Berlin/Bochum. Die beiden großen deutschen Immobilien-Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen stehen vor einer Fusion. Es ist nicht der erste Versuch.

  • Auf dem deutschen Wohnungsmarkt könnte ein neuer Immobilienriese entstehen – wenn das Kartellamt mitspielt
  • Die Immobilienanbieter Vonovia und Deutsche Wohnen wollen sich zusammenschließen
  • Kommt die Fusion zu Stande, entsteht Europas größter Wohnimmobilienkonzern

In der deutschen Immobilienbranche bahnt sich offenbar eine Großfusion an. Nach mehrfachen Versuchen in der Vergangenheit könnte der Zusammenschluss von Vonovia und Deutsche Wohnen diesmal tatsächlich klappen, sollten die Kartellbehörden zustimmen. Die beiden Konzerne haben eine Grundsatzvereinbarung über einen Zusammenschluss unterzeichnet.

Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia gab in einer Mitteilung vom Montagabend die Absicht bekannt, ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot im Gesamtwert von rund 18 Milliarden Euro oder 53,03 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie abzugeben.

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Vonovia und Deutsche Wohnen: Zusammenschluss soll Kosten drücken

Das entspreche einer Prämie von knapp 18 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag und von 25 Prozent auf den volumengewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs. Anders als bei den bisherigen Versuchen einer Fusion konnte sich Vonovia die Unterstützung der Deutsche-Wohnen-Spitze sichern. Vorstandschef Michael Zahn stellte sich hinter den Zusammenschluss: „Jetzt ist der richtige Moment, die erwiesene Leistungsfähigkeit und Stärken beider Unternehmen zu vereinen“, sagt er.

Die beiden Partner wollen unter anderem der in Berlin grassierenden Wohnungsnot begegnen und auch kommunale Bestände erwerben. „Es fehlen bezahlbare und altersgerechte Wohnungen, viele Gebäude müssen energetisch saniert werden und wir brauchen eindeutig mehr Neubau von bezahlbaren Wohnungen. Der Zusammenschluss mit Deutsche Wohnen gäbe uns jetzt die Möglichkeit, diese Herausforderungen kraftvoll anzugehen“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch. Der fusionierte Immobilien-Riese biete Möglichkeiten für weiteres Wachstum.

Den Mietern in Berlin verspricht Vonovia nach dem gekippten Mietendeckel eine Begrenzung der Mietsteigerungen bis zum Jahr 2026. Eine ähnliche Vereinbarung gilt für den Hotspot Frankfurt am Main. Für alle anderen Mieter werde sich nichts ändern, unterstreicht Buch.

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Zur Finanzierung der Übernahme will Vonovia neue Aktien für bis zu acht Milliarden Euro ausgeben. Vonovia selbst kommt an der Börse derzeit auf einen Marktwert von knapp 30 Milliarden Euro. Durch den Zusammenschluss sollen die jährlichen Kosten um 105 Millionen Euro gedrückt werden. Das Sparziel soll bis Ende 2024 erreicht werden.

Fusion: Kartellbehörden müssen noch zustimmen

Die Offerte stehe unter dem Vorbehalt einer Mindestannahmequote von 50 Prozent aller ausstehenden Deutsche-Wohnen-Aktien, der Erteilung der fusionskontrollrechtlichen Freigabe "sowie weiterer üblicher Bedingungen". Die Transaktion solle bis Ende August abgeschlossen sein: Beide Unternehmen erwarteten, dass die fusionskontrollrechtliche Freigabe vor Ende der Annahmefrist des geplanten Übernahmeangebots erfolge, hieß es.

Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen begrüßten das Übernahmeangebot und beabsichtigten dieses, vorbehaltlich der Prüfung der finalen Angebotsunterlage, zu unterstützen und den Aktionären die Annahme zu empfehlen.

Buch hat laut eigenen Angaben kein Kopfzerbrechen wegen kartellrechtlicher Vorbehalte. „Wir sind weiter sehr klein, weit unter jeder Kartellamtsgröße“, sagt er.

In der Tat: Der deutsche Wohnungsmarkt ist derart zerklüftet, dass selbst der neue Gigant gerade einmal auf einen Anteil von rund zwei Prozent kommen wird. Mit 114.000 Wohnungen hat die Deutsche Wohnen im hart umkämpften Großraum Berlin die größte Präsenz. Vonovia kommt in der Hauptstadt gerade einmal auf 43.000 Wohnungen. In NRW ist das Verhältnis umgekehrt: Die Deutsche Wohnen vermietet in Köln und Düsseldorf 3000 Einheiten, Vonovia landesweit dagegen mehr als 100.000 – die meisten davon im Ruhrgebiet.

Nach Zusammenschluss: Immobilienkonzern soll Vonovia SE heißen

Durch den Zusammenschluss entsteht den Angaben zufolge Europas größter Wohnimmobilienkonzern mit einer gemeinsamen Marktkapitalisierung von voraussichtlich rund 45 Milliarden Euro. Dabei ist Vonovia trotz eines Kursrutsches von 13 Prozent seit Jahresbeginn fast doppelt so viel wert wie Deutsche Wohnen, die um drei Prozent zulegen konnten. Die beiden größten deutschen Vermieter bringen es zusammen auf mehr als 500.000 Wohnungen. Der gemeinsame Immobilienportfoliowert wurde auf knapp 90 Milliarden Euro beziffert.

Das künftige Unternehmen soll dann den Namen Vonovia SE führen, wie mitgeteilt wurde. Der Sitz soll in Bochum bleiben, bestätigt Buch. Das Unternehmen aber aus Bochum und Berlin geführt werden. Außerdem haben die Parteien vereinbart, dass sie im Zusammenhang mit der Transaktion bis Ende 2023 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen werden. Vonovia hat über 10.000 Mitarbeiter, bei Deutsche Wohnen sind es knapp 5800.

Vorstand von Vonovia wird umbesetzt

Größere Veränderungen zeichnen sich im Vonovia-Vorstand ab: Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn wird Buchs Stellvertreter, Deutsche-Wohnen-Finanzchef Philip Grosse übernimmt das Ressort bei Vonovia von Helene von Roeder, die wiederum in das neu geschaffene Ressort Innovation und Digitalisierung wechseln soll. Arnd Fittkau bleibt im Vonovia-Vorstand für die Bewirtschaftung zuständig, Daniel Riedl für das Neubaugeschäft. Die Deutsche Wohnen soll zwei Sitze im Vonovia-Aufsichtsrat erhalten.

Der erste Übernahmeversuch war 2016 unter anderem am Widerstand der Deutsche-Wohnen-Führungsspitze und einem zu geringem Interesse der Aktionäre gescheitert. Der Übernahmekandidat hatte die Offerte als feindlich bezeichnet und als nicht im besten Interesse seiner Investoren. Zu Beginn des vergangenen Jahres hatte Vonovia Kreisen zufolge erneut einen Kauf erwogen. Am Ende der Erwägungen habe der Konzern aber entschieden, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. (dpa/fmg)

Teile dieses Textes erschienen zuerst bei waz.de