Berlin. Der Dieselmotor verliert immer weiter an Bedeutung: In Westeuropa ist der Marktanteil in diesem Jahr erneut deutlich gesunken.

Abgasskandal, Fahrverbote und nun auch noch ein bevorstehendes Verbot von Verbrennungsmotoren in einer steigenden Zahl von Ländern: Wer sich einen Neuwagen kauft, wählt immer seltener ein Modell mit Dieselmotor. In Westeuropa sind die Pkw-Zulassungszahlen in den vergangenen Jahren drastisch gesunken. Von 58 Prozent im Jahr 2011 auf nur noch 27 Prozent in den ersten neun Monaten dieses Jahres.

Das ergab eine Untersuchung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer . Im vergangenen Jahr lag der Diesel-Anteil in Westeuropa noch bei 31 Prozent. „Es ist ein leiser Abschied, aber ein Trend, der nicht mehr aufzuhalten ist: Europa verabschiedet sich vom Diesel“, lautet das Fazit von Dudenhöffer. „Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs frisst den Diesel auf.“

Besonders extrem ist die Entwicklung in Norwegen. Innerhalb von zehn Jahren ist der Diesel-Anteil von 75 auf zehn Prozent gesunken. In den Niederlanden spielt Diesel mit 4,5 Prozent quasi keine Rolle mehr, kam hier aber nie über einen Anteil von einem Drittel hinaus. Dagegen steigen die Zulassungszahlen für Autos mit Hybridantrieb oder reinem Elektromotor rasant. Sie kamen in Deutschland im Oktober 2020 auf Marktanteile von 22,9 und 8,4 Prozent. Auch interessant: Elektroautos: Warum Verbrauchern 2020 hohe Rabatte winken

Steuervorteil für Diesel in fast allen EU-Ländern

„Seine letzte Bastion sind die dicken SUV, die großen Firmenwagen und die Steuervorteile etwa in Deutschland“, erklärt Dudenhöffer. In Deutschland erreichen Dieselautos bei Neuzulassungen in diesem Jahr noch auf einen Marktanteil von knapp 30 Prozent. Über dem westeuropäischen Durchschnitt liegen zudem Frankreich mit 31 Prozent und in Italien mit 34,6 Prozent.

„Ohne Steuervorteile in vielen europäischen Ländern sähe es deutlich trauriger beim Diesel aus“, stellt Dudenhöffer fest. Tatsächlich sind die Steuern auf die Kraftstoffsorte in fast allen 27 EU-Staaten niedriger als auf Benzin. Teilweise ist der Unterschied gering wie in Tschechien, wo auf einen Liter Benzin 49,9 Cent Steuern entfallen, auf Diesel 42,5 Cent. Lesen Sie auch: Immer mehr Bundesbürger steigen auf Elektroautos um

Besonders groß ist der Vorteil in den Niederlanden, wo auf Diesel 29,7 Cent weniger Steuern je Liter entfallen. In Deutschland fließen 65,4 Cent pro Liter Benzin und 47 Cent je Liter Diesel in die Staatskasse. Einzig in Belgien fallen dieselben Abgaben an.

Opel-Chef glaubt an Zukunft des Dieselmotors

In Deutschland hat sich der Diesel-Anteil nach einem starken Rückgang infolge des VW-Abgasskandals nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes im Jahr 2019 bei 32 Prozent eingependelt. Ein Jahr zuvor waren es noch 32,4 Prozent. Opel-Chef Michael Lohscheller sagte im Interview mit unserer Redaktion, dass dies auch eine Weile noch so bleiben dürfte.

Vor dem VW-Dieselskandal im Jahr 2015 war mehr als jeder zweite Neuwagen ein Selbstzünder. Wer für die millionenfachen Manipulationen an der Abgasreinigung verantwortlich ist, wird jetzt gerichtlich aufgeklärt. Mehr zum Thema: 5 Jahre Dieselskandal: Wer trägt die Schuld an dem Betrug?

Prinzipiell sind Dieselmotoren umweltfreundlicher als Benziner: Der Verbrauch ist bei gleicher Leistung geringer, somit auch der Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid. Strengere CO2-Vorgaben der EU und das Verbot neuer Autos mit Verbrennermotoren, wie es etwa in Großbritannien im Jahr 2030 bevorsteht, würden die Talfahrt des Dieselmotors in den kommenden Jahr beschleunigen, so Dudenhöffer.

Die Kosten für die Entwicklung neuer Dieselmotoren rentierten sich kaum mehr. „Für CO2-Einsparungen gibt es deutlich bessere Alternativen als den Diesel.“ Diesel werde wieder zum Nutzfahrzeug-Aggregat, sagt der Direktor des Duisburger CAR-Instituts. (aky)