Berlin. Nach Vorstandsquerelen stimmt Alexander Doll einem Auflösungsvertrag zu. Verkehrsminister Scheuer spielte offenbar eine wichtige Rolle.

Eine Berater-Affäre, eine kriselnde Güter-Sparte und Machtkämpfe in der Führungsriege: Die Deutsche Bahn kommt nicht zur Ruhe. Jetzt muss Finanzvorstand Alexander Doll den Konzern verlassen. Sollte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn kein Veto einlegen, kehrt Doll der Bahn nach nur eineinhalb Jahren den Rücken.

Der frühere Banker hat bereits einen Aufhebungsvertrag unterschrieben. Eine entscheidende Rolle in diesem Machtkampf kommt offenbar auch Verkehrsminister Andreas Scheuer zu. Der CSU-Politiker hatte den Manager zu dem Schritt gedrängt, nachdem es im Vorstand zu erheblichen Querelen zwischen Doll und Bahnchef Richard Lutz gekommen war.

Bahn-Aufsichtsrat muss noch zustimmen

Auf einer Sondersitzung am kommenden Montag muss der Aufsichtsrat der Vertragsauflösung noch zustimmen. Ob das die Gewerkschaftsseite im Kontrollgremium aber auch tun wird, erscheint offen.

Sie pocht erst einmal auf eine Aufklärung aller Umstände, will aber zugleich endlich Ruhe im Konzern einkehren lassen.

Fest steht bereits: Billig wird eine Ablösung von Alexander Doll nicht. Doll kann mit einer Abfindung in Millionenhöhe rechnen. Über hohe Gehälter und Abfindungen von Managern war jüngst eine Diskussion entbrannt – die Bundesregierung verabschiedete daraufhin ein Gesetz, dass die Gehälter künftig deckeln soll.

Bahnchef Lutz könnte Dolls Posten interimsweise übernehmen

Das Verhältnis von Bahnchef Richard Lutz zu Alexander Doll war angespannt.
Das Verhältnis von Bahnchef Richard Lutz zu Alexander Doll war angespannt. © FMG | Beate Kranz

Wer den wichtigen Posten des Finanzchefs nun übernimmt, wurde am Freitag noch beraten. Wahrscheinlich wird Lutz das Ressort übergangsweise selbst übernehmen. Er war viele Jahre selbst Finanzvorstand und ist mit der Materie bestens vertraut.

Für einige Wochen ist auch die Güterverkehrssparte führungslos. Diese Sparte wurde bisher ebenfalls von Doll verantwortet. Allerdings hat der Aufsichtsrat kürzlich mit der bisherigen Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta, schon eine neue Chefin die das Cargogeschäft bestimmt.

Sie tritt den Posten am 1. Januar an. Das Ressort ist das größte Sorgenkind der Bahn, weil hier anhaltend hohe Verluste verzeichnet werden und alle bisherigen Sanierungsversuche ins Leere gingen. Allein in diesem Jahr wird der Güterverkehr wohl bis zu 300 Millionen Euro Verlust einbringen.

Wie unpünktlich ist die Deutsche Bahn wirklich?

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    War Scheuer der Treiber der Trennung?

    Wie es zu dem Zerwürfnis kam, darüber kursieren verschiedene Versionen. Die wahrscheinlichste deutet auf Scheuer als Treiber der Trennung hin. Das Verkehrsministerium hat gleich zwei Motive. Zum einen ärgert sich Scheuer schon lange über die desaströse Entwicklung im Güterverkehr.

    Zweitens ist es Doll nicht gelungen, die britische Bahntochter Arriva wie geplant zu veräußern. Die Gebote für das Nahverkehrsunternehmen blieben weit unter den erhofften drei bis vier Milliarden Euro. Inzwischen ist der Verkauf erst einmal abgesagt worden.

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    Scheuer drängt auch in Berateraffäre

    Doll habe den Aufsichtsrat über die Schwierigkeiten mit der Veräußerung im Unklaren gelassen und dem Gremium wichtige Finanzinformationen vorenthalten, heißt es aus Kreisen des Aufsichtsrates.

    Die Bahn steht derzeit ohnehin besonders im Fokus von Scheuer. So forderte der Verkehrsminister gegenüber dem Bundesrechnungshof, dass die Berateraffäre der Bahn „umfassend“ aufgeklärt werden müsste.

    Welche Rolle spielte Vekehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beim Aus von Finanzvorstand Alexander Doll?
    Welche Rolle spielte Vekehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beim Aus von Finanzvorstand Alexander Doll? © dpa | Christoph Soeder

    In der Berateraffäre geht es darum, dass ehemaligen Vorständen der Bahn Beraterverträge angeboten worden waren, ohne dass der Aufsichtsrat diesen zugestimmt habe. Eine solche Zustimmung ist im Aktienrecht aber zwingend vorgesehen.

    Auch setzte sich Scheuer dagegen ein, dass Bahn-Vorstände künftig eine Gehaltserhöhung von 185.000 Euro und mehr erhalten sollen.

    Auch im Bahn-Vorstand gab es Streit

    Doch nicht nur Scheuer drängte Doll offenbar auf dessen Rücktritt. Zoff gab es auch im Vorstand selbst. Lutz bat Doll im Sommer, das Finanzressort abzugeben und sich ganz auf das Cargogeschäft zu konzentrieren. Das lehnte Doll ab und brachte damit die Topetage im Bahntower gegen sich auf.

    Allerdings wird auch Lutz selbst immer wieder zur Zielscheibe von Kritikern, weil sich die Lage der Bahn nur langsam bessert. Deshalb hatte Scheuer den Vorstand zuletzt aufgefordert, bis Mitte November ein Konzept für mehr Fortschritte vorzulegen.

    „Bei mir steigt natürlich die Ungeduld, weil ich weiß, dass die Bürger etwas erwarten“, sagte Scheuer im Anschluss an einen Auftritt im Verkehrsausschuss des Bundestages am Freitag. Es gebe Verbesserungen, aber sie seien noch nicht genug. An eine Ablösung von Lutz denkt der Minister nicht. Der Vorstand bemühe sich, auf ein positives Gleis zu kommen, betonte Scheuer.