Brüssel. EU-Abgeordnete aus Niedersachsen erleben die Anschläge in Brüssel aus der Nähe.

Niedersachsens CDU-Landeschef David McAllister hat den Terror in der belgischen Hauptstadt Brüssel am Dienstag aus der Nähe verfolgt. Weniger als zwei Stunden vor der Terrorattacke auf die Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel ist er auf dem Weg zu einem Vortrag vor der britischen Handelskammer in Belgien mit dem Taxi an dem Ort vorbeigefahren. Das sagte der Vizepräsident der Europäischen Volkspartei unserer Zeitung.

„Meine belgische Sekretärin steigt jeden Tag um 8 Uhr aus der U-Bahn“, sagte der frühere niedersächsische Ministerpräsident. Seine Brüsseler Wohnung und das EU-Parlament liegen 500 Meter von der Metro-Station entfernt.

Die Terroristen würden Hass und Gewalt säen. „Die Werte Europas sind stärker“, betonte er: „Wir müssen diese Werte verteidigen. Diese Barbaren dürfen ihr Ziel nicht erreichen.“

Gegen 9 Uhr erfuhr McAllister vom Anschlag auf den Flughafen. Da saß er gerade im Auswärtigen Ausschuss. „Die Sitzung wurde unterbrochen, es gab eine Schweigeminute“, sagte er. Als der Ausschussvorsitzende die Nachricht vom zweiten Anschlag verbreitete, habe es eine erneute Unterbrechung der Sitzung gegeben.

McAllister saß den gestrigen Nachmittag über in seinem Büro im 14. Stock in einem der großen Gebäude im EU-Viertel. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatte die Abgeordneten informiert, dass es besser sei, die Gebäude nicht zu verlassen.

McAllister blickte nach draußen, beschrieb die Szenerie: „Hubschrauber kreisen schon den ganzen Tag über dem Regierungsviertel.“ Die Sirenen waren über McAllisters Handy zu hören. „Auf den Straßen sind kaum Menschen zu sehen, keine Taxen. Es fahren keine Busse“, so der Abgeordnete.

McAllisters erster Anruf nach den Anschlägen galt der Familie bei Cuxhaven, sagte er. Im vergangenen Jahr habe seine Familie die Osterferien noch in Brüssel verbracht. „Zum Glück haben wir uns dieses Mal anders entschieden.“

Gegen Mittag hätte McAllister per Zug nach London fahren wollen. Er war am Abend als Redner an der Universität Cambridge vorgesehen. Den Termin sagte McAllister ab, Züge und Flugzeuge verließen Brüssel nicht mehr.

Der Grünen-Parlamentarier Jan Philipp Albrecht aus Wolfenbüttel saß mit Abgeordneten beim Frühstück. „Wir hatten unsere Bundesvorsitzende Simone Peter zu Gast“, so Albrecht. „Wir waren alle perplex, als wir vom Anschlag auf den Flughafen erfuhren.“ Dann folgte auch noch der Anschlag auf die Metro-Station.

„In der Sitzungswoche sind morgens viele Parlamentarier und deren Mitarbeiter zwischen Flughafen und Metro unterwegs“, sagte Albrecht. „Das war ein gezielter Anschlag auf die EU-Institutionen.“ Somit handele es sich um Angriffe auf uns alle, auf unsere freiheitliche Lebensweise. „Die müssen wir verteidigen.“ Es gelte nun, die Anschläge aufzuarbeiten. Albrecht fordert: „Internationalen Sicherheitsbehörden müssen eng zusammenarbeiten.“

Parlamentspräsident Schulz machte gestern schnell klar: Am Mittwoch bleibt das Parlament geschlossen. Albrecht will bis Ostern von seiner Brüsseler Wohnung aus arbeiten. „Dann werden wir sehen, wie es weitergeht.“

Der SPD-Abgeordnete Matthias Groote aus dem Landkreis Leer saß um 8 Uhr in einer Kantine in den EU-Gebäuden. „Wie eigentlich immer.“ Eine Mitarbeiterin wies ihn auf den Anschlag auf den Flughafen hin. Er erlebte, wie eine spanische Kollegin aus dem Umweltausschuss völlig aufgelöst vom Flughafen kam. „Sie war mit den Nerven am Ende, musste ersetzt werden“, sagte Groote.

Was Groote am meisten schockierte: „Wie kann es sein, dass gerade am hochgesicherten Flughafen Anschläge verübt werden?“

Die Atmosphäre auf den Fluren der EU-Gebäude beschrieb Groote als „gespenstisch“. Es sei ungewöhnlich ruhig gewesen, fast schon still. Groote: „In den Büros herrschte Fassungslosigkeit.“

Die Explosionen wertete Groote als „Anschläge auf die Hauptstadt Europas“. Wer könne, würde sich so schnell wie möglich einen Leihwagen organisieren und nach Hause fahren. Groote selbst war mit seinem Auto in Brüssel. „Auch ich werde Brüssel erst mal so schnell wie möglich verlassen.“