Rasnov. Die anstrengende Reise nach Rasnov so kurz vor der WM dahoam soll sich für Karl Geiger lohnen. Sportlich läuft es deutlich besser als zuletzt. Der Bundestrainer ist vor dem Saison-Highlight optimistisch. Als Top-Favorit reist jedoch keiner seiner Springer nach Oberstdorf.

Der finale WM-Countdown begann für die deutschen Skispringer mit einer langen Reise. Am Sonntag ging es für Karl Geiger, Markus Eisenbichler und ihre Kollegen mit dem Flugzeug erst von Bukarest nach Wien und von dort mit dem Auto weiter gen Heimat.

Trotz der Strapazen so kurz vor dem Saisonhöhepunkt in Oberstdorf ist sich Stefan Horngacher sicher: Der Trip nach Rumänien hat sich gelohnt. Von einem "Wahnsinns-Schritt vorwärts" sprach der Bundestrainer - und hatte vor allem in Bezug auf Skiflug-Weltmeister Geiger recht.

Mit Platz drei im Einzel und einem starken Sprung beim fünften Rang im Mixed-Wettbewerb verschaffte sich der zuletzt hadernde Allgäuer das dringend benötigte Erfolgserlebnis. "Ich nehme wieder eine größere Portion Selbstvertrauen mit als aus den letzten Wochen", sagte Geiger und auch Horngacher glaubt: "Für Karl war das extrem wichtig." Der Podestplatz von Rasnov helfe Geiger "im Hinblick auf die WM schon sehr."

Dass ein dritter Rang, bei dem Geiger zudem vom Ausschluss des eigentlichen Siegers profitiert hatte, ein solch positives Feedback auslöst und Geigers Laune derart verbessert, zeigt, wie schlecht es bei den sonst so erfolgsverwöhnten deutschen Springern zuletzt lief. In den Wochen nach der Vierschanzentournee hatte Geiger deutlich nachgelassen und zuletzt sogar zweimal den zweiten Durchgang der besten 30 Springer verpasst. Auch Eisenbichler konnte sein riesiges Potenzial längst nicht immer abrufen. Regelmäßig ließ der emotionale Bayer seinem Frust fluchend freien Lauf.

"Er darf es nicht erzwingen und mit zu viel Emotionen reingehen", sagte Horngacher der Deutschen Presse-Agentur. Anders als bei Geiger klappte es bei dessen Kumpel Eisenbichler bei der WM-Generalprobe nicht mit einem Erfolgserlebnis im Wettkampf. Im Einzel wurde "Eisei" wegen eines zu großen Sprunganzugs disqualifiziert, im Mixed blieb ihm nur die Zuschauerrolle.

Große Sorgen macht sich Horngacher dennoch nicht. "Er ist absolut in einer Verfassung, dass man mit guter Erwartung zur Weltmeisterschaft fahren kann", sagte der Österreicher. Er hofft, dass Eisenbichler der Dreifach-Triumph bei der WM vor zwei Jahren in Seefeld Sicherheit gibt und ihn nicht zusätzlich unter Druck setzt. "Er muss es so angehen, dass er nichts zu verlieren hat. Er kann nur gewinnen", sagte Horngacher, der Eisenbichler die erfolgreiche Verteidigung des Großschanzen-Einzeltitels zutraut.

Top-Favorit auf Gold sind allerdings weder Eisenbichler noch Geiger. Dafür ist der souveräne Gesamtweltcupführende Halvor Egner Granerud aus Norwegen einfach zu konstant und die internationale Konkurrenz insgesamt zu stark. Das Ziel, in jedem Wettkampf um das Podest mitzuspringen, ist realistisch. Ein Medaillen-Festival wie in Tirol ist es eher nicht - viermal Gold und zweimal Silber holten die deutschen Skispringerinnen und Skispringer damals.

Bevor sie sich für ihre diesjährige Mission bei der WM dahoam wiedersehen, steht nun Erholung im Miniformat auf dem Programm. Zwei Nächte im eigenen Bett schlafen, Kraft tanken, dann geht's schon ins Teamhotel nach Oberstdorf. Am kommenden Sonntag ist der Mixed-Wettkampf der WM-Auftakt für die Männer.

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