Berlin/Lesbos. Drei Monate nach dem Brand des Lagers Moria hat sich die Lage für die Geflüchteten auf der Insel Lesbos dramatisch verschlechtert.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller berichtet in einem Interview von katastrophalen Bedingungen in dem neuen Geflüchtetenlager auf der griechischen Insel Lesbos. Bei seiner Arbeit besuchte er Flüchtlingscamps im Nordirak und Südsudan. Doch „nirgendwo herrschten solch schlimme Zustände wie auf Lesbos“, sagte der CSU-Politiker der „Passauer Neuen Presse“.
Drei Monate nach dem Brand des Lagers Moria hat sich die Lage für die Geflüchteten auf der griechischen Insel weiter verschlechtert.
„Das neue Lager Kara Tepe ist offensichtlich nicht besser – im Gegenteil: Ärzte ohne Grenzen musste jetzt eine Tetanus-Impfaktion starten, weil Babys in nassen Zelten von Ratten gebissen werden“, erklärte Müller gegenüber der Zeitung. Dies seien entsetzliche Zustände mitten in Europa.
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Entwicklungsminister: Die härtesten Winterwochen stehen auf Lesbos noch bevor
Alle seien nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria davon ausgegangen, „dass die schrecklichen Zustände nach dem Brand verbessert werden, aber die Wirklichkeit sieht leider anders aus“, sagte Müller. Die härtesten Winterwochen stünden den Geflüchteten dabei noch bevor. Besonders schlimm sei es für die Kinder, die in Flüchtlingslagern geboren werden.
„Ich habe mit auf der Flucht vergewaltigten afrikanischen Frauen gesprochen, die auf dem nackten Boden saßen und auf die Geburt ihrer Kinder warteten. Ohne Hygiene oder ärztliche Versorgung“, berichtete Müller von einem Besuch in Moria 2018. „So sollte kein Leben beginnen.“
Erst diese Woche hatte die Organisation SOS-Kinderdörfer informiert, dass in dem Zeltlager Kara Tepe Anfang der Woche ein dreijähriges Mädchen vergewaltigt worden sein soll.
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Müller: Flüchtlingsprobleme in Entwicklungsländern lösen
Der CSU-Politiker forderte mehr Engagement in den Herkunftsländern der Geflüchteten. „Wir lösen die Flüchtlingsprobleme nicht in den Lagern oder bei uns in Deutschland, sondern nur vor Ort in den Entwicklungsländern.“
Es sei richtig, die EU-Außengrenzen besser zu schützen, nötig seien aber auch Investitionen in den Herkunftsländern. „Nur wenn sich ihre Perspektiven in der Heimat verbessern, werden Flüchtlinge den gefährlichen Weg nach Europa nicht mehr auf sich nehmen“, sagte Müller.
Ein weiteres Problem sei, dass die Anerkennungsverfahren viel zu lange dauern. Die größeren Kinder hätten so kaum Möglichkeiten zur Schule zu gehen. „Wenn sich das nicht ändert, wächst hier mitten in Europa eine verlorene Generation auf“, so der Entwicklungsminister.
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Mehr als 17.000 Geflüchtete leben in Camps auf den griechischen Inseln
Im September war das bis dahin größte Flüchtlingslager Moria auf Lesbos abgebrannt. Über Nacht waren rund 10.000 Geflüchtete obdachlos. Daraufhin wurde ein provisorisches Zeltlager auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Kara Tepe errichtet. Aktuell sind dort rund 7500 Menschen untergebracht. Insgesamt leben mehr als 17.000 Menschen in Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln. (AFP/dpa/jtb)