Brüssel. Einigung auf ein einmaliges Gesetz: Die EU begrenzt jetzt die Marktmacht von Google, Facebook & Co – mehr Wahlfreiheit und Datenschutz.

Gute Nachricht für alle Internet-Nutzer: Verbraucher sollen in Europa bald mehr Wahlfreiheit bei Online-Angeboten bekommen. Dafür werden die großen Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon, Apple und Microsoft in Europa so stark reguliert wie noch nie. Das sieht ein weltweit einmaliges Gesetz vor, auf das sich EU-Parlament und die Mitgliedstaaten geeinigt haben. Ziel ist es, die übergroße Marktmacht der Internetriesen zu begrenzen.

„Das Gesetz wird für Verbraucher unmittelbar spürbar sein“, erklärte der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab, der für das EU-Parlament die Verhandlungen leitete. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten künftig die Wahl bei der Nutzung zentraler Dienste von Digitalriesen, also von Browsern, Suchmaschinen oder Messaging - ohne dabei die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren. Verstöße werden mit harten Strafen geahndet, nicht nur mit hohen Geldbußen in Milliardenhöhe: Wenn die Konzerne systematisch die Regeln umgehen, droht ihnen ein Verbot von Übernahmen anderer Unternehmen und am Ende sogar die Zerschlagung.

Das sind die neuen Regeln:

  • Die Internetriesen mit starker Machtmacht dürfen auf ihren Plattformen eigene Produkte und Angebote nicht mehr bevorzugt behandeln, die Konkurrenz damit abhängen. Bislang werden die eigenen Produkte besser platziert oder Konkurrenten bei Zahlungssystemen vertraglich ausgeschlossen.
  • Nutzer sollen vorinstallierte Apps auf Geräten löschen und alternative App-Stores installieren können.
  • Benutzer sollen ihren Browser, ihre virtuellen Assistenten oder Suchmaschinen frei wählen können.
  • Entwickler bekommen das Recht, Nutzer zu fragen, ob sie eine App als Standard-Anwendung nutzen möchten.
  • Kleinere Messengerdienste bekommen mehr Chancen: Sie dürfen in Zukunft bei Whatsapp, Facebook, Messenger und Co „andocken“. Die Großen müssen sich dafür öffnen, dass solche Nachrichten der Konkurrenz empfangen werden können. Verbraucher könnten sich dann über verschiedene Dienste hinweg Nachrichten schreiben anrufen, Bilder und Daten austauschen. Für die Beteiligung an Gruppenchats ist aber eine Übergangsfrist von vier Jahren vereinbart. Und für Social Media gilt die Pflicht zur Interoperabilität nicht.
  • Die Internet-Riesen sollen die Daten aus verschiedenen Quellen künftig nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung der Nutzer zusammenführen dürfen. Wenn die Kunden nicht zustimmen, müssen sie eine alternative Möglichkeit zur Nutzung der Dienste erhalten.

Betroffen sind 10 bis 15 Internet-Konzerne

Die neuen Regeln werden wahrscheinlich ab Anfang 2023 gelten. Genau steht das erst fest, wenn EU-Parlament und Rat der Mitgliedstaaten die Einigung abgesegnet haben, was aber nur als Formsache gilt. Das Gesetz betrifft allerdings nur etwa ein Dutzend besonders großer Internet-Konzerne - die sogenannten Gatekeeper, die im Internet die Zugangstore zum Verbraucher kontrollieren. Sie fallen unter die neuen Auflagen, wenn sie einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro erzielen oder bei einer Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro.

Außerdem gilt eine Untergrenze von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern monatlich und jährlich 10 Millionen Geschäftskunden bei ihren zentralen Plattformdiensten, also die Suchmaschinen, Social Media, Vermittlungsdienste und anderes. Diese Kriterien treffen nach EU-Analysen in Europa auf etwa 10 bis 15, meist amerikanische Unternehmen zu: Internetgiganten wie Google, Apple, Facebook oder Amazon, aber auch Firmen wie Tiktok oder Booking.

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Unternehmen warnen vor Nachteilen

Der Parlaments-Unterhändler Schwab sprach von einer „weltweit neuen Ära der Tech-Regulierung“. Der SPD-Abgeordnete Rene Repasi sagte, schädlichen Geschäftspraktiken werde der Garaus gemacht. Einige der betroffenen Konzerne haben dagegen schon vorab vor Nachteilen gewarnt: So fürchtet Facebook etwa, dass die Auflagen Innovationen behindern könnten. Apple warnt vor Nachteilen für den Datenschutz, wenn das iphone für den App-Download aus anderen Plattformen geöffnet werde.

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