Heidelberg. Getränkekartons belasten die Umwelt laut einer neuen Studie oftmals weniger als Glasflaschen. Das gilt besonders bei einem Getränk.

Wer beim Getränkekauf an die Umwelt denken und auf Nachhaltigkeit setzen will, kann in vielen Fällen guten Gewissens zum Getränkekarton greifen. Das geht aus einer Studie hervor, die das Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg im Auftrag des Fachverbandes „Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel“ erstellt hat.

Umweltbewusste Verbraucher machen der Studie zufolge nichts falsch, wenn sie Milch im Getränkekarton statt in der Glasflasche kaufen. Und auch beim Einkauf von Säften und Fruchtnektaren sind Kartons unter Umweltgesichtspunkten keine schlechte Wahl.

Getränkekarton ist bei Frischmilch am umweltfreundlichsten

Das Ergebnis der Studie: Gerade bei Frischmilch ist der Getränkekarton erste Wahl. In sieben der acht in der Ökobilanz untersuchten Kategorien – wie Klimawandel, Versauerung oder Feinstaub – schnitt der Getränkekarton hier besser ab als die Mehrwegflasche. Ein Grund: Jede Mehrwegflasche Frischmilch muss in Deutschland im Schnitt 1231 Kilometer transportiert werden – 779 Kilometer mehr als ein Milch-Karton. Zudem ist bei Kartons das Verpackungsgewicht im Vergleich zum Inhalt geringer.

Nicht ganz so eindeutig ist die Lage bei Fruchtsäften und -nektaren. Hier gibt es im Vergleich der Ökobilanzen von Getränkekartons und Mehrwegflaschen Licht und Schatten auf beiden Seiten. Der 1-Liter-Getränkekarton zeige keine signifikanten Vor- oder Nachteile gegenüber der Mehrwegflasche, der 1,5-Liter-Getränkekarton dagegen „ein insgesamt vorteilhaftes Bild“, heißt es in der Studie.

Durchweg am schlechtesten schnitten bei dem Verpackungsvergleich die PET-Einwegflaschen ab. Gründe sind der hohe Verbrauch an fossilen Rohstoffen bei der Produktion der Verpackung sowie schlechte Recyclingraten. Vor allem bei Fruchtsäften würden PET-Flaschen überwiegend aus einem Verbund aus PE und Polyamid hergestellt und gingen daher oft in die thermische Verwertung, betonten die Forscher.

Institut untersuchte Transportwege über ein Jahr hinweg

Ein Sprecher des Umweltbundesamts (UBA) bestätigte auf Anfrage, dass die Studie „die durchschnittlichen deutschen Verhältnisse“ gut abbilde, weswegen das Ergebnis auch aussagekräftig sei. Bei Milch und Fruchtsäften hätten Getränkekartons hohe Marktanteile. In Mehrwegflaschen würden sie dagegen seltener angeboten, deswegen seien die Transportwege oft weit. „Bei einem größeren und optimierten Mehrwegangebot würden Mehrwegsysteme entsprechend besser abschneiden – wie es bei pfandpflichtigen Getränken auch der Fall ist“, sagte der Sprecher.

Das Heidelberger Institut hat auf dem Weg zu diesen Ergebnissen ein Jahr lang die gängigsten Getränkeverpackungen von Saft, Frischmilch und H-Milch – Mehrweg-Glasflaschen, PET-Flaschen und Getränkekartons – auf ihren ökologischen Fußabdruck untersucht. Untersucht wurde im Rahmen der Ökobilanz der gesamte Weg der Verpackung – von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung beziehungsweise dem Recycling.

Umweltsünde Coffee to Go - Deshalb wird der Einweg-Becher jetzt teurer

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    Experten sehen in Studie wichtigen Beitrag zur Debatte

    Einbezogen wurden zudem alle Transporte. Nach Angaben der Verfasser handelt es sich um die erste Verpackungsökobilanz, die nach den neuen Mindestanforderungen des UBA erstellt wurde. Das Freiburger Öko-Institut bewertete die Studie nach einer kritischen Prüfung bereits als einen wichtigen fachlichen Beitrag zur Diskussion über Getränkeverpackungen.

    Der wissenschaftliche Leiter der Studie, Benedikt Kauertz, betonte, der Getränkekarton sei durch den hohen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen im Verpackungskörper „eine Art Windrad unter den Getränkeverpackungen“ – noch mit Optimierungspotenzial, aber schon jetzt gut für das Klima.

    Eine anderes vermeintlich umweltschonendes Produkt für den Getränketransport fiel in diesen Tagen hingegen bei der Stiftung Warentest durch: Die Tester nahmen Bambusbecher für den Coffee-to-go unter die Lupe – mit ernüchterndem Ergebnis. Sieben der zwölf Produkte setzten bei heißen Flüssigkeiten zu hohe Schadstoffmengen frei, darunter auch die Becher von Aldi Nord und Ikea.

    Kunststoff in der Gelben Tonne entsorgen

    Unser Müll lässt sich laut Der Grüne Punkt in fünf Kategorien einteilen: Leichtverpackungen (LVP) aus Kunststoff, Aluminium, Weißblech oder Verbundmaterialien wie Getränkekartons, Behälterglas (also keine Trinkgläser, kein Flachglas), Papier/Pappe/Karton, Restmüll und Bioabfall. Getränkekartons gehören wie zum Beispiel auch Buttermilchbecher, Butterwickler und Spraydosen in den Gelben Sack. (dpa/ba/msb)