Berlin. Bei „Maischberger“ sollte es vor allem um Gewalt bei den Protesten in den USA gehen. Für einen Gast war das der falsche Schwerpunkt.

Fünf weiße Gäste sollen über Rassismus in den USA debattieren? Das hatte schon vor dem „Maischberger“-Talk am Mittwochabend für erheblichen Diskussionsstoff gesorgt. Erst nach viel Kritik sprach Sandra Maischberger am Mittwochabend per Schalte auch mit der schwarzen US-Wissenschaftlerin Priscilla Layne über die Proteste in den Vereinigten Staaten. Allein: Die beiden redeten aneinander vorbei.

Während Sandra Maischberger besonders zur Gewalt der Protestierenden nachfragte, schilderte die US-Wissenschaftlerin die alltäglichen rassistischen Probleme, die Schwarze jeden Tag in den USA erleben. „Ich habe ähnlich bedrohliche Situationen mit Polizisten erlebt“, sagte Layne. Und hatte dann doch noch eine Antwort auf Sandra Maischbergers Frage zur Gewalt parat.

„Maischberger. Die Woche“ – das waren die Gäste am Mittwochabend:

  • Heiko Maas (SPD), Bundesaußenminister
  • Priscilla Layne, US-amerikanische Germanistikprofessorin
  • Anja Kohl, ARD-Börsenexpertin
  • Dirk Steffens, Moderator
  • Jan Fleischhauer, Kolumnist
  • Helga Rübsamen-Schaeff, Virologin

Denn wie auch US-Präsident Donald Trump die Aufmerksamkeit vor allem auf die Ausschreitungen und Plünderungen zu lenken versucht, so wollte Sandra Maischberger wissen, woher diese Gewalt kommt. Layne erklärte es: „Erst mit den Plünderungen bekommen sie die Aufmerksamkeit.“ Lesen Sie hier: Unruhen in den USA: Trump droht mit Militäreinsatz im Inneren

Ihre Analyse: Es sei nur selten in den vergangenen Jahren hingeschaut worden, wenn friedlich gegen Rassismus protestiert wurde. Das sei nun anders: Zwar hielt sie ebenfalls nicht viel von den Plünderungen, aber man dürfe sich nicht nur bequem auf diesen Aspekt der Proteste konzentrieren, stellte die US-Wissenschaftlerin zugespitzt klar: „Menschenleben, die durch Rassismus bedroht sind, sind wichtiger als Sachschäden.“ Der Satz saß und war auch als klare Kritik an der Moderatorin zu verstehen.

Außenminister Maas: „Rassismus auch in Deutschland“

Ohnehin schien es, dass Sandra Maischberger das Thema nur oberflächlich und besonders mit Blick auf Donald Trump betrachten wollte. Dabei hat es schon jetzt eine deutlich größere Dimension: Europaweit – ob in Berlin, Paris oder London – gingen Menschen anlässlich des Todes von George Floyd auf die Straße.

Aber auch, um auf Rassismus im eigenen Land hinzuweisen. Bei „Maischberger“ war es einzig Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der darauf hinwies: „Rassismus ist auch in Deutschland – siehe Halle oder Hanau – präsent.“

„Maischberger“: Journalist Jan Fleischhauer in Rambo-Manier

Der drückte sich jedoch an anderer Stelle vehement und windig darum, den US-Präsidenten als Rassisten zu bezeichnen. Diplomaten-Sprache eben? Vielleicht. Dafür war Kolumnist Jan Fleischhauer, wie erwartet, in bester Rambo-Laune und teilte ordentlich gegen Gender- oder Öko-Themen aus.

Da sprangen dann zwar einige unterhaltsame Formulierungen bei raus, etwa zur Forderung der Linkspartei, dass die Lufthansa durch den staatlichen Einstieg nun auch ökologischer werden muss. Für Fleischhauer natürlich ein Unding: „Dann muss ich im Kader-Büro der Linkspartei anrufen, ob ich noch in die Malediven fliegen kann.“

Zugespitzt formulieren kann er, nur wirkt es nach dem zweiten, dritten Spruch schnell ziemlich zwanghaft. Und auch nicht mehr sonderlich erhellend. Nur gut, dass neben ihm mit Anja Kohl und Dirk Steffens zwei Gäste saßen, die ihm sachlich Kontra gaben.

