Berlin. In einigen Bundesländern erhalten Ungeimpfte im Fall einer Corona-bedingten Quarantäne keine Lohnfortzahlungen mehr. Ein Überblick.

  • Lohnfortzahlungen im Quarantänefall sind für den Staat mit hohen Kosten verbunden
  • Die Gesundheitsminister von Bund und Länder wollen kommende Woche über ein Ende der Zahlungen für Ungeimpfte verhandeln
  • Einige Bundesländer haben bereits eigene Regeln durchgesetzt
  • Welche das sind, lesen Sie in unserem Überblick

Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist mit immensen Kosten verbunden. Nur ein Faktor ist die Lohnfortzahlung im Falle einer Quarantäne. So hat eine Umfrage des evangelischen Pressedienstes unter den Ministerien der Länder ergeben, dass mehr als 450 Millionen Euro für Quarantäne bedingte Verdienstausfälle gezahlt wurden. Spitzenreiter der Entschädigungssummen sind NRW mit 120 Millionen Euro und Bayern mit 83 Millionen Euro.

Am kommenden Mittwoch wollen sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern über einheitliches Vorgehen beraten. Einige Bundesländer haben im Vorfeld allerdings schon eigene Regelungen durchgesetzt. Möglich ist das durch einen Passus im Infektionsschutzgesetz. Demnach kann die Lohnfortzahlungen entfallen, wenn eine Quarantäne durch eine Corona-Schutzimpfung vermeidbar gewesen wäre.

Welche Regeln in den einzelnen Bundesländern gelten, lesen Sie in unserem Überblick.

Lohnfortzahlungen für Ungeimpfte: Das gilt in den Bundesländern

  • Baden-Württemberg: Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg beschlossen, die Lohnfortzahlungen für Ungeimpfte auszusetzen. Seit dem 15. September ist die Regelung in Kraft. Ausgenommen sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
  • Bayern: In Bayern gibt es noch keine geltende Regel, allerdings ist auch Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) gegen eine Entschädigung für Ungeimpfte - "wenn die Impfung zumutbar ist und nicht gesundheitliche Gründe dagegensprechen".
  • Berlin: Auch in der Hauptstadt ist der Senat offen dafür, dass Ungeimpfte im Falle einer Quarantäne keine Lohnfortzahlungen mehr erhalten.
  • Brandenburg: Das Gesundheitsministerium in Brandenburg hat sich für einheitliche Regeln ausgesprochen.
  • Bremen: In Bremen sollen Ungeimpfte ab Oktober keinen Verdienstausgleich mehr erhalten. Ausgenommen sind auch hier Personen, die sich aus medizinischen Gründen bisher nicht impfen lassen konnten. Unternehmen stehe es frei, Lohnfortzahlungen zu zahlen, allerdings bekommen sie das Geld in dem Falle nicht mehr von Staat zurück.
  • Hamburg: Aktuell ist in Hamburg kein Ende der Lohnfortzahlungen für Ungeimpfte geplant. Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheits­behörde, gab allerdings zu bedenken, dass in vermeidbaren Quarantänefällen arbeitsrechtliche Konflikte für Arbeitnehmer entstehen könnten.
  • Hessen: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wünscht sich eine bundesweit einheitliche Lösung - hat sich jedoch für ein Ende der Lohnfortzahlungen ausgesprochen.
  • Mecklenburg-Vorpommern: Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) setzt auf eine bundesweite Regelung.
  • Niedersachsen: Laut Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) soll mit dem Ende der kostenlosen Corona-Tests Mitte Oktober geprüft werden, die Lohnfortzahlungen für Ungeimpfte einzustellen. Auf Anfrage des "RND" betonte das Ministerium, dass die Zahlungen unter Umständen bereits früher eingestellt werden könnten - etwa bei Personen, die in Pflegeeinrichtungen arbeiten. Wer wegen einer Covid-19-Erkrankung arbeitsunfähig ist, soll den Verdienstausgleich allerdings weiterhin erhalten.
  • Nordrhein-Westfalen: Die bisherige Regelung für Ungeimpfte soll in NRW zum 11. Oktober auslaufen. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt die Lohnfortzahlungen im Falle einer Quarantäne eingestellt werden. Ausnahmen gelten für Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, Schwangere, sowie Genese und Genimpfte, die wegen eines Impfdurchbruchs oder einer Covid-19-Erkrankung in Quarantäne müssen.
  • Rheinland-Pfalz: Ab dem 1. Oktober erhalten ungeimpfte Beschäftige keine Lohnfortzahlungen mehr, wenn in Quarantäne müssen.
  • Saarland: Auch im Saarland sollen Ungeimpfte keinen Verdienstausfall erhalten. Laut "Saarbrücker Zeitung" wolle Gesundheits­ministerium dem Ministerrat vorschlagen, die Zahlungen ab dem 27. September einzustellen.
  • Sachsen: Laut "Radio Dresden" will die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD) nächste Woche ein Ende der Lohnfortzahlungen mit dem Kabinett besprechen. Dennoch spricht sich Köpping für eine bundesweit einheitliche Lösung aus.
  • Sachsen-Anhalt: Das Bundesland dringt auf eine einheitliche Regel. In einer neuen Corona-Verordnung vom 14. September findet sich keine Regelung zum Verdienstausfall für Ungeimpfte.
  • Schleswig-Holstein: Ungeimpfte sollen künftig keine Lohnfortzahlungen mehr erhalten. Das berichteten mehrere Medien.Die Regelung soll demnach ab dem 1. Oktober gelten. Das Datum könne sich allerdings noch ändern, da eine bundesweite Lösung angestrebt werde.
  • Thüringen: In Thüringen wird ein Ende der Lohnfortzahlungen derzeit geprüft. Die Regelung könnte möglicherweise Mitte Oktober in Kraft treten.

