Berlin. Omid Nouripour ist neuer Parteivorsitzender der Grünen. Was ihn prägt und warum Cem Özdemir so wichtig für seine Karriere war.

Für Omid Nouripour wurde Politik schon sehr früh sehr persönlich. Als er sechs Jahre alt ist, verabschiedet sich sein Stiefonkel am Telefon von ihm. Zwei Stunden später ist der Onkel tot – exekutiert vom iranischen Regime, weil er Flugblätter verteilt hatte, erzählt Nouripour. „Das sind Dinge, die politisieren, auch wenn man nicht will.“

Heute ist Nouripour 46 Jahre alt, Politik ist längst sein Beruf, und jetzt steht er vor seinem vorerst größten Karriereschritt. Die Grünen wählten ihn bei ihrem Parteitag am Samstag zum neuen Parteichef werden. Gemeinsam mit Ricarda Lang wird er Partei nun führen.

Dass Nouripour einmal in der deutschen Spitzenpolitik landen würde, war ihm nicht eben in die Wiege gelegt. Er kam in Teheran zur Welt und verbrachte die ersten 13 Jahre seines Lebens im Iran. Wegen des Kriegs zwischen dem Iran und dem Irak verlässt die Familie 1988 das Land und geht nach Deutschland.

Aus Omid Nouripour wird in den Jahren darauf ein „Frankfurter Bubb“, wie er selbst sagt, der die Liebe zu seiner Stadt und zum Verein Eintracht Frankfurt stolz mit sich trägt – und im Wahlkampf auch mal augenzwinkernd plakatiert, er stehe für „Frieden und Eintracht international“. Nouripour ist Muslim, verheiratet und hat ein Kind.

In die Politik geht Nouripour auch wegen Cem Özdemir

Zu den Grünen kommt Nouripour als junger Mann – auch, weil er den heutigen Agrarminister Cem Özdemir im Fernsehen sieht. „Da ist mir aufgefallen, dass man gar nicht blond sein und Karlheinz heißen muss, um hier in eine Partei einzutreten“, sagt er heute. Ihm gefällt, dass es bei den Grünen keine Rolle spielt, wo er herkommt.

Die Politik nimmt schnell mehr Raum in seinem Leben ein als die Universität, wo er Philologie, Politik- und Rechtswissenschaft, Soziologie, Philosophie und Volkswirtschaftslehre studiert. Ab 1999 ist Nouripour Vorsitzender der hessischen Grünen Jugend, kämpft gegen die Kampagne der CDU gegen den Doppelpass. 2002, während der ersten grünen Regierungsbeteiligung, wird er Mitglied im Bundesvorstand der Partei.

Als Nachfolger für den ehemaligen Joschka Fischer zieht Nouripour 2006 in den Bundestag ein und macht sich dort einen Namen als Experte seiner Fraktion für Außenpolitik. Geht es um die Krisen der Welt, wird Nouripour, der sonst viel lacht, schnell ernst. „Was Freiheit und Frieden wert sind, habe ich früh gelernt.“ In den vergangenen Wochen setzte sich der Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe immer wieder für eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Russland ein.

Neue Grünen-Spitze: Lang und Nouripour wollen den Wahlkampf aufarbeiten

In Zukunft aber werden es andere Konflikte sein, die Nouripour herausfordern. Gemeinsam mit Lang will er als Nachfolger von Annalena Baerbock und Robert Habeck die Strukturen der stark gewachsenen Partei neu aufstellen – und den Bundestagswahlkampf aufarbeiten, der für viele Grüne mit einem enttäuschenden Ergebnis endete.

Die Flügelkämpfe, die bei der Verteilung der Kabinettsposten wieder aufgebrochen waren, sollen sich nicht wiederholen. Nouripour selbst zählt zu den Realos der Partei. „Unsere Kernaufgabe ist, den Laden zusammenzuhalten“, so Nouripour.

In seiner Bewerbungsrede für den Vorsitz sagte er, sein Ziel sei es, die Partei voranzubringen, um "wieder in der K-Frage mitspielen zu können". Er erhielt danach 82,58 Prozent der Stimmen. Er lobte junge Parteikolleginnen, die sich von dem gegen sie gerichteten Hass politischer Gegner nicht unterkriegen ließen. "Wir sind die Unbeugsamen!", rief Nouripour den Delegierten zu.