Berlin. In Zeiten von Corona gelten Regeln auch an Nord- und Ostsee-Stränden. Welche sind das? Und wann muss ein Strand geschlossen werden?

  • 1,50 Meter Abstand, Kontaktbeschränkungen, Hygiene-Anforderungen: In Zeiten von Corona gelten bestimmte Regeln auch an den Nord- und Ostseestränden
  • Sie müssen eingehalten werden, damit die Zahl der Neu-Infektionen nicht weiter steigt
  • Damit es am Strand nicht zu voll wird, soll in der Lübecker Bucht eine Strand-Ampel eingeführt werden
  • Wie wollen die Landesregierungen eine Überfüllung der Strände vermeiden? Und was dürfen Touristen dort? Ein Überblick

In diesen Tagen beginnen in vielen Bundesländern die Sommerferien. Wer sich nicht ins Flugzeug setzen oder mit dem Auto in den Süden fahren mag, den zieht es an die Strände von Nord-und Ostsee.

Am vergangenen Wochenende stießen manche Orte durch einen Touristenansturm allerdings an die Kapazitätsgrenze – etwa die beliebten Urlaubsorte Scharbeutz und Haffkrug an der Ostsee. Zufahrtsstraßen zum Strand wurden gesperrt, keine weiteren Tagesgäste mehr zugelassen. Der Strand war voll.

Doch: Ab wann gilt in Corona-Zeiten ein Strand als voll? Wann muss er dicht gemacht werden, weil sonst die Abstandsregeln nicht mehr eingehalten werden können? Und wer hat das zu bestimmen?Bürgermeisterin Bettina Schäfer war es, die am Samstag die Entscheidung traf: Keine weiteren Tagesgäste mehr. Anwohner und Gäste von Hotels und Ferienwohnungen hatten hingegen freie Fahrt.

Rund 35.000 Menschen, schätzt sie, hätten sich gegen Mittag am Strand von Scharbeutz aufgehalten. Pfingstmontag habe es einen ähnlichen Andrang gegeben. Woran aber hat sie sich bei dieser Entscheidung orientiert?

Urlaub an Nord-und Ostsee: Keine einheitliche Strand-Regelung

Einheitliche Vorgaben von der Landesregierung S chleswig-Holstein gibt es dazu nicht, wie das für Tourismus zuständige Ministerium auf Anfrage mitteilt. Die betroffenen Orte sollen „selbst in Anbetracht der Situation“ entscheiden.

„Da die örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sind, wurde hier bewusst von einer einheitlichen Regelung abgesehen“, heißt es.

Die Abstandsregel von 1,50 Meter, die Kontaktbeschränkungen und die Hygiene-Anforderungen aber würden – wie überall anders im Land – auch am Strand gelten. Gleiches gilt für die Strände an den Küsten von Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

„Ob es zu voll ist, liegt in der Hand der Kommunen“, sagt eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Niedersachsen dazu. Mecklenburg-Vorpommern teilt mit: „Ein Strand ist dann voll, wenn die Hygieneregeln der Landesverordnung bei weiterem Besucherzustrom nicht mehr gewährleistet wären.“

Wie viele Besucher es sich also an den Stränden gemütlich machen dürfen, bleibt jeder Gemeinde selbst überlassen. Bürgermeisterin Bettina Schäfer hat zusammen mit ihrem Krisenstab ihre eigenen Kriterien entwickelt, ab wann die Kapazitätsgrenze erreicht ist.

Die Auslastung der Hotels, der Wasserstand (mal steht mehr, mal weniger Strand zur Verfügung) und die Parkplatzkapazität. „Wenn die Parkplätze zu 70 Prozent und die Unterkünfte zu 100 Prozent ausgelastet sind, dann kommen wir an die Grenze“, erzählt Schäfer.

Gäste nicht abweisen, sondern umleiten

30 Grad, Sonne, Ferienbeginn und noch keine Erlaubnis für Tagesgäste in Mecklenburg-Vorpommern – das alles habe die Küstenorte am Samstag in Schleswig-Holstein besonders attraktiv gemacht. Als es ihr zu viel wurde, ließ die Bürgermeisterin Sperrbaken aufstellen. Mitarbeiter vom Bauhof und der Feuerwehr bewachten diese. Schilder wiesen darauf hin, dass der Strandabschnitt ausgelastet ist.

