Berlin. Müssen Urlauber, die nach ihrer Reise in Quarantäne müssen, auf ihren Lohn verzichten? Möglicherweise, sagt Fachanwalt Peter Meyer.

Urlauber müssen bei Auslandsreisen derzeit vieles beachten: Einreisebestimmungen, Infektionsgeschehen, Corona-Auflagen. Durch die große Anzahl an Ländern, die inzwischen als Risikogebiete gelten, stellt sich aber noch eine weitere Frage, sollte die Testpflicht bald wieder aufgehoben werden: Wenn ich nach meiner Rückkehr in Quarantäne muss, was passiert dann mit meinem Lohn?

Quarantäne: Urlaub, Homeoffice oder im Zweifel kein Lohn?

Arbeitnehmer, die für die Zeit der Quarantäne nicht von zu Hause aus arbeiten oder weiteren Urlaub einsetzen können, haben im Zweifel Pech und müssen auf ihren Lohn verzichten, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Wenn man schon vor der Reise von den Quarantänebestimmungen wusste, nimmt man die eigene Arbeitsunfähigkeit sehenden Auges in Kauf – und kann die Vergütung im Quarantänefall nicht auf den Arbeitgeber abwälzen“, erklärt Meyer. Das sei derzeit die herrschende Rechtsauffassung.

Selbst wer sich bei einer Urlaubsreise im Risikogebiet ansteckt, und dann nicht zur Arbeit kommen kann, müsse nach Aussage des Fachanwalts damit rechnen, dass der Arbeitgeber den Lohn während der Krankheit nicht zahlt. „Der Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall verlangt, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist.“

Dies sei nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer – auch ohne Erkrankung – nach seiner Rückkehr aus dem Risikogebiet eine behördlich angeordnete Quarantäne einhalten muss, und aus diesem Grund nicht zur Arbeit kommen kann. Das würde von der Rechtsprechung im Streitfall berücksichtigt.

Bundesgesundheitsministerium: Kein Verdienstausfall zu befürchten

Darauf verweist auch ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Unter Verweis auf Paragraf 56 des Infektionsschutzgesetzes und die Quarantäneverordnungen der Länder sagt er: „Der Arbeitnehmer muss aufgrund behördlicher Anordnung für den Zeitraum der Quarantäne zu Hause bleiben. Deshalb besteht für ihn weder die Pflicht, dafür Urlaub zu nehmen, noch muss er einen Verdienstausfall befürchten.“ Der Staat würde in diesem Fall die durch den Verdienstausfall entstandenen Kosten tragen.

Auf die Nachfrage, ob der Staat auch dann für den Verdienstausfall aufkommt, wenn jemand in ein Gebiet reise, bei dem schon vor der Reise feststehe, dass dies ein Risikogebiet sei, antwortet der Sprecher, die entsprechende rechtliche Grundlage „würde auch in solchen Fällen greifen“. Damit widerspricht er der Darstellung von Fachanwalt Meyer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Donnerstag nach der Videoschalte mit den Ministerpräsidenten, dass es künftig voraussichtlich keine Entschädigung für den Einkommensausfall durch Quarantäne vom Staat mehr geben soll. Bund und Länder streben eine kurzfristige entsprechende Rechtsänderung an, sagte Merkel. Die Kanzlerin betonte, dies solle aber nur gelten, wenn etwa ein Land bereits zum Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt worden war. Merkel rief die Bürger dazu auf, auf Reisen in ausgewiesene Risikogebiete zu verzichten – „wo immer es möglich ist“.

Arbeitgeber darf Reisen nicht verbieten

Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte zuvor, sie appelliere an die Verantwortung jedes Einzelnen, „vielleicht auch im Vorfeld abzuwägen, ob denn die Reise ins Risikogebiet unumgänglich ist“. Eine Reise ins Risikogebiet verbieten dürfen Arbeitgeber im Übrigen nicht: „Wie Arbeitnehmer ihren Urlaub gestalten, liegt außerhalb des Weisungsrechts des Arbeitgebers“, so Meyer.

Die Pflicht zur 14-tägigen Quarantäne für Rückkehrer aus Risikogebieten soll künftig frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach Rückkehr entfallen können. Diese Regelung soll möglichst ab dem 1. Oktober 2020 gelten.

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(dpa/yah)