Washington. Kanzlerin Merkel hat den G7-Gipfel in Washington wegen Corona abgesagt. US-Präsident Trump will an dem umstrittenen Treffen festhalten.

Die eine Rakete, deren erfolgreichen Start gen Internationaler Raumstation er in Cape Canaveral live mitverfolgte, reichte Donald Trump nicht. Auf dem Rückflug von Florida nach Washington ließ der amerikanische Präsident vor Journalisten am Samstagabend (Ortszeit) eine zweite steigen.

Das Gipfeltreffen der sieben großen Industrie-Nationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA), dessen Ausrichtung Trump in diesem Jahr zufällt, findet weder wie von ihm geplant in zwei Wochen auf seinem präsidialen Landsitz in Camp David noch im Weißen Haus statt; auch nicht als Videokonferenz. Sondern möglicherweise im September im Umfeld der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Oder erst nach der Präsidentschaftswahl in den USA am 3. November. So genau, sagte Trump, wisse man das noch nicht.

G7-Gipfel in Washington – Merkel sagt wegen Corona ab

Der Schritt war überfällig geworden, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt hatte, wegen der Coronavirus-Pandemie nicht persönlich nach Washington reisen zu wollen. Ähnliche Bedenken machte Kanadas Premier Justin Trudeau geltend. Mit weiteren Absagen (Frankreichs Präsident Macron etc.) wurde seit Tagen in diplomatischen Kreisen der US-Hauptstadt gerechnet. Sich vor einer Rumpftruppe zu präsentieren, kam für Trump nicht infrage.

Der Präsident wollte die Staats- und Regierungschefs als Staffage an der Seite habe, um auf der Weltbühne das innenpolitisch für ihn wichtige Signal zu geben, dass die Coronakrise (mehr als 100.000 Tote, 40 Millionen Arbeitslose) in den USA im Prinzip überwunden sei und der Weg zurück zur Normalität eingeschlagen ist. Außerdem plante er ein Art Tribunal gegen China, das für Trump der zentrale Bösewicht in der Coronakrise ist.

Mehr als 100.000 Corona-Tote in den USA

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    Trump rächt sich für Merkels G7-Absage

    Die von Merkel ausgeschlagene Einladung soll Trump laut US-Medien sehr verärgert haben. Vielleicht darum ließ sich der Präsident eine Retourkutsche einfallen, die im G7-Kreise in den kommenden Wochen noch für einigen Gesprächsstoff sorgen wird. Trump bezeichnete die G7 am Samstag erneut als „veraltetes“ Veranstaltungsformat, das der Reform bedürfe. Darum beabsichtige er zum nächsten Treffen neben Australien, Indien und Südkorea auch Russland an den Verhandlungstisch bitten.

    Mit der Offerte an Moskau, die er bereits im vergangen August beim Gipfel im französischen Biarritz erfolglos platzierte, reißt Trump alte Wunden auf. Die G7 schlossen Russland vor sechs Jahren wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim aus. Bis auf Italien hatte bis zuletzt unter den Europäern Einigkeit bestanden, dass eine Wiederaufnahme Moskaus – es wäre dann die G8 – nicht erfolgen kann, solange keine substanziellen Fortschritte bei der Lösung des Ukraine-Konflikts erreicht sind.

    Trump will zurück zu G8 – trotz Russlands Krim-Annexion

    Trump, der bekanntermaßen ein von Geheimnissen umwobenes Verhältnis zu Präsident Wladimir Putin pflegt, legt die Messlatte tiefer. Die Krim sei nicht sein Problem, sagte er bei einem der vergangenen Treffen und löste damit Irritationen aus, das sei unter der Verantwortung seines Vorgängers Barack Obama geschehen. Ebenso eigenwillig nahm Trump seine Verantwortung als oberster G7-Repräsentant der USA vor zwei Jahren beim Gipfel in Kanada war.

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    Während der verfrühten Abreise ließ Trump die vorher gegebene Zustimmung zum traditionellen Abschluss-Kommuniqué aus Verärgerung über Gastgeber Trudeau via Twitter wieder einkassieren. Danach sprachen EU-Diplomaten in Washington sarkastisch von G6 plus 1 – sechs Länder, die bei allen Meinungsverschiedenheiten weiter gemeinsame Werte teilten. Und ein „unangenehmer Außenseiter“, der von multilateraler Problemlösung nichts hält und unberechenbar Krawall schlägt.