„Da bin ich der Feuerwehr dankbar. Das ist ja nicht ihre Hauptaufgabe“, betont Schäfer. Mehr Unterstützung durch die Polizei sei ihrer Einschätzung nach daher nötig. „Als kleine Kommune kann man das so nicht lange durchhalten.“

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Bis zum späten Samstagnachmittag wurden die Auto durchgewunken und an andere Strandabschnitte verwiesen, die weniger frequentiert wurden. „Da muss man natürlich kommunikativ bleiben. Wir leben hier ja auch von unseren Gästen“, sagt Schäfer. Gäste abweisen? Eigentlich nur höchst ungern. „Das ist ein innerer Spagat“, schiebt sie hinterher.

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    André Rosinski, Geschäftsführer der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht (in der auch Scharbeutz liegt), versucht die Gemeinden zu unterstützen. Er hat zum Beispiel berechnet, dass jeder Strandbesucher rund acht bis zehn Quadratmeter brauche. Das Aufkommen an Badegästen müsse daher deutlich reduziert werden.

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    Verkaufe ein Strandkorbvermieter, der auch die Tageskarten für die Strandnutzung ausgibt, sonst an seinem Abschnitt rund 2000 Karten, dann müsse nun bei 500 bis 600 Schluss sein. Sonst gehe die Quadratmeter-Rechnung nicht mehr auf.

    Aber halten sie sich auch daran? Eine Regel ist das nicht, bloß eine Empfehlung. „Auf der Seebrücke in Scharbeutz war am Samstag deutlich mehr los. Aber der Tag war für uns sozusagen eine Generalübung.“

    Bis Mitte Juli, so hofft Rosinski, sollen an den Strandzugängen in rund drei Meter Höhe Sensoren angebracht werden. Wie etwa in Einkaufszentren soll so ermittelt werden, wie viele Leute sich in den Bereichen aufhalten.

    Mithilfe dieser Echtzeit-Daten könnten dann besser Entscheidungen getroffen werden. Verbote will aber auch er nicht. „Wir wollen die Besucher vielmehr lenken und an Strände verweisen, wo weniger los ist.“

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    Bis die Sensoren aufgestellt sind, will die Tourismus-Agentur Lübecker Bucht noch stärker mit den Strandkorbvermietern zusammen arbeiten. Ab dem 2. Juli sollen sie zu festgelegten Uhrzeiten angeben, wie voll der Strand gerade ist.

    Dafür will man mit einem Ampelsystem arbeiten. Grün bedeutet: wenig los, Rot: ausgelastet. Über eine WhatsApp-Gruppe seien alle zuständigen Gruppen vernetzt. Anhand ihrer verkauften Zutrittskarten und mit ein bisschen Augenmaß sollen die Strandkorbvermieter entscheiden. Auf der Seite strandticker.de können Touristen dann nachschauen können, wo die Ampel schon auf rot, wo noch auf grün steht.

    St. Peter-Ording: Strand lang und breit

    Und wie sieht es an anderen Küstenabschnitten aus? Constanze Höfinghoff, Tourismus-Direktorin von St. Peter-Ording an der Nordsee gibt sich entspannt. Der Strand sei zwölf Kilometer lang und zwei Kilometer breit – anders als an der Ostsee, wo weniger Strand zur Verfügung stehe. „Probleme mit den Abstandsregeln bekommen wir hier mit Sicherheit nicht.“

    „Knubbelig“, wie sie sagt, könne es aber an den sanitären Anlagen, am Zugang zum Strand oder in der Stadt – vor den Geschäften oder Restaurants – werden. Da müsse man dann eben in der Schlange stehen, sagt sie und appelliert an die Eigenverantwortung der Gäste.

    „Da können auch Polizei, Ordnungsamt oder ich nichts machen. Inzwischen sollte jeder mitbekommen haben, dass man Abstand hält. Das ist ja hier nicht anders als in ganz Deutschland“, betont Höfinghoff.

    Viel Platz am Strand von St. Peter-Ording.
    Viel Platz am Strand von St. Peter-Ording. © dpa | Wolfgang Runge

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    An der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern ist man ähnlich optimistisch. Rüdiger Kozian, Bürgermeister des Ostseebads Kühlungsborn sieht kein Problem. „Wir werden nicht überrannt“, sagt er. „Absperren? Sowas gibt es hier nicht.“

    Auch er argumentiert, dass der Strand mit fünf Kilometern lang genug sei. Hinzu komme, dass der Tages-Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht gestattet ist.

    Noch sind allerdings nicht in allen Bundesländern die Ferien gestartet. In den nächsten Wochen dürften also noch einige Gäste mehr an die deutschen Strände fahren – je nachdem, wie warm und sonnig dieser Sommer wird.

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