Berlin. Karin Prien ist Armin Laschets Frau für die Bildung. Sie sagt bei “Markus Lanz“: Das Gendersternchen hat an Schulen nichts verloren.

Ob sie wohl die neue Bundesbildungsministerin werden würde? Obwohl als „Frau der Stunde“ von Markus Lanz umschmeichelt – da Prien ins „Zukunftsteam“ von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet berufen wurde –, wollte sich Karin Prien (CDU) zu dieser Frage so gar nicht äußern. „Jetzt über eine Verteilung von Ministerposten zu reden, ist wirklich nicht an der Zeit“, wehrte sie ab.

Stattdessen skizzierte die amtierende Bildungsministerin Schleswig-Holsteins schon mal die drei wichtigsten Fragen, in denen „jede nächste Bundesregierung“ den Ländern finanziell helfen müsse, ohne in deren Kultur- und Bildungshoheit einzugreifen: Wie unterstützen wir Schulen im schwierigen Umfeld? Wie bringen wir die „guten innovativen Elemente“, die wir während der Pandemie entwickelt haben, hinüber in den normalen Schulalltag? Wie ändern wir die Förderstrukturen für mehr Weiterbildung?

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Gerhart Baum (FDP), Politiker
  • Karin Prien (CDU), Politikerin
  • Hasnain Kazim, Journalist
  • Ahmad Mansour, Psychologe

Sprachstand-Untersuchungen für Viereinhalbjährige

„Wir können uns nicht leisten, auch nur noch ein Kind ohne Bildung zu lassen“, appellierte sie in der Talkshow und forderte die bundesweite Einführung einer Sprachstand-Untersuchung bei Viereinhalbjährigen, wie Hamburg sie bereits standardmäßig praktizierte. Schleswig-Holstein auch?, hakte Markus Lanz nach. Leider nein, da könnte sie nichts machen: Kitas gehörten in Schleswig-Holstein in das Ressort des Sozialministers, und der gehörte – innerhalb der Jamaika-Koalition – der FDP an.

Karin Prien, schleswig-holsteinische Bildungsministerin, und Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident.
Karin Prien, schleswig-holsteinische Bildungsministerin, und Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident. © dpa

Souverän und kompetent absolvierte Karin Prien ihren Auftritt bei „Markus Lanz“. Anders als Friedrich Merz in einem ARD-Interview – extra eingespielt als Video – hatte sie auch kein Problem damit, alle weiteren sieben Namen zu den „neuen Gesichtern der CDU“ aufzuzählen.

Warum nur hatte Armin Laschet so lange „seine besten Köpfe“ versteckt, fragte Markus Lanz, verwundert über die späte Bekanntgabe letzte Woche. Und auch in diese Schmeichelfalle tappte die SH-Ministerin nicht: „Spät, aber immer noch rechtzeitig genug“, habe der CDU-Chef sein neues Team der Öffentlichkeit präsentiert, antwortete sie sympathisch-diplomatisch. „Da ist noch alles drin.“

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Das "Zukunftsteam" um Unionskanzlerkandidat Armin Laschet. © Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl ging es bei „Markus Lanz“ an diesem Dienstag glücklicherweise nicht nur um Manöverkritik an den Wahlkampf-Strategien der Parteien. Nebenbei, auch die FDP bekam ihr Fett weg – weil doch Christian Lindner, statt über Inhalte zu reden, nur von Wahlplakaten „vor der Landschaft sinnierte“ (Lanz).

Angesagt waren in diesem „Lanz“-Talk sogar echte „Mega-Themen“, mehr noch dringende Empfehlungen, was von einer nächsten Bundesregierung dringend zu regeln wäre – unabhängig davon, wer das Rennen am 26. September machte. Es wäre nicht alles nur Klima.

CDU-Ministerin gegen Gendern

Querbeet und äußerst lebhaft sprang die Diskussion, schon nach 20 Minuten in die Runde geöffnet, von Schul- und Kitapolitik über Fragen zur Migration und Einwanderung bis hin zu Sinn oder Unsinn von Gendersternchen.Schließlich hatte Karin Prien jüngst mal wieder mit ihrer Abneigung gegen derartige Schreibweisen für Schlagzeilen gesorgt. Das Thema regt auf. Zu sehr, da waren sich Lanz und seine Gäste einig.