Tod von George Floyd – Fotos der Unruhen

Es sind erschreckende Bilder aus den USA, die derzeit um die Welt gehen: ausgebrannte Autowracks, Tränengas, zerstörte Gebäude. Das ganze Land ist in Aufruhr, seit der unbewaffnete Schwarze George Floyd von einem weißen Polizisten in Minneapolis minutenlang zu Boden gedrückt wurde und starb.
Es sind erschreckende Bilder aus den USA, die derzeit um die Welt gehen: ausgebrannte Autowracks, Tränengas, zerstörte Gebäude. Das ganze Land ist in Aufruhr, seit der unbewaffnete Schwarze George Floyd von einem weißen Polizisten in Minneapolis minutenlang zu Boden gedrückt wurde und starb. © AFP | Stephen Maturen
Der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd starb am 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Der 44-jährige Polizist Derek Chauvin drückt Floyd minutenlang sein Knie in den Nacken und ignoriert dabei Bitten von Floyd, ihn atmen zu lassen. Die vier beteiligten Beamten wurden mittlerweile entlassen. Polizist Chauvin wurde wegen Mordes angeklagt.
Der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd starb am 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis. Der 44-jährige Polizist Derek Chauvin drückt Floyd minutenlang sein Knie in den Nacken und ignoriert dabei Bitten von Floyd, ihn atmen zu lassen. Die vier beteiligten Beamten wurden mittlerweile entlassen. Polizist Chauvin wurde wegen Mordes angeklagt. © AFP | DARNELLA FRAZIER
Nach dem Tod von George Floyd legten Menschen in Minneapolis Blumen nieder. In den darauffolgenden Tagen kam es zu immer größeren Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt.
Nach dem Tod von George Floyd legten Menschen in Minneapolis Blumen nieder. In den darauffolgenden Tagen kam es zu immer größeren Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. © AFP | KEREM YUCEL
Am 26. Mai protestierten Demonstranten auf der Hiawatha Avenue in Minneapolis. Die Proteste eskalierten zunehmend.
Am 26. Mai protestierten Demonstranten auf der Hiawatha Avenue in Minneapolis. Die Proteste eskalierten zunehmend. © AFP | Stephen Maturen
Am 27. Mai versammelten sich Demonstranten zu einer zweiten Nacht der Proteste in der US-Stadt Minneapolis. Am Abend bildet die Polizei eine menschliche Barrikade um den Dritten Bezirk. Dort hatten die Beamten gearbeitet, die beschuldigt werden, George Floyd getötet zu haben.
Am 27. Mai versammelten sich Demonstranten zu einer zweiten Nacht der Proteste in der US-Stadt Minneapolis. Am Abend bildet die Polizei eine menschliche Barrikade um den Dritten Bezirk. Dort hatten die Beamten gearbeitet, die beschuldigt werden, George Floyd getötet zu haben. © AFP | KEREM YUCEL
Die Proteste in Minneapolis schlugen in Gewalt um. Autos und Mülltonnen brannten, Geschäfte wurden geplündert, Häuser beschädigt.
Die Proteste in Minneapolis schlugen in Gewalt um. Autos und Mülltonnen brannten, Geschäfte wurden geplündert, Häuser beschädigt. © AFP | Jose Luis Magana
Auch in anderen US-Städten wie hier in Los Angeles protestierten Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt.
Auch in anderen US-Städten wie hier in Los Angeles protestierten Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt. © AFP | AGUSTIN PAULLIER
In Las Vegas gingen die Menschen in den vergangenen Tagen auch auf die Straße. Truppen der Nationalgarde patrouillierten nach mehreren Nächten voller Proteste, in denen es auch zu Brandstiftung und Plünderungen kam. In Las Vegas schwebte ein Beamter in Lebensgefahr, nachdem ein Angreifer ihm in den Kopf geschossen hatte.
