Frankfurt/Main. Der Fußball freut sich auf die ersten Spiele vor Zuschauern seit knapp sieben Monaten. Die vereinzelte Stadion-Rückkehr nährt die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Geisterspiele.

In Berlin und Rostock laufen die Vorbereitungen für die ersehnte Fan-Rückkehr in die Stadien auf Hochtouren - und ein Großteil der Fußball-Branche fiebert mit.

Dass der Ball beim Saisonfinale an diesem Wochenende erstmals seit langer Zeit wieder vor Zuschauern rollt, wird vielerorts als hoffnungsvolles Zeichen für ein baldiges Ende der Geisterspiele in der Corona-Krise gewertet.

Schon bei der Europameisterschaft im Sommer wird die DFB-Auswahl bei ihren Spielen in München wohl auf die Unterstützung der Fans bauen können. In der Spielzeit 2021/22 soll dies dann auch für die Vereine wieder zum Normalzustand werden. "Ich rechne in der kommenden Saison fest mit Fans im Stadion. Die Frage lautet nur, wie viele kommen dürfen", sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "30 Prozent der Menschen sind einmal geimpft worden, die werden bis dahin die zweite Impfung auch haben. Diesen Leuten kann man nicht mehr alles verweigern. Sie müssen dann auch wieder Normalität erleben dürfen", betonte der BVB-Boss.

Einen ersten Vorgeschmack darauf gibt es am Samstag, wenn der Fußball ein kleines Stück von dieser fast vergessenen Normalität zurückerobert. In einem ausverkauften Stadion wurde letztmals am 8. März 2020 gekickt. 75.000 Zuschauer verfolgten damals in München den 2:0-Sieg der Bayern gegen den FC Augsburg.

Dann kam Corona und mit der Pandemie die Tristesse, die nur in der Anfangsphase dieser Saison an einigen Standorten kurzzeitig unterbrochen wurde. Seit dem 25. Oktober des Vorjahres, als 4519 Fans beim Spiel VfL Wolfsburg gegen Arminia Bielefeld dabei waren, blieben die Ränge in den Bundesligastadien ausnahmslos leer. In Rostock durften im März mal 702 Fans ins Stadion.

Nun gibt es mit der behördlichen Genehmigung von 2000 Zuschauern bei der Partie des 1. FC Union Berlin gegen RB Leipzig und sogar 7500 Fans für das Drittligaspiel FC Hansa Rostock gegen VfB Lübeck den ersten Hoffnungsschimmer. Voraussetzung dafür sind anhaltend niedrige Inzidenzwerte unter einem Wert von 100. "Wir haben ein ganz, ganz großes Vertrauen gekriegt", lobte Rostocks Vorstandschef Robert Marien am Dienstag die Entscheidung der Landesregierung.

Auch der FC Bayern München hat die Chance, im letzten Saisonheimspiel wieder ein paar wenige Zuschauer in die Allianz Arena zu lassen. Das geht aus den neuen Corona-Regeln hervor, die das Kabinett am Dienstag beschloss. In Landkreisen und Städten mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 können demnach ab Freitag wieder bis zu 250 Zuschauer bei Sportevents im Freien dabei sein. In München liegt dieser entscheidende Wert seit Anfang Mai unter 100. Ob der deutsche Rekordmeister die Möglichkeit für ein Zuschauer-Comeback nutzt, ist offen.

Deutschland folgt damit dem Beispiel anderer großer Fußball-Nationen wie England oder Spanien, wo bereits am vergangenen Wochenende erstmals wieder Spiele vor Publikum stattfanden. Die ebenso ungewohnte wie vermisste Atmosphäre dürfte die Profis bei der Ausübung ihres Berufs beflügeln. "Das ist insgesamt für den Fußball sehr wichtig und sehr schön", sagte Union-Kapitän Christopher Trimmel. "Es ist riesig, dass wieder Fans im Stadion sind. Das kann auch ein Vorteil sein."

Doch nicht überall im Land kann oder will man die unverhoffte Chance sofort ergreifen. In Dortmund, Frankfurt oder Köln bleiben die Stadiontore wegen zu hoher Inzidenzwerte im Saisonfinale noch geschlossen. Auch bei Holstein Kiel bleiben die Ränge leer.

Der Zweitligist verzichtete freiwillig auf einen Antrag auf Zulassung von Zuschauern für das Heimspiel gegen Darmstadt 98, bei dem der Tabellenzweite immerhin den ersten Bundesliga-Aufstieg perfekt machen kann. "Weder sollte der Profifußball für sich eine Sonderrolle in der Gesellschaft reklamieren. Noch möchte die KSV Holstein eine Bevorzugung gegenüber anderen Sportvereinen im Land erfahren", begründete Kiels Präsident Steffen Schneekloth den Verzicht.

Bei anderen Clubs hat die vereinzelte Fan-Rückkehr zu Pfingsten die Fantasie dagegen sofort beflügelt. So bietet der vom Abstieg bedrohte Zweitligist VfL Osnabrück seinen Anhängern bereits Tickets für ein sogenanntes "Endlich-wieder-Spiel" mit behördlich genehmigter Vollauslastung an der Bremer Brücke nach dem Ende der Corona-Krise an - unabhängig von Datum, Gegner und Ligazugehörigkeit.

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