„Es ist doch für Kinder und die Frage, was aus diesen Kindern irgendwann einmal wird, doch total egal, ob die ein Sternchen dahin basteln oder nicht“, versuchte Moderator Lanz Prien zu locken. Und sie reagierte: „Was nicht egal ist, ob sie eine Chance haben, ihre Sprache zu lernen und darum geht es doch“, erwiderte die CDU-Landesministerin. Schüler könnten gern über Gendern, Linguistik und Diskriminierung debattieren. Die Frage sei aber: „Kann ein sechsjähriges Kind tatsächlich die deutsche Sprache erlernen, wenn in einem Wort solche Sonderzeichen verwendet werden?“

Lanz hakte nach: „Das ist der Grund, warum Sie es ablehnen?“ „Ja, natürlich“, sagte Prien. „Es geht um die Lernbarkeit, um die Lesbarkeit der Sprache.“ Die Kultusministerkonferenz habe entschieden, dass an den Schulen den Regeln des Rats für Deutsche Rechtschreibung gefolgt werde. „Wir müssen doch eine einheitliche Sprache lernen in diesem Land“, forderte Prien. „Herr Lanz, das Land hat verdammt noch mal andere Sorgen“, rief Bundesminister a.D. Gerhart Baum den Gastgeber zur Ordnung und Prien stimmte ihm zu.

Neue Afghanistan-Politik

Auch ein Thema des Abends war daraufhin die zukünftige Afghanistan-Politik.Hasnain Kazim, der vier Jahre lang für den „Spiegel“ aus Islamabad berichtet hatte, wunderte sich über die Naivität des Westens, an eine plötzliche Wandlung der Taliban zu glauben. Nach der Hisbollah seien sie schließlich die zweitreichste Terrororganisation der Welt – und ganz sicher nicht auf Geld von einem deutschen Entwicklungsministerium angewiesen, um einfach so auf dessen Wünsche einzugehen.

„Der Sieg der Taliban ist auch ein Sieg Pakistans“, ergänzte der Nahost-Experte und erinnerte an die undurchsichtige Doppelrolle, die das Land während des Afghanistan-Krieges gespielt hatte: Zwar habe Pakistan auf seinem Territorium der NATO einen Stützpunkt ermöglicht, gleichzeitig aber auch die Taliban kreiert. „Jetzt überlegt man, Pakistan Geld zu geben, damit es die Flüchtlinge aufnimmt“, schüttelte er den Kopf.

„Das ist die Hässlichkeit der Realpolitik“, kommentierte an dieser Stelle Ahmad Mansour. „Die USA wollen kein Weltpolizist mehr sein“, analysierte er dann in die gleiche Richtung und befürchtete ein kommendes außenpolitisches Vakuum. Das adäquat auf internationaler Ebene zu füllen, sei eine der wichtigsten Aufgaben einer neuen Bundesregierung. Mehr zum Thema: Ramstein: Viele Flüchtlinge aus Afghanistan wollen bleiben

Integrierende Wohnungspolitik

Als weiteren Punkt wünschte sich der deutsch-israelische Leiter der „Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention“ eine „langfristige Strategie im Umgang mit Corona“. Zuallererst aber eine integrierende Bildungs- und Wohnungspolitik, die ernsthaft auf die Probleme der Migration eingehe, statt nur in Symbolpolitik stecken zu bleiben: „Kein Viertel mit mehr als 30 Prozent bildungsferner Bevölkerung“, schlug er vor.

Dazu eine echte Wertevermittlung und Aufklärung, die jenen „Menschen, die nicht bereit sind, in diesem Land emotional anzukommen, klar kommuniziert, was die Konsequenzen sind“, mit anderen Worten: möglicherweise Abschiebung. „Wir müssen aus Krisen Chancen machen“, appellierte er. Das sei eine gigantische Aufgabe, von der niemand erwarte, dass „wir in zwei Monaten damit fertig sind, aber wir müssen jetzt anfangen.“

Gerhart Baum verteidigte „wenigstens die 3. Generation der Einwanderer“ sei heute „sehr fortschrittlich gestimmt.“ Dann erinnerte der Grandseigneur der FDP, bis 1982 Bundesinnenminister im Kabinett Helmut Schmidt, dass er schon damals von „Deutschland als Einwanderungsland“ gesprochen hatte, ohne dass jemand das hören wollte.

„Die Zeitenwende, die wir alle spüren, wird nicht genügend intoniert“, beklagte er dann den bisher „so inhaltslosen Wahlkampf“, der selbst so wichtige Themen wie fehlende Facharbeitskräfte, unklare Renten oder höhere Klimakosten völlig außen vor lasse. Noch mehr aber, dass „von Menschenrechten überhaupt keine Rede“ war. „Es geht nicht allein um Wirtschaft, Energiepreise und Digitalisierung“, mahnte er, an die Adresse der eigenen Partei gerichtet.

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen