Berlin. Nach den Protesten wurde in Hongkong gewählt. Die Demokraten haben Regierungschefin Lam dabei eine deutliche Niederlage beigebracht.

Die Demokraten in Hongkong können einen klaren Wahlsieg bejubeln. Bei den Bezirksratswahlen konnten sie laut Medienberichten 390 der 452 Bezirksratsposten für sich verbuchen. Das regierungstreue Lager, das bei den vorangegangenen Wahlen 2015 noch etwa drei Viertel der Mandate gewonnen hatte, brach massiv ein und kam einem früheren Zwischenstand zufolge nur noch auf 42 Posten.

Laut einem Bericht der „South China Morning Post“ werden demokratische Kandidaten damit die Kontrolle in 17 der 18 Bezirksräte der chinesischen Sonderverwaltungszone übernehmen. Bislang hatte das fest zur kommunistischen Führung in Peking haltende Lager alle 18 Räte kontrolliert.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam sagte in einer ersten Stellungnahme, dass die Regierung die Ergebnisse der Wahl respektiere und dass sie „den Ansichten des Volkes aufgeschlossen zuhören“ werde. Sie hofft, dass der Frieden sowie die Sicherheit und Ordnung bestehen bleibe. Zuletzt hatten monatelange Demonstrationen für mehr Unabhängigkeit Hongkongs von China immer wieder für Ausschreitungen gesorgt.

Anhänger eines demokratischen Kandidaten bejubeln den Wahlsieg in ihrem Bezirk.
Anhänger eines demokratischen Kandidaten bejubeln den Wahlsieg in ihrem Bezirk. © Reuters | THOMAS PETER

Hongkong: Ex-Protestführer bejubelt „demokratischen Tsunami“

Als nach Mitternacht die ersten Ergebnisse bekanntgegeben wurden, brach in einigen Wahllokalen Jubel aus: Sprechchöre mit „Befreie Hongkong – Revolution jetzt“ waren zu hören – ein Slogan, der in den vergangenen Monaten immer wieder von Demonstranten gebraucht wurde. „Dies ist die Macht der Demokratie. Das ist ein demokratischer Tsunami“, sagte Tommy Cheung, ein ehemaliger Studentenprotestführer, der einen Sitz im Bezirk Yuen Long nahe der chinesischen Grenze für sich entscheiden konnte.

Mit einer Rekordwahlbeteiligung von mehr als 71 Prozent unterstrichen die Hongkonger ihren Wunsch nach echter Demokratie und politischen Veränderungen. Vor vier Jahren hatte die Quote bei bis dahin unerreichten und nun nochmals weit übertroffenen 47 Prozent gelegen.

Die Wahl galt als eine Art Referendum darüber, ob die schweigende Mehrheit in der Millionenmetropole nach fast sechs Monaten des Protests noch hinter der Anti-Regierungs-Bewegung steht – diese Frage scheint nun beantwortet. Dennoch haben die Wahlen vor allem symbolische Bedeutung, da die Bezirksräte der Stadt nicht wirklich über politische Macht verfügen und weder Gesetze verabschieden noch selbst nennenswerte Entscheidungen treffen können.

Hongkong-Wahl mobilisierte vor allem viele junge Wähler

Die Bezirksräte verwalten einen Teil der öffentlichen Gelder und sind unter anderem für Recycling, Transport und die Gesundheitsversorgung zuständig. Sie beraten die Regierung und machen Vorschläge, wie sich die Lebensqualität in den Stadtteilen verbessern lässt.

Das bei der Wahl dominierende Lager erhält Sitze im 1200-köpfigen Wahlkomitee, das alle fünf Jahre den Hongkonger Regierungschef wählt. In dem Gremium ist aber sichergestellt, dass am Ende stets der von Peking favorisierte Kandidat gewinnt.

Mehr als 1000 Kandidaten waren diesmal bei den Lokalwahlen angetreten. Gleich am Sonntagmorgen strömten auffällig viele junge Wähler in die Wahllokale.

Aktivist Joshua Wong hatte in Hongkong zuletzt zur Gewaltlosigkeit aufgerufen. Vorangegangen war ein Kampf der Demonstranten um ihre letzte Bastion – die Universität. Immer wieder wurden dort Personen abgeführt, nachdem sie die eingekesselte Uni verlassen hatten.

Zuvor machten schockierende Bilder die Runde, unter anderem wurde auf Demonstranten geschossen – die Proteste wurden generell immer brutaler, China sprach eine Warnung aus.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger genießen – anders als die Menschen in der Volksrepublik – viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit, um die sie jetzt aber fürchten. (rtr/dpa/ses)