In Las Vegas gingen die Menschen in den vergangenen Tagen auch auf die Straße. Truppen der Nationalgarde patrouillierten nach mehreren Nächten voller Proteste, in denen es auch zu Brandstiftung und Plünderungen kam. In Las Vegas schwebte ein Beamter in Lebensgefahr, nachdem ein Angreifer ihm in den Kopf geschossen hatte. © AFP | BRIDGET BENNETT
Wasser und Milch half Demonstranten, die während eines Protestes am 1. Juni in der Innenstadt von Washington DC, Pfefferspray in die Augen bekommen hatten.
Wasser und Milch half Demonstranten, die während eines Protestes am 1. Juni in der Innenstadt von Washington DC, Pfefferspray in die Augen bekommen hatten. © AFP | Drew Angerer
Auch Anfang Juni gingen die Proteste weiter – während es mancherorts zu weiteren Ausschreitungen kam, blieben viele Demonstrationen friedlich. So auch direkt vor dem Amtssitz des US-Präsidenten Donald Trump. Doch dies hinderte Trump nicht daran, bei einem öffentlichen Auftritt Tränengas gegen die Demonstranten einsetzen zu lassen.
Auch Anfang Juni gingen die Proteste weiter – während es mancherorts zu weiteren Ausschreitungen kam, blieben viele Demonstrationen friedlich. So auch direkt vor dem Amtssitz des US-Präsidenten Donald Trump. Doch dies hinderte Trump nicht daran, bei einem öffentlichen Auftritt Tränengas gegen die Demonstranten einsetzen zu lassen. © AFP | ROBERTO SCHMIDT
Auf dem Weg zu einem Fototermin setzten vor ihm gehende Sicherheitskräfte Tränengas gegen friedlich Demonstrierende ein – um ihm dem Weg zum Fototermin freizuräumen.
Auf dem Weg zu einem Fototermin setzten vor ihm gehende Sicherheitskräfte Tränengas gegen friedlich Demonstrierende ein – um ihm dem Weg zum Fototermin freizuräumen. © AFP | BRENDAN SMIALOWSKI
Danach ließ sich Trump medienwirksam – mit einer Bibel in der Hand – vor einer von Protestierenden mit Graffiti beschmierten Kapelle ablichten.
Danach ließ sich Trump medienwirksam – mit einer Bibel in der Hand – vor einer von Protestierenden mit Graffiti beschmierten Kapelle ablichten. © dpa | Patrick Semansky
Auch außerhalb der USA wurde mittlerweile protestiert. Vor der US-Botschaft in Paris zeigen Demonstranten Plakate mit der Aufschrift „Wir sind alle George Floyd“.
Auch außerhalb der USA wurde mittlerweile protestiert. Vor der US-Botschaft in Paris zeigen Demonstranten Plakate mit der Aufschrift „Wir sind alle George Floyd“. © AFP | BERTRAND GUAY
Undauch junge Mitglieder der griechischen Kommunistischen Partei protestierten in Athen vor der US-Botschaft nach dem Tod von George Floyd.
Undauch junge Mitglieder der griechischen Kommunistischen Partei protestierten in Athen vor der US-Botschaft nach dem Tod von George Floyd. © AFP | ARIS MESSINIS
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Das Fazit

Die nun anstehende Sommerpause wird der Sendung und Moderatorin Sandra Maischberger hoffentlich gut bekommen. Während sich die Gäste, von Jan Fleischhauer abgesehen, immerhin Mühe gaben, die Themen auch mal ein bisschen tiefergehend anzusprechen, kamen doch fast immer nur platte Fragen zurück. Das wirkte lustlos. Bleibt zu hoffen, dass nicht zuletzt die massive Kritik vor der Sendung zu einigem Nachdenken in der „Maischberger“-Redaktion führen mag.

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