Wolfsburg. Bisher wurden 10 Prozent der „Dieselgate“-Autos umgebaut. Die Grünen fordern ein europäisches Zulassungsamt.

Diesel-Umrüstung

Der Abgas-Skandal von VW wurde vor mehr als einem Jahr bekannt. Seit Anfang des Jahres hat der Konzern nach und nach die Freigabe für die Umrüstung der etwa 2,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erhalten. Bis auf wenige 2-Liter-Modelle steht nur noch die Freigabe für die 1,6-Liter-Modelle aus. Und doch hat der VW-Konzern erst knapp zehn Prozent der betroffenen Fahrzeug-Halter in Deutschland dazu motivieren können, den Gang in die Werkstatt anzutreten. Dabei wollte VW die Umrüstungen für alle in Europa betroffenen Autos noch dieses Jahr weitgehend beenden.

Die Zahlen zur Umrüstung gehen aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ berichtet.

Stephan Kühn, Grünen-Verkehrsexperte im Bundestag, hatte die Anfrage an die Bundesregierung zusammen mit anderen Abgeordneten gestellt. Er sagte: „Der Abschluss der Umrüstungen steht weiter in den Sternen.“ Kühn kritisiert die generelle Haltung der Bundesregierung, denn, so seine Sicht: „Was nach der Umrüstung geschieht, bleibt schleierhaft: Die Bundesregierung drückt sich um die Beantwortung der Frage, ob die Grenzwerte auch nach künftigen Software-Updates eingehalten werden.“

Ein VW-Sprecher hingegen betonte mit Blick auf die schleppende Umrüstung, dass diese jetzt erst so richtig Fahrt aufnehme. Der Konzern habe beim Kraftfahrt-Bundesamt für einzelne Modelle – die Experten sprechen von Clustern – jeweils eine Freigabe einholen müssen. Das dauere eben. Hinzu komme, dass nach der Freigabe durch das KBA weitere Wochen vergehen würden, bis die Werkstätten die entsprechende Software vorliegen haben.

Alleine bei den 2-Liter-Modellen, wie dem Amarok, dem Passat oder dem Golf, gibt es

11 Cluster. Für 10 Cluster hat das KBA die Freigabe erteilt. Die 2-Liter-Modelle bilden den Großteil der vom Abgas-Skandal betroffenen Autos des Konzerns.

Ernüchternd ist nicht nur die Umrüstungs-Bilanz von VW, sondern auch die anderer Hersteller. Nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals von VW prüfte das KBA weitere Modelle, unter anderem den Opel Zafira, Insignia und Cascada, die A-Klasse, B-Klasse und V-Klasse von Mercedes. Auch hier gab es auffällig hohe Stickoxid-Werte. Unter den insgesamt 600 000 zusätzlich beanstandeten Fahrzeugen befinden sich erneut Modelle aus dem VW-Konzern, etwa der Porsche Macan oder der Q5 von Audi. Nach einem „freiwilligen“ Rückruf dieser Fahrzeuge sollten die Hersteller verbesserte Abgas-Konzepte vorlegen. Lediglich bei Porsche läuft die Umrüstung an. „Mit Ausnahme des Macan, für den (vom KBA) noch keine Freigabe erteilt worden ist, dauern die Prüfungen noch an“, teilte das Bundesverkehrsministerium in der Antwort auf die Anfrage der Grünen mit.

Auch ausländische Modelle beanstandete das KBA. Dazu zählen Autos ausländischer Hersteller wie Fiat, Renault oder Suzuki. Hier kann das Ministerium keine Zahlen liefern, weil das KBA als Genehmigungsbehörde nicht zuständig ist. Vor allem diese ausländischen Hersteller weigern sich bisher, Konzepte für eine bessere Abgas-Lösung vorzulegen.

Dass damit viele Diesel-Fahrzeuge deutscher und ausländischer Hersteller weiter mit viel zu hohen Stickoxid-Werten auf den Straßen unterwegs sind, führt Grünen-Politiker Kühn auch darauf zurück, dass die Politik zu Milde mit den Herstellern umgehe. „Nun rächt es sich, Autos nur freiwillig zurückzurufen und keine Sanktionsmittel in der Hand zu haben“, sagte Kühn. „Der freiwillige Rückruf reicht hinten und vorne nicht aus.“ Es seien zu viele „Dreckschleudern“ auf deutschen Straßen unterwegs.

Kühn fordert daher eine europäische Zulassungsbehörde. „Nur so können Hersteller auch über Landesgrenzen hinweg in die Pflicht genommen werden“, sagte der Bundestagsabgeordnete unserer Zeitung. „Eine europäische Behörde hilft auch dabei, unterschiedliche Rechtsauffassungen und Maßstäbe bei der Genehmigung von Beginn an zu vermeiden.“