Hamburg. In der letzten Folge „Markus Lanz“ im Jahr 2020 ging es um die ganz großen Themen: Corona, Grundrechte – und den Umgang mit dem Tod.

  • Am Donnerstag lief im ZDF die letzte Ausgabe von „Markus Lanz“ im Jahr 2020
  • Der Moderator diskutierte mit seinen Gästen einmal mehr über die Corona-Pandemie
  • Dabei entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über den Tod, aber auch über die Hoffnung

Für Philosophinnen und Philosophen gab die letzte 2020er-Sendung von „Markus Lanz“ einiges her. Die Gäste spekulierten über den Tod, über den Wahrheitsbegriff, über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unser Leben. Und dabei legten sie nicht nur Leidenschaft, sondern auch reichlich Fachkompetenz an den Tag.

In der Runde, in der der Moderator nur Stichworte in die Runde werfen musste, um eine lebhafte Debatte auszulösen, entwickelte sich eine lebendige und kurzweilige Sendung. Auffallend war vor allem das Zusammenspiel der Gäste. Vor allem Autorin Thea Dorn und der ehemalige Innenminister Gerhart Baum (FDP), die in diesem Jahr einen Briefwechsel führten, überzeugten.

Bei „Markus Lanz“ diskutierten am Donnerstagabend:

  • Gerhart Baum, FDP: ehemaliger Innenminister
  • Thea Dorn: Autorin, Philosophin, Moderatorin „Das literarische Quartett“
  • Dr. Manfred Lütz: Psychiater, Autor, Theologe
  • Kester Schlenz: Autor

Gerhart Baum bei „Lanz“: Fühlte mich wie im Luftschutzbunker

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) brachte schon in seinem Eingangsstatement ein Thema zur Sprache, dass in der Runde bei „Markus Lanz“ noch häufiger zur Sprache kommen sollte: die Ohnmacht. Als Politiker sei er immer daran gewöhnt gewesen, entscheiden zu können. Während Corona habe er sich aber wie im Luftschutzbunker gefühlt.

„Jetzt müssen auch die anderen lernen, mit Angst und Unsicherheit klarzukommen“, ergänzte Kester Schlenz. Der Autor hat einen Bestseller über seinen Umgang mit Angststörungen geschrieben – wodurch er sich besser vorbereitet fühlt auf das, was die Pandemie mit sich bringt: das Alleinsein, die Ungewissheit, die Angst vor dem Tod.

Gerhart Baum ist ehemaliger Innenminister (FDP). Er wurde bei Lanz von allen Seiten kritisiert. (Archivbild)
Gerhart Baum ist ehemaliger Innenminister (FDP). Er wurde bei Lanz von allen Seiten kritisiert. (Archivbild) © imago/Future Image | Hein Hartmann

Corona: Psychiater über Pandemie – „Gesundheit ist nicht alles“

Mit dem Tod hat sich Gerhart Baum schon viel beschäftigt. Mit Nachdruck erklärte er der Runde: „Ich lebe im Wissen um den Tod. Aber ich lebe. Und ich will, dass der Staat mich schützt!“ Gesundheit sei nicht alles, entgegnete ihm der Psychiater Dr. Manfred Lütz.

Zwischen den beiden entwickelte sich daraufhin eine Diskussion über das Grundrecht aufs Leben und seine Auslegung, die von der Autorin Thea Dorn wieder in den praktischen Anwendungsbereich geführt wurde: „Wir sind mitten in einer Tragödie. Und ich will zumindest mal einen Politiker sehen, der das anerkennt.“

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Einig waren sich die Gäste bei Markus Lanz dann zumindest darüber, dass die Politik der Bevölkerung klar machen müsse, wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie dauern und wie drastisch sie ausfallen. Denn eine Situation wie diese „habe es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben“, führte Dr. Lütz aus.

Auch Gerhart Baum hatte eine Meinung zu dem Thema: „Ich habe das Gefühl, dass uns nicht die Wahrheit gesagt wird.“ Prompt entwickelte sich eine philosophische Diskussion über den Wahrheitsbegriff, in der der ehemalige Innenminister von allen Seiten kritisiert wurde.

Corona: Schwere psychische Erkrankungen sind nicht mehr geworden

„Politiker und Virologen haben von Anfang an die Wahrheit gesagt. Wir wollten sie nur nicht hören“, konterte Kester Schlenz. „In Wahrheit“, ergänzte Thea Dorn, „weiß doch niemand was kommt“. Auf diese Ungewissheit konnten sich alle Gäste einigen – auch wenn sie ungewohnt sei: „Wir können das Virus halt nicht weghexen oder weglabern“, erklärt Kester Schlenz. Denn eigentlich ginge es bei der Diskussion um Corona nur um den Tod und den Umgang damit.

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Markus Lanz wollte daraufhin wissen, was Corona mit Menschen mache, die an psychischen Krankheiten leiden. Dr. Manfred Lütz weiß dazu: „Die schweren psychischen Erkrankungen haben nicht zugenommen.“ Allerdings gäbe es eine Anstieg an Depressionssymptomen.

Die Forschung sei aber noch nicht auf einem Stand, dazu verlässliche Aussagen zu machen. Und: „Wenn man bedrückt oder traurig ist, ist man noch kein Fall für den Psychotherapeuten.“ Deshalb würden alle Menschen für ihr Umfeld verantwortlich sein, ergänzte Lütz: „Wir müssen alle Solidarität lernen und erkennen, wann wir uns um Menschen kümmern müssen, die viel alleine sind.“

Versöhnliches zum Abschluss

Mit einem Verweis auf Weihnachten versuchte Markus Lanz am Ende, die Sendung zum Abschluss des Jahres nicht allzu düster wirken zu lassen. Die letzten (hoffnungsvollen) Worte gehörten deshalb Thea Dorn und ihrer Neuinterpretation des Gelassenheitsgebetes von Reinhold Niebuhr.

Die wichtigste Erkenntnis des Jahres sei, „dass wir den Mut brauchen, gegen die Dinge zu kämpfen, gegen die wir kämpfen sollen. Die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können. Und die Weisheit, zwischen beiden zu unterscheiden“.

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen