Braunschweig. Telekom und O2 stellen ihre Technik um. Für manche Kunden ändert sich nichts, andere brauchen neue Geräte. Das kann teuer werden.

Unser Leser Jürgen Raschke fragt:

Kann ich auch noch telefonieren, wenn ich keinen Internet- Anschluss habe?

Die Antwort recherchierte Christina Lohner

Die Telekom stellt ihr gesamtes Netz schrittweise auf IP um, kurz für Internet-Protokoll-Telefonie. Die Technik ist auch unter dem Begriff „Voice over IP“ (VoIP) bekannt. Ende 2018 sollen alle Festnetz-Anschlüsse darauf umgerüstet sein. Alle Dienste, also Telefon, Internet und Fernsehen, laufen dann über dieselbe Technik. Was Kunden jetzt wissen müssen – und wie die Umstellung im Gegensatz dazu bei O2 abläuft:

Was passiert mit meinem Telekom-Vertrag?

Wer von der Umstellung betroffen ist, benötigt laut Telekom aus rechtlichen Gründen einen neuen Vertrag. Die betroffenen Kunden erhalten ein Schreiben mit der Kündigung des bisherigen Vertrags sowie einem Angebot für einen neuen Vertrag. Wer das neue Angebot nicht annehmen will, kann zu einem anderen Anbieter wechseln.

Der Kunde hat nach Angaben der Telekom viereinhalb Monate Zeit, über das Angebot nachzudenken. Falls er nicht rechtzeitig reagiere, werde er telefonisch, schriftlich oder über Serviceberater kontaktiert, erklärt eine Sprecherin. Doch nur wenige Ausnahmen hätten bisher keinen neuen Vertrag abgeschlossen.

Bin ich zu der Umstellung gezwungen?

Ja und nein. Die betroffenen Kunden müssen nicht auf die IP-Technik umstellen – allerdings müssen sie sich dann einen anderen Anbieter suchen. Die Telekom darf den Kunden kündigen, wie die Verbraucherzentrale erklärt. Denn zwar müsse die Telekom wegen ihrer Universaldienstverpflichtung einen Standard-Telefonanschluss anbieten. Doch es sei nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass dieser analog sein muss.

Kunden brauchen neben ihrem Telefon-Vertrag aber nicht zwingend einen Vertrag für die Internet-Nutzung, wie unser Leser offenbar befürchtet. Wer weiterhin nur telefonieren will, braucht auch nur einen Vertrag. Allerdings lässt sich in Zukunft nur noch digital telefonieren.

Kann ich bei einem anderen Anbieter noch einen analogen Anschluss erhalten?

Die Umstellung auf digitale Technik erfolgt in der ganzen Branche. Kathrin Körber, Referentin für Telekommunikation bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, ist kein Anbieter bekannt, bei dem sich jetzt noch ein Vertrag für einen analogen Anschluss abschließen lässt. Manche Anbieter nutzten fürs Telefonieren statt IP zwar Fernseh-Leitungen oder Funk, wie Körber erklärt, etwa Vodafone, wozu auch Kabel Deutschland gehört, oder der örtliche Versorger EWE aus Oldenburg. Doch auch diese Technik ist digital. Vodafone bietet seinen Kunden jedoch an, seinen ISDN-Anschluss noch bis 2022 weiterzunutzen.

Was muss ich tun, wenn ich nur einen analogen Festnetz-Anschluss mit einer Telefonnummer habe?

Im besten Fall gar nichts. In diesem Fall geschieht die Umstellung im Hintergrund, worüber die Telekom per Brief informiert. Ein neuer Vertrag ist hier auch nicht nötig.

Das Telefon muss allerdings IP-fähig sein – was nach Angaben der Verbraucherzentrale Niedersachsen die meisten Geräte bereits sind. Wer aber zum Beispiel noch einen Apparat mit Drehscheibe nutzt, muss sich nach einem neuen umsehen. Aufschluss gibt die Bedienungsanleitung oder die Telekom unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 55 11 500.

Was, wenn ich einen Internet-Anschluss plus Festnetz habe?

Der Router muss mit dem Annex-J-Standard umgehen können, das Telefon IP-fähig sein. Die meisten Telefone sind laut Telekom und Verbraucherzentrale schon IP-fähig. Und „viele Kunden haben den passenden Router schon heute zuhause“, sagt die Telekom-Sprecherin. Laut Verbraucherzentrale ist aber auch häufig ein neues Gerät nötig. Aufschluss gibt jeweils die Bedienungsanleitung oder die kostenlose Hotline 0800 55 11 500.

Was, wenn ich ISDN nutze?

Bei einem ISDN-Anschluss ist laut Verbraucherzentrale in jedem Fall ein neuer Router und ein neues Telefon nötig.

Was, wenn ich keinen Brief von der Telekom erhalte?

Wer überhaupt keinen Brief erhält, telefoniert wahrscheinlich schon übers Internet – womöglich ohne sich dessen bewusst zu sein. Wer in den vergangenen Jahren einen Vertrag bei der Telekom abgeschlossen hat, nutzt bereits die neue Technik. In diesem Fall bleibt alles wie bisher.

Was kostet mich das?

Nach Angaben der Verbraucherzentrale bleiben die Kosten fürs Telefonieren gleich. Der Kunde werde für seine heutigen Leistungen in der Regel keinen Cent mehr bezahlen, verspricht die Telekom-Sprecherin. Es entstehen also nicht automatisch höhere Kosten. Wer jedoch neue Geräte braucht, für den können bis zu mehrere hundert Euro fällig werden.

Wer mit dem Anschließen der neuen Technik trotz Anleitung und zum Beispiel telefonischer Hilfe nicht allein zurecht kommt, muss zusätzlich mit Kosten für einen Techniker rechnen, laut Verbraucherzentrale bis zu 100 Euro. Das kritisieren die Verbraucherschützer und fordern stattdessen eine kostenlose Installation durch die Telekom.

Die entstehenden Kosten ärgerten durchaus Kunden, berichtet Körber. Die Verbraucherzentrale rät dazu, die Tarife der unterschiedlichen Anbieter zu vergleichen. Andere Anbieter werben, von der Telekom zu ihnen zu wechseln. Die Telekom bewerbe ihrerseits offensiv Kombipakete, zum Beispiel mit Mobilfunk oder Fernsehen, was insgesamt mehr kostet.

Immerhin: Je nach Verfügbarkeit bekommen Telekom-Kunden zum gleichen Preis schnelleres Internet. ISDN-Kunden, die bisher einen Aufpreis für mehrere Nummern zahlten, kommen günstiger weg.

Soll ich einen Router mieten oder kaufen?

Bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren lohnt es sich nach Ansicht der Verbraucherzentrale, über einen Kauf nachzudenken. Denn günstige Einsteiger-Geräte gebe es ab 60 Euro. Ein Mietgerät habe nur den Vorteil, dass nach Ablauf der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren die Telekom für Austausch oder Reparatur zuständig sei.

Der Router muss auch nicht bei der Telekom gekauft werden. Fast alle derzeit im Handel erhältlichen Router eignen sich laut Verbraucherzentrale.

Welche Vorteile hat die neue Technik?

Nach Angaben der Telekom ermöglicht sie eine schnellere Internetverbindung. Auch die Sprachqualität beim Telefonieren kann sich verbessern. Voraussetzung ist laut Verbraucherzentrale allerdings, dass beide Gesprächsteilnehmer über IP telefonieren sowie HD-Telefone nach dem Standard G.722.

Welche Nachteile hat die neue Technik?

Kunden berichteten der Verbraucherzentrale Niedersachsen von einer schlechteren Telefonverbindung, etwa von Unterbrechungen oder abgehackten Sätzen. „Wenn die Datenautobahn voll ist, ist das wie bei einem Stau auf der Autobahn“, erklärt Körber.

Bei Störungen empfiehlt die Referentin bei allen Anbietern, diese zu melden sowie genau zu protokollieren, auch mit welchen Mitarbeitern der Kunde gesprochen hat. Wer mit seinem Problem per Telefon-Hotline nicht weiterkommt, solle eine E-Mail oder einen Brief schreiben und eine Frist von einer Woche setzen. Falls sich die Störungen weiter hinziehen, sei eine neue Frist von 14 Tagen hilfreich – und die außerordentliche Kündigung anzudrohen.

Bei einem Stromausfall ist bei der neuen Technik auch die Telefonverbindung betroffen. Wer zum Beispiel einen Hausnotruf oder eine Alarmanlage darüber nutzt, sollte sich laut Verbraucherzentrale bei diesen Anbietern erkundigen. Viele hätten sich aber bereits darauf eingestellt, sodass der Service auch bei Stromausfall funktioniert, etwa durch eine Batterie. Die Hausnotrufe über rein analoge Anschlüsse sollen laut Telekom auch nach der Umstellung noch funktionieren.

Ich bin O2-Kunde. Wie läuft die Umstellung hier ab?

Bei O2 läuft die Umstellung nach Angaben einer Sprecherin seit 2015 und soll im ersten Quartal 2019 abgeschlossen sein. Die laut Unternehmen wenigen betroffenen Kunden würden angeschrieben. Ein neuer Vertrag sei aber nicht nötig – ebensowenig die Zustimmung der Kunden, da die im Vertrag beschriebenen Leistungen „technologie-neutral“ zur Verfügung gestellt werden.

Allerdings muss das Telefon IP-fähig sein. Wer einen neuen Router braucht, bekommt diesen kostenlos zugeschickt. Der Kunde kann auch einen eigenen Router nutzen, solange dieser den Annex-J-Standard unterstützt.

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