Berlin. Markus Lanz sprach mit seinen Gästen über die Pannen der Corona-Politik. Ein Bürgermeister zeigte, wie man vieles besser machen könnte.

Luca kommt am Montag. Die neue App, die zur verbesserten Kontakt-Nachverfolgung einen verschlüsselten QR-Code generiert, sobald die App-Nutzer ein Lokal oder Geschäft betreten, soll in allen Bundesländern eingeführt werden. Zu Wochenbeginn sollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten darüber abstimmen: „So haben wir das gestern vereinbart“, bestätigte Olaf Scholz am Donnerstag bei „Markus Lanz“, „wenn alles gut geht, mit 16:0.“

Das immerhin war eine positive Neuigkeit, die der Bundesfinanzminister aus der MPK von tags zuvor mitgebracht hatte. Und einer der wenigen Momente, wo sich bei „Markus Lanz“ ein Hauch von Enthusiasmus oder „Frühlingserwachen“ breit machte.

Claus Ruhe Madsen, Oberbürgermeister von Rostock jedenfalls, war erleichtert über die Nachricht: „Wir sind damit alle das Gesundheitsamt, jeder kann aktiv an der Corona-Bekämpfung mitwirken“, stimmte er zu. Und wischte mögliche Datenschutzbedenken damit weg, dass die im letzten Sommer erprobte „Zettelwirtschaft“ bei Restaurantbesuchen noch viel anfälliger für Datenmissbrauch war. „Digital haben wir eine sensationell gute Chance bei der Nachverfolgung.“

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Olaf Scholz, Bundesfinanzminister (SPD) und Vizekanzler
  • Kristina Dunz, Journalistin
  • Claus Ruhe Madsen, Oberbürgermeister der Stadt Rostock (parteilos)
  • Kai Kupferschmidt, Molekularbiologe

Der parteilose Oberbürgermeister, von Hause aus Möbelhändler, war eindeutig der Praktiker in der „Lanz“-Viererrunde, zudem ein unterhaltsamer Erklärer, der gerne zu anschaulichen Bildern griff. Sich selbst sah er als proaktiven Bürgermeister: Mit Energie, Begeisterungsfähigkeit und einer konsequenten PCR-Test-Strategie hatte er erreicht, dass die Hansestadt im Vergleich 90 Prozent weniger Tote verzeichnete.

Claus Ruhe Madsen, Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock.
Claus Ruhe Madsen, Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock. © dpa

Aktuell zeigte Rostock sogar nur noch eine Inzidenz von 21 – eine grüne Insel, umgeben von roten Kreisen. Ob das so bleiben werde, wenn am kommenden Montag weitere Öffnungen kommen, wollte Markus Lanz wissen. Er werde die nächsten Tage sehr wenig Schlaf bekommen, befürchtete der OB, da die Infrastruktur für die unerwartet kurzfristige Öffnung noch nicht stehe. Sein 7-Punkte-Öffnungsplan sei über Nacht vom Baby zum Teenager ausgewachsen: „Über 200.000 Tests macht man nicht einfach mal so“, erklärte er.

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Corona-Politik: Lieber Machete, statt Bazooka

Dann machte er an dem konkreten Beispiel klar, mit welchen Problemen sich Politiker auf kommunaler Ebene herumschlagen mussten, um die kurzfristigen Beschlüsse der Bund-Länder-Beratungen umzusetzen: Um die geforderten Massen-Tests praktisch durchführen zu können, wollte er auf dem Marktplatz Zelte aufstellen – als er von der Verwaltung den Hinweis erhielt, dafür müsste erst eine öffentliche Ausschreibung erfolgen … Bis das durch wäre, vermutete er, wäre Corona vorbei. „Wir brauchen keine Bazooka, sondern eine Machete“, fasste er kurz zusammen und plädierte er für eine radikale Entbürokratisierung nach Corona.

Wer hat Schuld an der Planungspanne?

Dass in diesem Land offenbar „nichts auf direktem Weg“ ging, beklagte auch RND-Hauptstadtkorrespondentin Kristina Dunz: „Da wird erst eine Erwartungshaltung geweckt und dann wieder einkassiert.“ Beim Stichwort Test wollte sie gar „das Schreien anfangen“: „Warum erst jetzt?“, fragte sie sich. Schließlich seien Schnelltests doch schon seit Oktober verfügbar, theoretisch wenigstens.

Olaf Scholz druckste etwas herum. Bewusst vorsichtig, wollte er in seiner Doppelrolle als Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat offenbar vermeiden, jemand zu bezichtigen, „die Sache verbockt zu haben“, wie Markus Lanz locker formulierte. Scholz ließ sich weder darauf ein, die Wahl der „neuen Logistik-Eingreiftruppe Spahn/ Scheuer“ zu bewerten, noch den Auftritt von Markus Söder in der letzten MPK, der ihm ein „schlumpfiges Grinsen“ vorgeworfen hatte.

Erst recht wollte sich der SPD-Kanzlerkandidat nicht von Markus Lanz aufs Glatteis führen lassen. „Programm und Kandidat passen vollständig zusammen“, entgegnete er auf die bohrenden Nachfragen des Moderators: Wenn er Kanzler werde, wolle er ebenso für ein 130-Tempolimit streiten wie für die Einführung einer Vermögenssteuer für sehr reiche Leute, neben anderen zentralen Fragen wie beispielsweise Gigabit-Gesellschaft oder Gesundheitswesen.

Aber „wir müssen mit dem Posen aufhören“, kommentierte Olaf Scholz stattdessen die Planungspanne bei den Tests: Offenbar hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn getwittert, wann die Schnell- und Selbsttests kommen würden – und erst danach den Bundesfinanzminister kontaktiert, wieviel Geld im Haushalt dafür hinterlegt werden müsste. „Ich kann nur ausdrücklich sagen, wir kümmern uns“, erklärte Scholz nun, weiter steif und zugeknöpft: „Die Garantie ist jetzt da, dass die Produzenten alles loswerden, was sie produzieren.“

Kai Kupferschmidt, Molekularbiologe und Wissenschaftsjournalist, erschien die Debatte um die Schnelltest ohnehin nur als „Nebenkriegsschauplatz“: „Wir haben den Impfstoff“, betonte er, wenn auch etwas ratlos über den eiligen Öffnungsbeschluss, „das ist das Wichtigste. Wir müssen jetzt nur noch ein wenig durchhalten“.

Olaf Scholz teilte seine Meinung entschieden: „In ganz wenigen Tagen werden wir Millionen Impfdosen pro Woche haben“, prophezeite er und mahnte an, jetzt schon mit den Vorbereitungen anzufangen: „Ich möchte nicht erleben, dass wir im April, Mai, Juni nicht schaffen, die Menge zu verimpfen.“

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen