Brüssel. Auf den Tag genau vor einem Jahr rissen drei Selbstmordattentäter in Brüssel 32 Menschen mit in den Tod.

„Ich habe mich oft gefragt, was wäre wenn? Was, wenn wir zehn Minuten später aufgebrochen wären? Was, wenn wir ein wenig langsamer gefahren wären?“, fragt Lars Waetzmann, der vor einem Jahr seine Frau Jennifer beim Terroranschlag am Brüsseler Flughafen verloren hat. „Aber es ist geschehen: In einem Sekundenbruchteil, hat sich meine Welt verändert: Von der Aufregung, gemeinsam nach New York zu reisen, zu dem Horror, in dem ich mich befand.“

Stellvertretend für viele Opfer der islamistischen Anschläge erinnert Waetzmann an diesem strahlenden Mittwochmorgen an den 22. März 2016. Kurz darauf, um 7.58 Uhr, jährt sich der schreckliche Moment, der sein Leben verändert hat. Angehörige, Rettungskräfte, Politiker und das Königspaar Philippe und Mathilde werden still in dieser Minute.

Drei islamistische Selbstmordattentäter haben 32 Menschen am Flughafen und in der Brüsseler U-Bahn getötet, mehr als 300 teils schwer verletzt. Erst in diesem Jahr haben die letzten der Verwundeten das Krankenhaus verlassen. Manche fühlen sich von Regierung, Arbeitgebern und Versicherungen allein gelassen.

„Diese Explosion forderte Leben, Träume, beendete Wege“, sagt Christelle Giovannetti. „Warum aufstehen? Wie kann ich aus der Einsamkeit ausbrechen? Wie kann ich weitermachen mit Horrorbildern im Kopf?“ Mit brechender Stimme trägt die Überlebende der Explosion in der U-Bahn ihre Gedanken vor. Vor einem Jahr, um 9.11 Uhr, ging der Sprengsatz hoch.

Anschläge am Flughafen in Brüssel

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Die Metrostation Maelbeek ist nicht erst ein Jahr später zum Ort des Gedenkens geworden. Auf der Wand, vor der der Kranz mit hellen Blumen und Band in den belgischen Nationalfarben niedergelegt wird, prangt ein trotziges „Tous ensemble“ („Alle zusammen“) über vielen weiteren Botschaften, die Menschen dort hinterlassen haben. Sie habe so viel Unterstützung und Solidarität erfahren, sagt Giovannetti. „Meine Verletzungen sind unumkehrbar, aber mein Kampf geht weiter.“

Neben Opfern und Angehörigen stehen die Rettungs- und Sicherheitskräfte im Zentrum des Gedenkens. Premier Charles Michel und das Königspaar schütteln Hände, wechseln Worte mit jenen, die das Grauen so hautnah erlebt haben. „Auf den Hass und die Gewalt haben Sie mit Würde geantwortet, Zweifeln und Angst haben Sie Mut und einen großartigen Willen zum Wiederaufbau entgegengesetzt“, spricht Philippe, an die Angehörigen gewandt.

„Für die meisten von uns, gibt es ein Leben vor und nach dem 22. März 2016“, sagt Flughafen-Feuerwehrmann Geert Raveel. An jenem Tag vor einem Jahr habe zunächst einfach jeder nur funktioniert: „Jeder hat alles gegeben.“ Erst danach, am Abend, hätten die Helfer wirklich begriffen, was da geschehen sei. „Als Rettungskräfte hoffen wir, dass wir nie wieder ein solches Drama erleben müssen. Dennoch, wenn sich das wiederholen sollte, dann stehen wir bereit im Dienst der Gemeinschaft.“

Brüssel gedenkt der Terroropfer

Am 22. März wurde Brüssel von mehreren Terroranschlägen erschüttert. 32 Menschen starben dabei, mehr als 300 wurden verletzt. Ein Jahr später gedenken die Menschen den Opfern.
Am 22. März wurde Brüssel von mehreren Terroranschlägen erschüttert. 32 Menschen starben dabei, mehr als 300 wurden verletzt. Ein Jahr später gedenken die Menschen den Opfern. © dpa | Geert Vanden Wijngaert
Am Flughafen Zaventem legten der belgische König Philippe und Königin Mathilde vor einer Gedenktafel für die Terroropfer einen Kranz nieder.
Am Flughafen Zaventem legten der belgische König Philippe und Königin Mathilde vor einer Gedenktafel für die Terroropfer einen Kranz nieder. © dpa | Geert Vanden Wijngaert
Auch der belgische Premierminister Charles Michel (r.) erschien zur Gedenkveranstaltung am Brüsseler Flughafen.
Auch der belgische Premierminister Charles Michel (r.) erschien zur Gedenkveranstaltung am Brüsseler Flughafen. © dpa | Didier Lebrun
Zu Streichermusik wurden die Namen aller 16 am Flughafen getöteten Terroropfer verlesen.
Zu Streichermusik wurden die Namen aller 16 am Flughafen getöteten Terroropfer verlesen. © dpa | Eric Lalmand
Um 7.58 Uhr, dem Zeitpunkt der ersten Explosion am Flughafen, hielten die Teilnehmer eine gemeinsame Schweigeminute ab.
Um 7.58 Uhr, dem Zeitpunkt der ersten Explosion am Flughafen, hielten die Teilnehmer eine gemeinsame Schweigeminute ab. © dpa | Eric Lalmand
Eddy Van Calster (l.) spielte ein Lied, das er zur Erinnerung an seine getötete Frau komponiert hatte.
Eddy Van Calster (l.) spielte ein Lied, das er zur Erinnerung an seine getötete Frau komponiert hatte. © dpa | Eric Lalmand
Sarah Esmael Fazal, die Schwester eines der Opfer, sprach über ihren Verlust.
Sarah Esmael Fazal, die Schwester eines der Opfer, sprach über ihren Verlust. © REUTERS | YVES HERMAN
Nahe dem Airport weihte Flughafen-Chef Arnaud Feist die Skulptur „Flight in Mind“ („Flug im Kopf“) des Künstlers Olivier Strebelle ein. Als „Hommage an die Opfer und Zeichen der Hoffnung“ sei das geschwungene Kunstwerk aus Metall zu verstehen, sagte Feist.
Nahe dem Airport weihte Flughafen-Chef Arnaud Feist die Skulptur „Flight in Mind“ („Flug im Kopf“) des Künstlers Olivier Strebelle ein. Als „Hommage an die Opfer und Zeichen der Hoffnung“ sei das geschwungene Kunstwerk aus Metall zu verstehen, sagte Feist. © dpa | Eric Lalmand
Vom Flughafen aus fuhr das Königspaar zur Metrostation Maelbeek, wo der zweite Anschlag stattgefunden hatte.
Vom Flughafen aus fuhr das Königspaar zur Metrostation Maelbeek, wo der zweite Anschlag stattgefunden hatte. © dpa | Geert Vanden Wijngaert
Um 9.11 Uhr, dem Zeitpunkt der Explosion in der U-Bahn, folgte eine Schweigeminute.
Um 9.11 Uhr, dem Zeitpunkt der Explosion in der U-Bahn, folgte eine Schweigeminute. © REUTERS | YVES HERMAN
„Je Suis Bruxelles“ (Ich bin Brüssel) stand auf einer LED-Werbefläche an der U-Bahn-Station.
„Je Suis Bruxelles“ (Ich bin Brüssel) stand auf einer LED-Werbefläche an der U-Bahn-Station. © dpa | Axelle Collard
Die Brunnenfigur „Manneken Pis“, ein Wahrzeichen Brüssels, trug eine Feuerwehruniform, um an die Arbeit der Rettungskräfte zu erinnern.
Die Brunnenfigur „Manneken Pis“, ein Wahrzeichen Brüssels, trug eine Feuerwehruniform, um an die Arbeit der Rettungskräfte zu erinnern. © dpa | Nicolas Lambert
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Der Tag der Anschläge war furchtbar für zahlreiche Menschen. Doch immer wieder erinnerten sich Opfer auch an spontane Hilfe und Unterstützung, die sie erfahren haben. „Mitten im Chaos hat ein völlig Fremder mir seine Jacke unter den Kopf gelegt und ist an meiner Seite geblieben – eine einfache Geste eines Menschen für einen anderen, die bis heute alles bedeutet“, berichtet Waetzmann. Inmitten des Horrors habe es auch das gegeben. „Ich habe mich entschieden, mich an Letzteres zu erinnern. Und ich hoffe, Sie tun das alle. dpa