Berlin. Werden die Geräte schneller abgestellt? Will Jens Spahn die Menschen zu Organspende zwingen? Diese und andere Vorurteile im Check.

Diese Zahlen klingen paradox: Zwar halten acht von zehn Deutschen Organspenden für richti g, doch nur 36 Prozent der Deutschen haben einen Spenderausweis. In kaum einem anderen Land müssen Patienten so lange auf ein Organ warten – täglich sterben drei Menschen, weil es kein passendes Organ gibt. Am Samstag, 1. Juni, ist Tag der Organspende – um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Heiko Burrack kennt dieses unerträglich Gefühl des Wartens genau: Er musste mehr als sieben Jahre lang auf seine neue Niere warten. Das ist inzwischen 25 Jahre her, jetzt hat er ein Buch geschrieben, um aufzuklären. ( „Leben hoch zwei. Fragen und Antworten zu Organspende und Transplantation“) Im Video-Interview räumt der mit den g rößten Ängsten der Deutschen rund ums Thema Organspende auf.

Organspende
Organspende © medhochzwei | medhochzwei

Spahn-Vorschlag zur Organspende: „Niemand wird gezwungen“

„Niemand wird zur Organspende gezwungen“, sagt Burrack zum Beispiel über die sogenannte Widerspruchslösung, eine Gesetzesinitiative von Jens Spahn. Der Gesundheitsminister (CDU) hatte mit einer parteiübergreifenden Gruppe von Bundestagsabgeordneten vorgeschlagen, das Spenderprinzip umzudrehen: Wer zu Lebzeiten einer Organspende nicht widerspricht, soll in Zukunft automatisch als Spender gelten. Was Jens Spahns Widerspruchslösung bedeutet

Vielen geht der Gesetzesentwurf aber deutlich zu weit: „Wenn Spahns Widerspruchslösung kommt, gebe ich meinen Organspendeausweis ab“, sagte FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus unserer Redaktion.

Im Herbst wird der Bundestag über die Widerspruchslösung abstimmen, es gibt bereits einen Gegenvorschlag.

Organspende: Neuer Vorschlag sieht Bürger-Befragung vor

Organspender: Werden die Geräte schneller abgestellt?

Auch mit einer anderen Angst der Deutschen räumt Burrack auf: „Nein, die Geräte werden nicht früher abgestellt, bloß weil man Organspender ist“, sagt er. Im Gegenteil: Um einen Patienten für Hirntod erklären zu können, müssten die Ärzte eine umfangreiche Diagnose durchführen, die lange dauert. „Daher werden die Geräte tatsächlich länger angelassen, als wenn der Patient kein Spender ist“.

Organspende: Wenn Menschen aus dem Koma erwachen

Doch was ist mit Fällen wie der Frau, die kürzlich nach 27 Jahren aus dem Koma erwacht ist? Auch hier hatten die Ärzte kaum Hoffnungen, dass sich ihr Zustand besseren würde – und dennoch konnte sie Jahrzehnten plötzlich wieder kommunizieren. Was, wenn sie als Organspenderin in Frage gekommen wäre? „Diese Frau wäre niemals für Hirntod erklärt worden“, sagt Burrack. Daher wäre sie auch nie als Spenderin in Frage gekommen. Weitere Irrtümer zeigt das Video.