München. Für Joshua Kimmich gehen die Bayern-Bosse auch in Corona-Zeiten an die Gehaltsobergrenze. Der Kapitän der Zukunft soll vorzeitig bis 2026 verlängern. Nach Urlaub und EM-Frust greift er jetzt neu an.

Diese Aussage war wieder typisch für Joshua Kimmich. Als der Nationalspieler bei der Teampräsentation des FC Bayern in der Münchner Fußball-Arena auf seine wohlverdienten Ferien angesprochen wurde, entgegnete der 26-Jährige was?

"Wir hatten länger als erhofft Urlaub, leider. Weil wir früher aus der EM rausgegangen sind." Typisch Kimmich halt. Die Tränen, die der 26-Jährige am 29. Juni im Londoner Wembley-Stadion nach dem deutschen Achtelfinal-K.o. gegen England vergossen hatte, sind längst getrocknet. Aber den Frust über das nächste vermurkste Turnier nach der WM 2018 hat Kimmich wohl noch nicht verwunden. Er treibt ihn nach dem Urlaub vielmehr neu an.

Vertragsverlängerung steht an

Kimmichs Ehrgeiz ist inzwischen legendär. Und darum ist der Chef im defensiven Mittelfeld der Bayern die Schlüsselpersonalie der Zukunft beim Rekordmeister. Die Verantwortlichen planen mit und um Kimmich.

Nach Medienberichten ist in den Verhandlungen nun ein Durchbruch erzielt worden. Laut "Bild" soll Kimmich vorzeitig um drei Jahre bis 2026 verlängern, zu doppelten Bezügen, die ihn in die Gehaltsklasse der Führungskräfte Manuel Neuer und Thomas Müller katapultieren soll.

Kimmich ist den Bayern-Bossen auch in Corona-Zeiten sehr viel wert. "Topspieler wollen auch dementsprechend bezahlt werden, da sind wir nicht naiv", hatte Vorstandschef Oliver Kahn kürzlich gesagt. Bei Kimmich scheinen die Bayern dazu bereit. Er ist der Spieler, der für Kahn die Bayern-Tugenden idealtypisch in sich vereint: Als Spieler Weltklasse, als Profi vorbildlich, ein Kapitän der Zukunft, der eine Mannschaft ständig antreibt und persönlich niemals satt ist.

Kimmich führt Verhandlungen selbst

Bemerkenswert ist, dass er seine Verhandlungen nicht mehr einem Berater überlässt, sondern selbst führt. Einen Agenten hätte Kimmich eher gebraucht, wenn er einen Wechsel ins Ausland anstreben würde.

Bayern-Boss Kahn spricht derzeit auffällig oft davon, dass Spieler "eine Ära" prägten könnten, wenn sie langfristig bei Bayern blieben. Kimmich trägt das Bayern-Trikot seit sechs Jahren. Und von einer Ära sprach er schon vor einem Jahr nach dem Gewinn der Champions League. "Wir fühlen uns auf keinen Fall vollendet. Wir wollen eine Ära prägen", sagte Kimmich zur Generation 1995, der in München auch die Kollegen Serge Gnabry, Leon Goretzka und Niklas Süle angehören.

"Erholt und bereit für die neue Saison"

Auch vorm Start der neuen Saison blickt Kimmich hochmotiviert nach vorne. "Die Pause war lang genug. Wir sind erholt und bereit für die neue Saison." Beim Arena-Training vor 5300 Fans fiel auf, dass Trainer Julian Nagelsmann gerade mit Kimmich den Austausch suchte.

Kimmichs Vertragsverlängerung, deren Vollzug noch aussteht, wäre gerade in der auch für Bundesliga-Krösus FC Bayern wirtschaftlich kniffligen Corona-Zeit ein starkes Signal. Etwa für Goretzka, dessen Vertrag 2022 ausläuft und der sich im internen Ranking nach oben arbeitet. Auch Goretzka soll gehalten werden, zumal er mit Kimmich das neue Herzstück der Bayern im Mittelfeld bildet. Bayern-Präsident Herbert Hainer sprach zuletzt von "guten und konstruktiven" Gesprächen mit den beiden Nationalspielern.

Kahns Vorgänger Karl-Heinz Rummenigge prophezeite, dass Kimmich "eines Tages unser Kapitän wird." Kimmich ist der Mann für die Ära nach Neuer, Robert Lewandowski und Müller. Das aktuelle Führungstrio wird bei Ablauf seiner Verträge in zwei Jahren 37, 35 und 33 Jahre alt sein. Kimmich ist dann mit 28 Jahren im besten Fußballeralter.

Flick: Kimmich kann Weltfußballer werden

"Wir haben eine gute Bande beieinander", sagte er zum Bayern-Kader. Kimmich hat stets die höchsten Ziele, im Verein und auch mit dem Nationalteam beim Neuaufbau unter Ex-Bayern-Coach Hansi Flick. "Ich glaube, wenn er es schafft, seinen beispiellosen Ehrgeiz noch ein bisschen besser zu kanalisieren und in die richtige Richtung zu lenken, dann kann er Weltfußballer werden", sagte Flick über Kimmich.

Dass er wie von Bundestrainer Joachim Löw bei der EM noch mal aus dem Zentrum auf die rechte Seite (ab)geschoben wird, muss er weder bei Nagelsmann noch dem neuen Bundestrainer Flick befürchten. "Ich will es vermeiden, dass Spieler auf Positionen spielen, auf denen sie sich nicht wohlfühlen", sagte Nagelsmann - ohne Kimmichs Namen zu nennen.

Kimmich will ein unverrückbarer Fixpunkt auf dem Spielfeld sein. "Was mir in der Mitte großen Spaß macht, ist, dass man immer Teil des Spiels ist." Außen sei man dagegen bisweilen "auch mal auftragslos".

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