Spahn: "Am Ende müssen die Steuerzahler die Lohnersatzzahlungen finanzieren"

Am vergangenen Mittwoch wurde Gesundheitsminister Jens Spahn auf einer Pressekonferenz gefragt, ob er das Ende der Lohnfortzahlungen für richtig halte und ob die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in solchen Fällen nach dem Impfstatus fragen dürfen. Spahn verweist auf die Entscheidung der Bundesländer. Er könne die Maßnahme aber gut nachvollziehen. "Da ja am Ende die Steuerzahler die Lohnersatzzahlungen finanzieren." Und das für jemanden, "der sich hätte impfen lassen können."

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Die Debatte um Kostenübernahmen habe man auch schon an anderer Stelle geführt, zum Beispiel bei den kostenlosen PCR-Tests. "Ich sehe nicht ein, warum andere zahlen sollen wenn sich jemand nicht für die kostenlose Impfung entscheidet – obwohl er es könnte", so Spahn. Einen Punkt will der Gesundheitsminister aber betonen: "Ich finde es ist ein hohes Gut in unserem Gesundheitssystem, nicht danach zu fragen, warum jemand krank ist. Diese Debatte wird es bei mir jedenfalls nicht geben."

Lohnfortzahlung – Ausnahmeregel vom Datenschutz

Möglich ist ein Ende der Lohnfortzahlungen nur, wenn der Arbeitgeber über den Impfstatus des Arbeitnehmers informiert ist. Aktuell gibt es die Impfauskunftspflicht jedoch nur in bestimmten Berufsgruppen wie Mitarbeitenden aus Krankenhäusern und Arztpraxen.

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt die Pressestelle des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg, bei dem Fall der Lohnfortzahlung handele es sich um einen Ausnahmefall.

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Man habe sich beim Bund informiert und der Paragraf 56 (Entschädigung) des Infektionsschutzgesetztes erlaube eine Ausnahme vom Datenschutz. Im Zuge der Lohnfortzahlung eines Quarantänefalls ermögliche es das Datenschutzrecht dem Arbeitnehmer "im eng begrenzten Zusammenhang mit der Auszahlung der Entschädigung, Informationen zum Impfstatus von den betroffenen Arbeitnehmern einzuholen." Ansonsten bleibe es aber bei der Regel, dass Arbeitgeber nur in festgelegten Berufsgruppen einen Nachweis erfragen dürfen.

Bei Quarantänefall: Arbeitgeber darf Impfnachweis fordern

Konkret heißt das: Der Arbeitgeber darf bei seinen Mitarbeitenden nachfragen, ob ein Impfschutz vorliegt und sich diesen auch durch ein entsprechendes Dokument, wie dem Impfpass, belegen lassen. Bei einer Quarantänemeldung geht der Arbeitgeber in Vorkasse. Erst im Nachhinein kann er sich das Geld von den Behörden erstatten lassen. Wer aus medizinischen Gründen keine Impfung bekommen kann, reicht dem Arbeitgeber einen Nachweis vom Arzt ein.

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Doch es gibt auch erste Gegenstimmen. So twitterte SPD-Politiker Karl Lauterbach am Donnerstagmorgen: "Lohnabzüge wegen Quarantäne halte ich für falsch. Nicht alle Ungeimpfte sind Querdenker, viele haben wir mit unserer Kampagne einfach noch nicht erreicht. Kranke dürfen nicht für Fehlverhalten bestraft werden, und erst recht nicht für Verzicht auf Impfung."