Berlin. „Klimakanzler“ schrieb Olaf Scholz im Wahlkampf auf seine Plakate. Jetzt sei seine Glaubwürdigkeit in Gefahr, sagt Fridays for Future.

Fridays for Future macht Druck auf Olaf Scholz (SPD): Die Klimabewegung fordert ein klares Nein des Bundeskanzlers zur Einstufung von Erdgas als „grüne Energie“ in der EU-Taxonomie. „Erdgas ist etwa so klimaschädlich wie Kohleenergie, dennoch ist Olaf Scholz geneigt, dem Label von fossilem Gas als ‚grün‘ zuzustimmen“, sagte FFF-Aktivistin Luisa Neubauer dieser Redaktion. „Ein Ja zu Erdgas wäre ein Geschenk an die Gaskonzerne, das klimapolitisch nicht zu rechtfertigen ist.“

Hintergrund ist die laufende Diskussion um die Ausgestaltung der sogenannten EU-Taxonomie, die Kriterien für nachhaltige Finanzprodukte festlegen soll. Ob Erdgas und auch Atomstrom dabei als klimafreundlich eingestuft werden, wird Auswirkungen auf Investitionen in diese Bereiche haben. Die Einstufung ist deshalb innerhalb der EU umstritten, eine Entscheidung wird bis Ende des Jahres erwartet.

„Vor wenigen Tagen wurde im Ahrtal in den Trümmern der Flutkatastrophe Weihnachten gefeiert“

„Olaf Scholz steht vor seiner ersten, gewichtigen internationalen Klimaentscheidung“, erklärte Neubauer. Bis vor wenigen Monaten habe noch „Klimakanzler“ auf seinen Wahlplakaten gestanden, jetzt stehe seine Glaubwürdigkeit auf der Kippe.

Neubauer, eines der bekanntesten Gesichter der Klimabewegung in Deutschland, erinnerte an die Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels: „Vor wenigen Tagen wurde im Ahrtal in den Trümmern der Flutkatastrophe Weihnachten gefeiert, jetzt fragen wir uns, ob Scholz noch immer nicht verstanden hat, was auf dem Spiel steht“, sagte sie.

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Die neue Bundesregierung sei die letzte, die die schlimmsten Klimakatastrophen verhindern könne, und Olaf Scholz sei jetzt gefragt zu beweisen, dass er dazu bereit ist und zu seinen Versprechen stehe.

„Menschen in diesem Land sollten sich darauf verlassen können, dass er alles dafür tut, unsere Energiesysteme nachhaltig und gerecht zu organisieren - und uns mit aller Kraft vor der Klimakrise schützt“, erklärte die FFF-Vertreterin. „Das geht nur mit einem klaren Nein zu Gas und Atom als ‚nachhaltige‘ Energien.“

Streit gibt es auch um die Einstufung von Atomstrom

Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Gas übergangsweise notwendig sein wird, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Langfristiges Ziel ist es, über die Energiewende den steigenden Strombedarf vollständig durch erneuerbare Energien zu decken.

Neben Erdgas ist auch die Bewertung von Atomstrom in der Taxonomie innerhalb der EU umstritten: Einige Länder, darunter Frankreich, wollen auch Kernenergie als „grün“ eingestuft sehen, Deutschland lehnt das ab. (tma)