Frankfurt/Main. Hat das Warenhaus eine Zukunft? Mit neuem Konzept und Millioneninvestitionen will Galeria wieder mehr Kunden in die Innenstädte locken.

Mitarbeiterinnen saugen den Staub der letzten Umbauarbeiten weg, von irgendwo dröhnen Bohrgeräusche durch die zehn Etagen, an einer Rolltreppe räumt jemand Regale ein, die in letzter Minute angeliefert worden sind. Galeria Karstadt Kaufhof putzt sich heraus.

Hier, an der Frankfurter Einkaufspromenade Zeil, will der in der Corona-Pandemie schwer angeschlagene Konzern den Beweis antreten, dass das unter die Räder gekommene Geschäftsmodell Warenhaus eine Zukunft hat.

Die Galeria-Filiale der Zukunft soll hell und luftig sein

Gleich am Eingang der musterhaft umgebauten Filiale fällt auf: In der neuen Galeria, wie die Läden jetzt nur noch kurz heißen, ist alles viel luftiger und heller. Die Regale stehen viel weiter auseinander, sind nicht mehr so vollgestopft, die Schaufenster nicht mehr abgeklebt oder zugestellt.

In der Vergangenheit „hätten wir einfach die ganze Filiale mit Waren vollgestellt“, sagt Standortleiter Frank Bertsch. „Heute haben wir uns Platz gegönnt.“ Auf dem Boden liegt helles Eichenparkett, besondere Produkte sind in fast raumhohe, beleuchtete Metallrahmen eingefasst.

Mehr Luxus soll betuchtere Kundschaft anlocken

Spätestens im sechsten Stock, der Beletage, wird klar, wo die Reise hingeht: Galeria will mit mehr Luxus zahlungskräftige Kunden gewinnen. Sei es mit der Versace-Kollektion vom Porzellanhersteller Rosenthal oder mit der Champagnerbar im Keller, ein Glas für elf Euro. Oder 1000 Weinsorten und 500 Sorten Gin und Whisky. Ein bisschen Kadewe für alle.

Produkte und Marken, die anderswo nicht so leicht zu finden sind: Die Warenhauskette Galeria setzt auf mehr Luxus, mehr Luft und Eleganz.
Produkte und Marken, die anderswo nicht so leicht zu finden sind: Die Warenhauskette Galeria setzt auf mehr Luxus, mehr Luft und Eleganz. © dpa | Boris Roessler

Unterm Dach des Kaufhauses, in der „Airetage“, sieht es ein bisschen aus wie im Duty-free-Shop am Flughafen. Und das ist auch so gewollt. Zahlungskräftige Touristen aus Fernost, Russland oder arabischen Ländern sollen hier die passenden Mitbringsel für zu Hause finden: Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden, Pfannen und Küchenmesser.

Mit der Pandemie kam die Insolvenz

Einkaufen bei Karstadt oder Galeria Kaufhof, das war zuletzt für immer weniger Menschen ein Erlebnis. Enge Regalreihen, dunkle Gänge und irgendwie nichts Besonderes dabei: Mit diesem Image und der starken Konkurrenz aus dem Internet haben die 2019 fusionierten Warenhäuser seit Jahren zu kämpfen.

Und dann kam auch noch Corona: In der Pandemie mussten die Häuser neun Monate lang ihre Türen schließen. Der Konzern rutschte in die Insolvenz, der Staat musste mit einem 460-Millionen-Euro-Kredit zur Seite springen. Von 172 Warenhäusern vor der Pandemie sind heute noch 131 übrig.

„Galeria 2.0“ – gelingt so die Rettung?

Heute arbeiten noch 17.000 Menschen bei der sanierten Galeria Karstadt Kaufhof, die zur Signa Holding des österreichischen Investors René Benko gehört. Die Beschäftigten hoffen auf einen Befreiungsschlag. Mit dem Zukunftskonzept „Galeria 2.0“ soll die Rettung des Warenhauses gelingen, die Häuser wie früher wieder Mittelpunkt vieler deutscher Städte sein.

Zeitgleich zum „Weltstadthaus“ genannten Konzept in Frankfurt hat der Konzern am Mittwoch seine kernsanierten Filialen in Kassel und Kleve am Niederrhein eröffnet. Die Standorte dienen als Vorbild für die Konzepte „Regionaler Magnet“ und „Lokales Forum“. Wo umgebaut wurde, tritt der Warenhauskonzern nur noch als Galeria auf: Das neue Logo zeigt ein kleines g, umgeben von einer stilisierten Blume.

Ein Lifting für jede der 131 Filialen

60 bis 65 Häuser will Galeria nach den Vorbildern in Frankfurt, Kassel und Kleve komplett umbauen, in den restlichen sind kleinere oder größere Arbeiten geplant. „In den nächsten fünf Jahren werden wir jede Filiale angepackt haben“, sagt Konzernchef Miguel Müllenbach.

Konzernchef Miguel Müllenbach will künftig „Marken anbieten, die der Kunde so bislang nicht bei uns bekommen hat“.
Konzernchef Miguel Müllenbach will künftig „Marken anbieten, die der Kunde so bislang nicht bei uns bekommen hat“. © dpa | Boris Roessler

Rund 100 Millionen Euro im Jahr steckt Galeria bis dahin in die Filialen. Galeria will künftig „Marken anbieten, die der Kunde so bislang nicht bei uns bekommen hat“, sagt der Chef. „Da waren wir in der Vergangenheit nicht gut. Das haben wir verbessert.“

Sushi à la Steffen Henssler

Auch soll es neue Dienstleistungen geben, mit denen sich der Besuch in der Filiale verbinden lässt. So hat in der Galeria Kassel das städtische Bürgeramt eine Dependance eröffnet. Wer neben dem Messer-Set noch ein polizeiliches Führungszeugnis braucht, kann das jetzt direkt mit erledigen.

In Frankfurt probiert Galeria zudem neue Gastronomiekonzepte aus: Zusammen mit Starkoch Steffen Henssler ist im obersten Stock eine Sushibar entstanden. Sonntags will Filialleiter Bertsch das Restaurant samt Dachterrasse zum Brunch öffnen.

Neues Gastronomiekonzept: TV-Starkoch Steffen Henssler betreibt in der Frankfurter Galeria eine Sushibar.
Neues Gastronomiekonzept: TV-Starkoch Steffen Henssler betreibt in der Frankfurter Galeria eine Sushibar. © dpa | Christina Sabrowsky

Auch digital will das Unternehmen durchstarten

Auch in der digitalen Welt will Galeria Boden gutmachen. Den Jahresumsatz im Onlineshop von 200 Millionen Euro will Konzernchef Müllenbach in kurzer Zeit vervierfachen, die internen Prozesse vereinfachen und die Internetpräsenz mit den Läden verknüpfen: Ein Tisch im Restaurant oder ein Termin für die hauseigene Sneakerreinigung sollen sich online buchen lassen. An Ideen für die Rettung des Warenhauses mangelt es nicht.