dass es dabei fast nur um Muslime ging.

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hat die Sorgen um Antisemitismus in Deutschland verstärkt. Kann es sein, dass ein Musiker prominent geehrt wird, der in seinen Texten einen fragwürdigen Bezug auf Ausschwitz nimmt? Hinzu kamen zuletzt die

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und Berichte über Judenfeindlichkeit an Schulen.

Dem Thema widmete sich am Sonntagabend auch Anne Will. „Verlieren wir den Kampf gegen Antisemitismus?“, fragte sie ihre Gäste.

Ein pessimistischer Botschafter

Simon Stein zeigte sich zumindest skeptisch. „Ich wundere mich, dass man sich wundert“, sagte der frühere Botschafter Israels in Deutschland. Antisemitismus sei hierzulande auch nach dem Zweiten Weltkrieg ein riesiges Problem geblieben.

Dementsprechend warnte Stein davor, auf kurzfristige Lösungen zu hoffen. „Sie suchen Patentrezepte“, sagte er an die Gastgeberin gewandt. Doch die gebe es nicht. Stattdessen müsse man Judenfeindlichkeit als gesamtgesellschaftliches Problem begreifen, an dem kontinuierlich gearbeitet werden müsse.

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    Fokus auf Flüchtlinge und Muslime

    Doch wo genau liegen die Wurzeln? Interessant war in der Debatte, dass sich alle Gäste einerseits darin einig waren, dass Judenfeindlichkeit überall zu finden ist. „Das betrifft die gesamte politische Bandbreite: Die Linkspartei, die AfD und auch die Mitte“, sagte Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt. Und Katja Kipping von der Linkspartei wies darauf hin, dass laut Polizeistatistik das Gros der

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    von Rechtsextremen verübt wird.

    Andererseits drehte sich die Debatte dennoch fast ausschließlich um – durchaus verbreiteten –

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    Das lag mitunter an den Fragen der Gastgeberin, vor allem aber an Poschardt und dem Psychologen Ahmad Mansour, die die Debatte immer wieder auf diesen wichtigen, aber eben nicht ausschließlichen Aspekt lenkten.

    Aufklärungsarbeit muss früh ansetzen

    Mansour etwa kritisierte, dass Flüchtlinge und Muslime mit westlichen Werten häufig nicht erreicht würden. „In Integrationskursen wird nicht über das Existenzrecht von Israel gesprochen“, nannte er ein Beispiel. Um das zu ändern, müsse früh angesetzt werden, zum Beispiel in der Schule. Auch müssten sich die Islamverbände und Moscheen eindeutiger positionieren.

    Poschardt verwies auf die „seit 2015 innenpolitisch sehr sensible Lage“. Dabei gehe es nicht nur um Judenfeindlichkeit, sondern grundsätzlich um liberale Werte wie etwa den Umgang mit Frauen, Homosexuellen und religiösen Minderheiten. „Wir haben zu oft nur geredet“, kritisierte der Journalist.

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      Was tun mit alteingesessenem Antisemitismus?

      Bei Stein führten die geballten Ausführungen schließlich zu einer deutlichen Reaktion. Natürlich sei Antisemitismus in diesen Bereichen verbreitet, sagte der Ex-Botschafter. Allerdings lenke die so fokussierte Debatte davon ab, dass Judenfeindlichkeit nicht erst mit den Flüchtlingen nach Deutschland gekommen sei.

      „Sechs Prozent der Deutschen sind offen antisemitisch, 20 Prozent sind sekundäre Antisemiten – und 40 Prozent sind gegen die Politik Israels“, warf Stein in die Runde. „Was tun Sie dagegen?“, fragte er an Poschardt gewandt, der etwas hilflos sagte: „Wir reagieren mit Leitartikeln, wir können nur immer wieder darauf hinweisen.“

      Das Fazit

      Diese Ausgabe von Anne Will war richtig gut. Einerseits zeigte sie, dass die wichtige Debatte Gefahr läuft, auf einen entscheidenden, aber eben nicht ausschließlichen Aspekt – Judenfeindlichkeit unter Muslimen – verengt zu werden. Auf der anderen Seite wurde gerade durch Steins Ausführungen deutlich, wie schwer das Problem zu bekämpfen ist.

      Dass die Lage dennoch nicht ausweglos ist, machte Ahmad Mansour anhand von seiner Biographie deutlich. „Für mich waren Juden die Feinde“, sagte der in Israel geborene Psychologe, der heute in Deradikalisierungsprogrammen für Muslime arbeitet. An der Universität in Tel Aviv habe sich dies durch den Kontakt mit unterschiedlichsten Menschen geändert. „Die Aufgabe ist enorm groß, aber sie ist machbar.“