Braunschweig. Timo Keller über das Familienleben im Klimawandel. In dieser Folge von „Familienklima“ geht‘s um eine Umweltschutzmaßnahme, die nervt.

Falls Sie diese Kolumne nicht zum ersten Mal lesen, wissen Sie, dass ich Fan von großen, aber auch von kleinen Maßnahmen bin, die unser Leben hier auf diesem Planeten nachhaltiger machen. Hin und wieder kommt dann der Vorwurf, man würde ja alles nur „abnicken“, was so in Sachen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen im Umlauf ist – ob nun sinnhaft oder nicht. Die große Ideologie-Keule sozusagen. Frei nach der Logik: Weil ich Photovoltaik auf dem Dach für eine gute Idee halte, finde ich auch die Aktionen militanter Klimaaktivisten gut.

Das ist eine Fehleinschätzung. Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen werden umso besser akzeptiert und von der breiten Masse umgesetzt, desto leichter sie in den Lebensalltag der Menschen integriert werden können. Das klappt jedoch beileibe nicht immer. Ich vergleiche das gerne mit einem selbst gehäkelten Pullover von der Oma: Ich weiß zwar, dass der seinen Nutzen hat und mich warm hält. Aber er sitzt nicht richtig, er juckt und ist unangenehm zu tragen.

Der „Lass-mich-dran-Deckel“ schmälert den Trinkgenuss

Mein aktuelles Lieblingsbeispiel: der Verschluss einer Einweg-Flasche. Normalerweise geht Mehrweg vor, klar, aber manchmal kommt man ja unterwegs doch in die Situation, sich am Bahnhof oder an der Tankstelle noch etwas zu trinken zu besorgen, weil die Zunge so trocken ist. Seit einigen Monaten trinkt man dann „unter erschwerten Bedingungen“. Denn der Deckel geht nicht mehr ab, sondern bleibt mit einem dünnen Kunststoffring mit der Flasche verbunden. „Tethered Caps“ heißen diese Deckel auf Englisch, auf Deutsch wäre „Lass-mich-dran-Deckel“ eine mögliche Übersetzung.

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Wie auch immer wir das sprachlich lösen: Mit diesem Verschluss hadere ich. Er nervt einfach. Entweder man klappt ihn nicht weit genug um, sodass er beim Trinken wieder zurückklappt und man ihn wahlweise im Bart (falls vorhanden) oder auf der Nase hat. Oder man klappt den Verschluss zu weit um, dann hat man ihn eben doch in der Hand. Auch nicht im Sinne des Erfinders.

PET-Flaschen sorgen für viel Umweltverschmutzung an EU-Stränden

Dabei ist der Gedanke hinter der „Richtlinie zu Verschlüssen an Einweg-Getränkeverpackungen“, die die Europäische Union erlassen hat und die ab 2024 greift, ein guter. Bei der statistischen Erhebung von Müll an den Stränden der EU sei herausgekommen, dass 85 Prozent der Meeresabfälle Kunststoffe sind – und viele davon Deckel von PET-Einwegflaschen. Die Verordnung soll also dafür sorgen, dass mehr recycelt wird und weniger Kunststoffverschlüsse in den Meeren landen.

Also eine gute Sache und wieder ein kleiner Schritt in Richtung von mehr Umweltschutz. Deshalb werde auch ich meinen Frieden mit diesen Verschlüssen machen (müssen). Nerven tun sie trotzdem.

Haben Sie Ideen, Anregungen oder Kritik? Schreiben Sie mir: timo.keller@funkemedien.de.

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