Berlin. Jens Spahn hat in den letzten Wochen mit seinen Aussagen provoziert. Nun wurde der Gesundheitsminister selbst provoziert – mit Fragen.

Jens Spahn (CDU) hat es in den vergangenen Tagen geschafft, mit kontroversen Thesen im Gespräch zu bleiben. Mit seinen Äußerungen zu

Auch interessant

und der geplanten Lockerung des

Auch interessant

hat er sich gezielt als Hardliner neben CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer im neuen Kabinett positioniert.

Am Montagabend trat Spahn bei

Auch interessant

ausnahmsweise in seiner eigentlichen Funktion auf – als Gesundheitsminister: „Was bessert sich für Kassenpatienten?“, fragte ihn Gastgeber Frank Plasberg.

Jens Spahn: Die meisten Deutschen schätzen das Gesundheitssystem

Eine Antwort musste Spahn nicht liefern, doch immerhin ging es tatsächlich den größten Teil der Sendung über um Punkte, die sein neues Ressort betreffen. Im Grundsatz vertrat Spahn dabei einen fragwürdigen Standpunkt: Dass das System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung gut funktioniere und Änderungen nur im Detail erfolgen müssten. „Die allermeisten Deutschen schätzen das System“, behauptete der Gesundheitsminister.

Lange Wartezeiten, ungleiche Behandlungen – für Spahn hat das nichts damit zu tun, dass sich rund acht Millionen Versicherte aus der Solidargemeinschaft herausgenommen haben und ihre Krankenversicherung privat organisieren. „Auch in Regionen mit wenigen Privatversicherten gibt es zum Teil lange Wartezeiten“, sagte Spahn. „Sie lösen das Problem für 90 Prozent der Versicherten nicht, indem sie die Privatpatienten abschaffen.“

Spahn erkennt an, dass Wartzeiten ein Problem sind

Doch wie dann? In dieser Hinsicht blieb Spahn auffallend unkonkret. Zwar erkannte er an, dass bei den Wartezeiten ein Probleme bestehe. Darauf müsse mit besseren Anreizen reagiert werden. Wie genau diese aber aussehen könnten, blieb offen.

Mehr Geld ist für Spahn jedenfalls nicht immer eine Lösung. Dass Ärzte ab einer bestimmten Fallzahl für eine Leistung weniger Geld bekommen, findet der Gesundheitsminister beispielsweise vernünftig. „Wenn es eine Leistung gibt, die von einem Dritten unbegrenzt bezahlt wird, gibt es eine Tendenz, dass die Leistung öfter durchgeführt wird, als nötig ist.“ Wohl wahr.

Merkels neue Minister: Spahn, Braun, Karliczek und Klöckner

weitere Videos

    Aufnahmestopp bei Kinderärzten

    Genauso wahr ist aber auch, dass das aktuelle System zu Verwerfungen führt, die den Alltag von vielen Menschen belasten. Davon berichtete Simone Leithe. „Man ist hilflos“, beschrieb sie ihre Erfahrungen mit Ärzten.

    So habe sie etwa im direkten Umfeld in Dresden wegen Aufnahmestopps ohne Tricks keine Kinderarztpraxis für ihre drei Kinder gefunden, erzählte Leithe. Und auf das Ergebnis einer Zystenuntersuchung musste sie drei Monate warten, in denen sie sich fragte, ob es vielleicht doch Krebs sein könnte – was es am Ende glücklicherweise nicht war.

    Lassen sich Ärzte bewusst in der Nähe von Privatpatienten nieder?

    „Wir haben die Verpflichtung, die Menschen zu behandeln“, sagte dazu der Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske. Allerdings würden sich manche Ärzte auch gezielt dort niederlassen, wo es viele Privatpatienten gebe. „Es gibt einen ungleichen Zugang je nach sozialer Schicht zu medizinischer Versorgung“, bestätigte Glaeske.

    Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, nahm das System dagegen erwartungsgemäß in Schutz. „Es soll schnell, gut und billig sein“, sagte Gassen. Dazu habe die Gesellschaft mal einen Beitrag festgelegt, der in den medizinischen Bereich investiert worden soll. Doch der reiche bei mittlerweile sechshundert Millionen jährlichen Behandlungsfällen nicht mehr aus.

    Das Fazit

    Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ fiel angenehm sachlich aus. Und das, obwohl mit Jens Spahn einer der großen Provokateure aus der Bundesregierung der Runde saß. Dass die Debatte nicht auseinanderfiel lag auch daran, dass der Gastgeber sie beständig auf das eigentliche Thema steuerte. Schade, dass am Ende nicht noch etwas mehr über Lösungen für die vielgenannten Probleme gesprochen wurde.

    Zwischendurch durfte Spahn dann übrigens doch noch mal grundsätzlicher werden. „Die Grundthese gilt weiterhin: Wir haben in allen Systemen, auch bei der Gesundheit, einen hohen Standard“, sagte der Gesundheitsminister. Da könne man doch auch mal stolz drauf sein.

    Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek.