Offenbach. Hyundai schickt mit seinem Nexo ein neues Wasserstoff-SUV ins Rennen. Seine Alltagstauglichkeit überzeugt, aber ein Haken bleibt.

Vor zehn Jahren hatte Mercedes das Thema Wasserstoff (H ganz oben auf der Agenda. Eine Weltumrundung mit drei Brennstoffzellen-B-Klassen sollte Startschuss für eine neue Antriebs-Ära sein, allein: Kaufen kann man bei Daimler bis heute kein einziges H2-Fahrzeug, und wann es den angekündigten GLC F-Cell gibt, ist offen. Derweil zieht ein anderer Hersteller auf der Überholspur vorbei: Im August bringt Hyundai mit dem ­Nexo die zweite Generation seines bis dato ix35 F-Cell genannten Wasserstoff-SUV auf die Straße – für 69.000 Euro.

Diese Summe, die bereits 180 Besteller für den Nexo auf den Tisch legten, sind für ein 4,67 Meter langes Mittelklasse-SUV eine Stange Geld. Im überschaubaren Marktumfeld stehen die Koreaner aber bestens da: Der erwähnte Benz soll um die 100.000 Euro kosten, und der einzige ernst zu nehmende Mitbewerber, der Toyota Mirai, ist auch knapp 10.000 Euro teurer als der Hyundai.

Dazu fahren die Japaner mit einer raumschiffartigen Limousine vor, die den Nerv der Zeit deutlich weniger trifft als der Hyundai-Hochbeiner, der sich vor allem durch die LED-Leiste im Kühlergrill und die auffälligen Rückleuchten von seinen Markenbrüdern unterscheidet. Hingucker: versenkbare Türgriffe, die der Aerodynamik dienen, wie auch die durchströmten D-Säulen oder der unterm Heckspoiler versteckte Scheibenwischer an der Rückscheibe.

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    Im teilweise mit recycelbaren Materialien aus Mais, Soja und Zuckerrohr ausgestatteten, ordentlich verarbeiteten Innenraum wandelt der Nexo zwischen zwei Welten: Das Kombiinstrument ist in der Zukunft angekommen, arbeitet volldigital und blendet beim Abbiegen sogar eine Kameraansicht des toten Winkels ein. Die Mittelkonsole unterhalb des 12,3-Zoll-Navi-Infotainment-Touchscreens wirkt dagegen wie aus einer anderen Zeit; als hätte Hyundai all die billigen Plastikschalter und -knöpfchen, die andernorts aus den Autos verbannt wurden, in den Nexo gesteckt.

    Im Süden Urlaub machen ist nicht möglich

    Dazu macht sich die Steuereinheit mächtig breit zwischen Fahrer und Beifahrer. Die Fond-Passagiere haben es besser, sie reisen auf der umklappbaren Rückbank kommod und merken nicht, dass sie auf den drei vor und hinter der Achse verbauten Wasserstofftanks sitzen. Die schränken auch den Kofferraum kaum ein: Mit 461 bis 1466 Litern gehen zwar knapp 100 Liter weniger rein als in Audi Q5 und Co., aber genug für die Urlaubsreise.

    Der steht eher das lückenhafte Tankstellennetz im Weg: Derzeit gibt es in Deutschland gut 40 öffentliche Wasserstoff-Zapfsäulen, 80 sollen es bis zum Jahresende werden. Damit wäre die Reise durch die Republik problemlos machbar, schließlich kommt der Nexo mit einer 6,33-Kilogramm-Tankfüllung nach NEFZ gemessen bis zu 750 Kilometer weit; das praxisnähere WLTP-Verfahren bescheinigt dem Koreaner absolut alltagstaugliche 666 Kilometer Reichweite.

    Wer ins Ausland will, sollte eher Skandinavien-Fan sein: In Dänemark, Schweden und Norwegen befinden sich einzelne Tanken, jenseits der Paris-Bozen-Graz-Linie ist H2-Ebbe.

    Kosten liegen bei etwa zehn Euro pro 100 Kilometer

    Das Wasserstoff-Auto bleibt also auch 2018 eine Alternative für Pioniere, die jedoch deutlich weniger Kompromisse in Kauf nehmen müssen als Batterieelektrofahrer. Wer in seiner Stadt oder entlang seiner Pendelstrecken eine H2-Tankstelle hat, kann problemlos stromern, ohne immer mehrere Stunden an der Ladesäule zu verbringen. Nur fünf Minuten dauert es, bis die Carbon-Gasflaschen wieder voll sind.

    Allerdings fährt man teurer als mit Strom aus der Steckdose: Rund 60 Euro werden für eine Tankfüllung fällig, also knapp zehn Euro für 100 Kilometer. Damit liegt der Nexo auf Benziner-Niveau, ist aber deutlich sauberer.

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      Bei der Umwandlung des Wasserstoffs in Strom entstehen weder CO2 noch Stickoxide oder Rußpartikel – nur Wasserdampf. Dass die Umweltbilanz nur dann wirklich rein ist, wenn der Wasserstoff aus erneuerbarer Energie gewonnen wird und nicht wie heute häufig aus Erdgas, steht auf einem anderen Blatt.

      Bei 179 km/h surrt der Koreaner nur leise vor sich hin

      Ansonsten fährt sich der Nexo wie jeder Stromer. Kein Wunder, die Technik ist abgesehen von der On-Board-Energieerzeugung mittels Platinmem­branen in der 95-kW-Brennstoffzelle identisch: Der hergestellte Strom treibt einen bis zu 120 kW/163 PS starken E-Motor an, der Kraft an die Vorderräder abgibt.

      Überschüssige Energie wird zusammen mit dem beim Bremsen erzeugten Strom in einer 1,56-kWh-Batterie zwischengelagert. Mit maximal 395 Newtonmetern tritt der Nexo zackig an, auch bei Zwischensprints zieht er flott durch. Auf Tempo 100 spurtet der ­Hyundai in unter zehn Sekunden, maximal läuft der Koreaner 179 km/h – und surrt dabei nur leise vor sich hin.

      Die Lenkung arbeitet deutlich präziser als bei manch anderem Hyundai-Hochbeiner, und der dank Batterie und Tanks recht tiefe Schwerpunkt erlaubt auch flottere Richtungswechsel, ohne dass das SUV aus der Ruhe gerät. Neue Maßstäbe setzt der Nexo bei den Assistenzsystemen: Der Koreaner lenkt und bremst nicht nur im erlaubten Rahmen von allein und überwacht rundum die Umgebung. Er lässt sich sogar per Fernbedienung von außen ein- und ausparken – was eigentlich deutlich futuristischer ist als der Wasserstoffantrieb.