Berlin. Bewertungsportale für Pflegedienste sind oft wenig aussagekräftig. Aber es gibt einige Tipps, an die sich Angehörige halten können.

Das pflegerische Credo in Deutschland lautet: Ambulant vor stationär. Zuhause vor Heim. Die Zahl der Menschen, die in den eigenen vier Wänden von Angehörigen und Pflegediensten versorgt werden, ist seit 2003 um 84 Prozent gestiegen – auf rund 830.000 Menschen. Entsprechend viele ambulante Pflegedienste gibt es auf dem Markt. Doch wie gut sie arbeiten, ist für medizinische Laien häufig schwer zu erkennen.

Die Noten, die der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) vergibt, bewegen sich meist im Bereich „sehr gut“ und sind laut Experten wenig aussagekräftig. Das soll sich nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zwar ändern. Nur wann, weiß niemand genau. Doch Angehörige können bei der Suche nach einem guten Pflegedienst einiges beachten.

Wie beginnt die Suche nach einem geeigneten Pflegedienst?

Bevor überhaupt ein Erstgespräch mit einem Pflegedienst geführt wird, müssen sich der Pflegebedürftige und seine Angehörigen mit vielen Fragen auseinandersetzen, sagt Felizitas Bellendorf, Pflegeexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Die Angehörigen müssen sich im besten Fall gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen überlegen, welche Anforderungen ein ambulanter Pflegedienst in Abhängigkeit des jeweiligen Pflegegrades erfüllen sollte.“

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    Welchen Anteil an der Pflege übernehmen die Angehörigen? Soll der Pflegedienst nur bei der Grundpflege helfen, also zum Beispiel die Körperpflege übernehmen? Wird auch Hilfe im Haushalt benötigt oder wäre sogar eine Betreuung darüber hinaus wichtig? „Wenn ich eine pflegende Ehefrau oder ein pflegender Ehemann bin, kann es mich sehr entlasten, wenn jemand zum Beispiel mit meinem Partner auch mal spazieren geht oder ihm etwas vorliest“, sagt Bellendorf.

    Auch ganz konkrete Dinge sind wichtig. Etwa die Frage, ob Mutter oder Vater von einem Mann oder einer Frau gepflegt werden möchten. Ob der Pflegebedürftige gerne lange schläft oder meist schon früh wach ist und auch entsprechend früh einen Pflegedienst empfangen kann.

    Die Anforderungen sind geklärt – wie geht es weiter?

    Es gibt unzählige ambulante Pflegedienste in Deutschland. Welcher nun gut oder schlecht ist, die Anforderungen des Pflegebedürftigen erfüllt oder nicht, ist für Angehörige nicht leicht zu erkennen. Felizitas Bellendorf empfiehlt deswegen, einen der lokalen Pflegestützpunkte oder andere kommunale Beratungsstellen aufzusuchen.

    „Die kennen die Dienste in der Nähe meist sehr gut“, sagt die Pflegeexpertin. Auch die Rücksprache mit dem ansässigen Hausarzt könne sich lohnen, sagt Anja Kriese, Leiterin eines Pflegedienstes in Thüringen. „Er kann von seinen Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Diensten erzählen.“ Und sie rät: „Gehen Sie dann auch mal bei den Pflegediensten, die Sie sich ausgesucht haben, vorbei und verschaffen sich einen persönlichen Eindruck.“

    Auf welche Aspekte sollten Angehörige besonderen Wert legen?

    Zwar sind die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen sehr unterschiedlich, doch es gibt Aspekte, die alle betreffen. „Das ist zum Beispiel die Fachkraftquote“, sagt Anja Kriese. Also wie viele Pflegefachkräfte, wie viele examinierte Krankenpfleger und -Schwestern oder Altenpfleger gibt es bei dem Dienst, die auch Aufgaben wie Wundversorgung übernehmen können?

    Wie viele Pflegehilfskräfte gibt es und wie häufig werden diese geschult? Gibt es Mitarbeiter, die für den Umgang mit Menschen mit Demenz geschult sind? „Wir haben zum Beispiel eine eigene Praxisanleiterin, die mehrfach im Jahr Schulungen zu medizinischen Themen anbietet“, sagt Kriese.

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    Doch verpflichtend sei so etwas nicht. Auch eine feste Fachkraftquote ist nicht vorgeschrieben. „Unsere Quote beträgt 60 bis 70 Prozent, und das würde ich auch mindestens empfehlen“, sagt Kriese. Pflegeexpertin Bellendorf von der Verbraucherzentrale rät, nach der Qualifikation der betreuenden Pflegekraft zu fragen und mit dem Pflegebedarf abzugleichen. Wird etwa die Wundversorgung durch eine Pflegefachkraft durchgeführt?

    Wichtig sei auch, dass es eine sogenannte Bezugspflege gibt, sagt Bellendorf. Ob es also eine feste Pflegekraft gibt, die in den meisten Fällen kommt. „Es ist klar, dass nicht immer dieselbe Person kommen kann. Wir haben in Deutschland schließlich ein Arbeitszeitgesetz.“ Aber die Zahl der Personen sollte schon überschaubar sein. Zusätzlich sollte es einen festen Ansprechpartner für die Belange der Angehörigen geben.

    Was ist bei der Hygiene zu beachten?

    Zu einem guten Qualitätsmanagement gehört auch ein Hygienemanagement. „Das sollte eigentlich Standard sein“, sagt Bellendorf. „Aber ich rate Angehörigen: Fragen Sie danach. Lassen Sie es sich erklären.“ Die wichtigsten Hygieneregeln sind Handschuhe und Desinfektion. „Ich ziehe zu jedem Hausbesuch Handschuhe an und lasse sie auch die ganze Zeit an“, sagt Kriese.

    Zu Anfang seien manche Kunden etwas irritiert, „aber ich erkläre ihnen, dass es nichts damit zu tun hat, dass ich mich vor ihnen schützen möchte, sondern umgekehrt: Ich will keine Erreger weitergeben.“ Vor Ort seien die Pflegekräfte natürlich auch der häuslichen Hygiene ausgeliefert, „daran können wir aber kaum etwas ändern“.

    Wie ist der beste Umgang mit Missständen?

    Stellen Angehörige oder der zu Pflegende zum Beispiel hygienische Mängel fest, ist der erste Schritt eine Aussprache mit der jeweiligen Pflegekraft, sagen die Expertinnen. „Dadurch gibt es erst einmal die Möglichkeit, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen“, sagt Kriese.

    Und im besten Fall gebe es ja einen festen persönlichen Ansprechpartner, sagt Bellendorf: „Wer aber unsicher ist, ob er tatsächlich einen Missstand festgestellt hat, kann sich auch erst einmal an einen Pflegestützpunkt oder seine Pflegekasse wenden und um Rat fragen.“

    Was können Angehörige tun, um sich fortzubilden?

    Es gibt Pflegekurse speziell für Angehörige, zu denen Felizitas Bellendorf von der Verbraucherzentrale auch rät. „Denn wichtig ist für die Angehörigen nicht nur das, was sie dort ganz praktisch lernen, sondern auch der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen.“

    Viele würden erst einmal vor einem solchen Kurs zurückschrecken, weil sie ohnehin schon überlastet sind, „aber es hilft“. Wer interessiert sei, könne sich bei der Pflegekasse, bei den Pflegestützpunkten oder Wohlfahrtsverbänden informieren.