Berlin. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will das Aus von Inlandsflügen und teurere Tickets. Doch was bringt es? Die Fakten dazu.

Beim Fliegen kochen die Emotionen hoch: Klimakiller Nummer eins oder grenzenlose Freiheit? Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will gegen Kurzstreckenflüge vorgehen und Dumpingpreise mit einer „klimagerechten Besteuerung“ unterbinden. Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Wie groß ist das Problem mit Inlands- und Kurzstreckenflügen?

Inlandsflüge machen nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft 0,28 Prozent der deutschen CO-Emissionen aus. Global steht die Luftfahrt für rund drei Prozent der Kohlendioxid-Emissionen.

Jeder dritte Passagier auf einem Inlandsflug steigt um auf Mittel- und Langstreckenflüge ins Ausland. Insbesondere diese Flüge lassen sich nur schwer auf die Bahn verlagern, weil Reisende den sogenannten Systembruch meiden. Würden Inlandsflüge verboten, würden Reisende statt über Frankfurt und München einfach über Amsterdam, Paris oder London in die weite Welt fliegen, warnt etwa die Lufthansa.

Wie sieht die Umweltbilanz bei einer Urlaubsreise von Düsseldorf nach Barcelona bei Auto, Zug und Flug aus?

Hier gewinnt nach Berechnungen des Portals Eco Passenger die Bahn mit 27,9 Kilogramm CO-Emissionen pro reisender Person. Das Flugzeug folgt mit 109,5 Kilogramm Kohlendioxid. Das Auto kommt bei einer durchschnittlichen Auslastung von 1,5 Personen auf 180,4 Kilogramm CO je Reisendem. Bei der Reisedauer ist selbst mit Weg zum Flughafen der Flieger mit knapp vier Stunden vorn. Auto und Bahn brauchen mit elf und 18 Stunden viel länger.

Ein Airbus A321neo von Easyjet: Die neue Flugzeuggeneration spart 15 Prozent Treibstoff.
Ein Airbus A321neo von Easyjet: Die neue Flugzeuggeneration spart 15 Prozent Treibstoff. © picture alliance / empics | David Parry


Ist die Bahn wirklich klimafreundlich?

Laut Deutscher Bahn kamen 2020 etwa 61 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Bis 2038 soll er vollständig grün sein. Der gesamte Schienenverkehr – auf vielen Strecken fahren Dieselzüge – werde 2050 CO-neutral sein. Damit der Zug attraktiver wird, sind viele Neu- und Ausbauten von Strecken nötig. Diese sind wegen der Eingriffe in die Natur umstritten.

Wird Kerosin mit Steuergeld subventioniert?

Flugzeug-Treibstoff wird nicht direkt subventioniert – jedoch zahlen Airlines keine Steuern auf Kerosin. Das ist weltweit so. Der Branchenverband BDL verweist auf die seit zehn Jahren bestehende Luftverkehrsteuer: Passagiere zahlen je nach Distanz zwischen 12,88 und 58,73 Euro. Damit finanziert der Bund etwa die 2020 erfolgte Mehrwertsteuersenkung auf Bahntickets. Zudem ist die Branche seit 2012 am europäischen Emissionshandel beteiligt.

Gibt es Unterschiede bei der Klimabelastung auch beim Fliegen?

Hier spielen Streckenlänge, Fluggesellschaft und Flugzeugtyp eine Rolle. Der Klimaschutzreport der Branche nennt für Kurzstrecken einen Verbrauch von 5,9 Litern Kerosin pro Passagier und 100 Kilometern. Auf mittleren Distanzen bis 3000 Kilometer sind es 2,7 bis 3,6 Liter. Langstreckenflüge erreichen Werte von 3 bis 3,3 Litern.

Billigfluggesellschaften haben in der Regel nur eine eng bestuhlte Einheitsklasse und sind damit umweltfreundlicher als Airlines mit geräumiger Businessclass. Die neueste Generation an Mittelstreckenjets verbraucht rund 15 Prozent weniger Kerosin als Vorgänger – und stößt damit 15 Prozent weniger Kohlendioxid aus.

Lassen sich Kurzstreckenflüge einfach mit der Bahn ersetzen?

Das ist am ehesten auf einigen Inlandsstrecken machbar. Dafür haben Lufthansa und Deutsche Bahn im Frühjahr eine vertiefte Kooperation vereinbart. Diese umfasst durchgehende Tickets und mehr Sprinter-Züge zum Flughafen Frankfurt, dem wichtigsten deutschen Drehkreuz im Luftverkehr. Damit die Bahn noch attraktiver wird, müssten zahlreiche Neubaustrecken entstehen – insbesondere auch ins Ausland.

Lässt sich der Flugverkehr umweltfreundlicher gestalten?

Der Billigflieger Easyjet und das US-Start-up Wright Electric forschen an einem E-Flugzeug für sehr kurze Strecken. Der Flugzeugbauer Airbus will bis 2035 den weltweit ersten CO-neutralen Flieger mit Wasserstoffantrieb in die Luft bringen. Reichweite: 3700 Kilometer. Für Langstreckenflüge setzt die Branche auf synthetisches Kerosin, hergestellt mithilfe von Ökostrom.