Berlin. Ab dem 2. August müssen Anlageberater ihre Kundschaft auch über nachhaltige Geldanlagen informieren – was bedeutet das für Verbraucher?

Auch mit der Geldanlage können Verbraucherinnen und Verbraucher Einfluss auf das Klima und die Arbeitsbedingungen von Menschen in Entwicklungsländern nehmen. Künftig sollen solche Anlageformen stärkeres Gewicht bekommen. Was ändert sich für Bankkunden ab August?

Was ändert sich bei der Bankberatung?

Es kommt ein weiterer Aspekt dazu. Künftig müssen die Beraterinnen und Berater von Banken und Sparkassen ihre Kundschaft fragen, wie wichtig ihnen eine nachhaltige Geldanlage ist. Das gilt auch für die Vertreter von fondsgebundenen Renten- oder Lebensversicherungen. Verneinen Sparer ein Interesse, spielt das Thema in der Beratung keine Rolle mehr.

Bejahen sie es, sollen die Berater dies auch in ihren Produktempfehlungen berücksichtigen, also zum Beispiel nachhaltige Investmentfonds vorstellen und über Chancen und Risiken der Produkte informieren. Welche Fragen konkret gestellt werden, hängt vom jeweiligen Institut ab.

Warum hat die EU diese Vorgabe eingeführt?

Die EU will Finanzströme verstärkt in saubere Geschäfte leiten, etwa in Unternehmen, die beim Klimaschutz sehr aktiv sind. Noch sind es meist professionelle Investoren wie große Pensionsfonds, die dieses Ziel schon verfolgen.

Aber auch immer mehr Privatanleger wollen ihr Geld nicht mit klimaschädlichen oder unsozialen Aktivitäten vermehren. Die vorgeschriebene Beratung zu nachhaltigen Anlagen soll ihnen die Auswahl entsprechender Investments erleichtern.

Wird der Verbraucherschutz damit gestärkt?

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) ist da eher skeptisch. Aus den Erfahrungen von sogenannten Mystery Shoppings, Testkäufen, ist bekannt, dass die Beratungen durchschnittlich nur etwa 45 Minuten dauern, obwohl die Materie sehr komplex sei, erläutert Finanzexpertin Dorothea Mohn. Sie befürchtet, dass die Berater die Vorgabe aus Zeitgründen daher nur halbherzig umsetzen.

Eine weitere Gefahr liegt darin, dass noch teurere Produkte verkauft werden können, mit dem Argument, dass diese schließlich grün und gut wären. „Wenn grüne Anlagen verkauft werden, dann müssen Verbraucher klar und ehrlich darüber aufgeklärt werden, was mit den Anlagen bewirkt werden kann und was aber eben auch nicht“, fordert sie. Auch interessant:Geldanlage – Was Dividenden für Aktiensparer bedeuten

Wie läuft es in der Praxis?

Die Sparkassen haben mit der nachhaltigen Beratung nach den EU-Vorgaben bereits begonnen und Schwächen daran ausgemacht. Denn sie müssen Präferenzen erfragen, die ein Laie kaum versteht. „Viele Kunden fühlen sich durch die vielen Fragen überfordert und verstehen die kleinteiligen Unterschiede der verschiedenen Produkttypen nicht“, sagt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen und Giroverbands (DSGV). Mehr zum Thema Geldanlage:Bitcoin, Ethereum und Co.: Jetzt kaufen oder Finger weg?

Ist damit gesichert, dass bei den Produkten grün drin ist, wo grün draufsteht?

Hinter der Skepsis der Expertin Mohn stehen auch Zweifel an der Nachhaltigkeit vieler Finanzprodukte. Der Begriff ist nicht geschützt und oft ist nicht klar, was grüne Investments tatsächlich Gutes bewirken. So hat Brüssel gerade eine so genannte Taxonomie für grüne Anlagen entwickelt, also eine Art Standard formuliert. Darin werden Atomkraft und Gaskraftwerke als grüne Übergangstechnologien angesehen.

Dabei gelten Kernkraft und fossile Energien neben Rüstungsgütern als die am häufigsten genannten Ausschlusskriterien von Anlegern, wenn sie nachhaltig Geld investieren wollen. Die Banken sollen jetzt schon das Interesse der Kunden an Produkten erfragen, die der Taxonomie genügen. Allerdings liegen die Leitlinien der EU noch gar nicht vor.

Wie sollten sich Kunden auf eine Anlageberatung vorbereiten?

Ein paar Tipps gelten für jedes Beratungsgespräch. Kunden sollten wissen, welche Ziele sie mit einer Geldanlage verfolgen und wie viel sie monatlich oder einmal zur Seite legen wollen. Auch ob das gesamte Vermögen oder ein Teil davon stets verfügbar sein soll, sollte man sich vorher überlegen.

Bei nachhaltigen Geldanlagen ist es wichtig, sich ein paar Kriterien zu überlegen, etwa Investitionen in Rüstung, Öl oder Staaten auszuschließen, die gegen Menschenrechte verstoßen. Anhand der Kriterien können gute Berater dann etwa Investmentfonds suchen, die das Kundenvermögen entsprechend investieren. Weiterlesen:Rente: So lässt sie sich gegen die hohe Inflation absichern

Haben Banken bisher gar nicht zu nachhaltigen Anlagen beraten?

Saubere Geldanlagen liegen noch nicht lange im Trend. Erst in den letzten Jahren entdeckte die Finanzwirtschaft das Thema für sich. Mittlerweile gibt es auch eine kaum mehr überschaubare Fülle von Produkten, vom ökologischen Festgeld bis hin zum streng ethisch-ökologischen Aktienfonds.

Inzwischen ist das Thema auch bei Anlageberatern angekommen. Die Stiftung Warentest hat im Frühjahr bei sechs Banken mit Testkunden die Qualität der Beratungen geprüft. „Gute Ansätze, mittelmäßige Fonds“, urteilte die Stiftung. Was den Testern fehlte, waren genauere Kenntnisse über einzelne Fonds. Die Berater unterschieden zu wenig zwischen streng ökologischen und weniger streng orientierten Produkten.