Berlin. Schnitzel und Steaks vom Schwein: Wie man künftig auf der Verpackung erkennen kann, ob die Tiere im Stall auch gut gehalten wurden.

Ob ein Tier ein besseres oder schlechteres Leben hatte, bevor es als Schnitzel oder Steak auf dem Teller landet, wird künftig auf der Verpackung zu sehen sein: Bundesagrarminister Cem ­Özdemir hat jetzt Eckpunkte für eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung vorgestellt.

Es sei ein Baustein, um die Tierhaltung „zukunftsfest“ zu machen, damit Landwirtinnen und Landwirte ein „gutes Einkommen“ erhalten, das Tierwohl geachtet, der Schutz der Biod­iversität und der Klimaschutz gewährleistet werde. Was soll sich ändern?

Tierhaltung: Für welches Fleisch gilt die Kennzeichnung?

Die Kennzeichnungspflicht soll zunächst nur für frisches Schweinefleisch (gekühlt, gefroren, verpackt oder unverpackt) gelten, das in Lebensmittelgeschäften, im Fleischereifachgeschäft, auf dem Wochenmarkt oder im Online-Handel zu kaufen ist. Danach soll die Pflicht auch für Rind, Milchvieh oder Geflügel eingeführt werden. Schwein ist mit 31 Kilo pro Kopf aktuell das meistverzehrte Fleisch in Deutschland, danach folgt Geflügel mit 13,1 Kilo sowie 9,4 Kilo Rind und Kalb. Geht es nach Özdemirs Plan, startet die Kennzeichnung im nächsten Jahr.

Interessant auch:Schweine im Stall: Greenpeace kritisiert TierkennzeichenTierhaltung: Wie ging es dem Schwein zu Lebzeiten?

Die Kennzeichnung weist fünf Haltungsformen aus. „Stall“ wird für eine Haltung stehen, die den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht. Bei „Stall+Platz“ soll das Schwein 20 Prozent mehr Platz haben, der Stall etwas komfortabler eingerichtet sein. „Frischluftstall“ heißt: Das Schwein hat 46 Prozent mehr Platz, eine Seite des Stalls ist offen.

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Bei „Auslauf/Freiland“ kann das Tier mindestens acht Stunden am Tag raus. Hinzu kommt die Stufe „Bio“. Wie die Tiere transportiert und geschlachtet werden, spielt für das Label keine Rolle, das soll gesetzlich geregelt werden. Wer gegen die Regeln verstößt, muss mit Bußgeldern rechnen.

Stall & Schweine: Werden alle Tiere künftig besser leben?

Die Tiere werden auf keinen Fall sofort glücklicher, doch nach und nach dürfte sich etwas verbessern. Das zeigt die Erfahrung. Schon im April 2019 haben die großen deutschen Handelskonzerne frei­willig ein vierstufiges Label eingeführt. Seit 2021 waren in den Supermärkten nach einer Greenpeace-Befragung noch 90 Prozent des Fleisches mit den unteren Haltungsformen 1 oder 2 gekennzeichnet.

Zudem haben etwa Aldi, Lidl, Rewe, Edeka und Penny angekündigt, ab 2030 nur noch Frischfleisch der Haltungsformen 3 und 4 zu verkaufen. Ein Grund: In Umfragen geben 92 Prozent der Deutschen an, dass es ihnen wichtig sei, wie Tiere gehalten werden.

Tierhaltungskennzeichen: Wer sträubt sich gegen das Label?

Die Bäuerinnen und Bauern sind in Bedrängnis. Die Zahl der Betriebe, die Schweine halten, sinkt schon jetzt: 2019 waren es noch 21.200 deutschlandweit, 2021 noch 18.800 – ein Rückgang um gut elf Prozent. Angesichts der hohen Energiepreise und der Inflation stehen die Bauern unter Druck.

Schweine erzielen derzeit kaum Gewinn, eher zahlt ein Betrieb noch drauf. Das Geld für einen Umbau der Ställe ist knapp. Allerdings stemmt sich niemand gänzlich gegen Özdemirs Plan. Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, sieht „einen ersten wichtigen Schritt, aber auch noch erhebliche Lücken“.

Tierhaltung: Steigt der Preis fürs Schnitzel?

Regierungsberater schlagen schon seit Längerem einen Aufschlag von 40 Cent pro Kilo Fleisch vor, damit Bauern für eine bessere Tierhaltung mehr Geld bekommen. Das will die FDP in der Ampelkoalition aber nicht, sie lehnt eine Abgabe und auch einen höheren Mehrwertsteuersatz ab.

Für Bäuerinnen und Bauern, die ihre Ställe nun tierfreundlicher umbauen, sind im Bundeshaushalt bis zum Jahr 2026 eine Milliarde Euro vorgesehen. Özdemir meint, das dies langfristig nicht reiche. Er versichert aber: „Wir lassen die Bauern nicht im Stich.“

Tiere oder Gemüse: Gibt es Alternativen zum Fleisch?

2021 wurden in Deutschland 98.000 Tonnen Lebensmittel hergestellt, die Fleisch oder Fleischprodukte durch pflanzliche Alternativen ersetzen – 17 Prozent mehr als 2020. Der Wert der Produkte belief sich auf 458 Millionen Euro. Dennoch: Der Umsatz mit Fleischprodukten lag 2021 bei 35,6 Milliarden Euro – also 80 Mal so viel als bei Fleischersatzprodukten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.