Berlin. Wie versteckt sich das gefährliche Herpes-Virus verbreiten kann, bekommt der deutsche Reitsport derzeit schmerzlich zu spüren. Von Valencia, wo es viele tote Pferde gibt, ist es auch nach Doha gelangt. Dort sind auch deutsche Olympia-Kandidaten am Start.

Die Angst breitet sich mit dem Virus aus. Die aggressive Variante von Pferde-Herpes aus Valencia ist inzwischen sogar in Doha aufgetaucht, wohin mehrere Weltklasse-Reiter und deutsche Olympia-Kandidaten gereist sind. Dort soll die Millionen-Serie Global Champions Tour beginnen.

"Es ist Wahnsinn", sagte der Springreiter Marcus Ehning zur schwierigen Situation des Reitsports mit Herpes und Corona. Die Ausbreitung der neuen und besonders gefährlichen Herpes-Variante ist schwer zu verhindern, wie die Infektion bei zwei Pferden des deutschen Springreiters Sven Schlüsselburg zeigt. Sie waren vor anderthalb Wochen nach Katar geflogen worden und hatten dort plötzlich positive Tests. "Das war der totale Schock", sagte der 39-Jährige aus dem baden-württembergischen Ilsfeld dem "Reiterjournal". Zuvor war er in Valencia gewesen, von dort aber vor Ausbruch der Infektionen und in Unkenntnis der Ansteckung abgereist.

Die Pferde wurden nach Angaben des Reiters in Doha mehrmals getestet, waren letzte Woche negativ, diese Woche jedoch positiv. Jetzt seien sie sicherheitshalber in einer Klinik, von anderen separiert. Bud Spencer hatte leichtes Fieber, Nascari sei ohne Symptome und inzwischen mit negativem Testergebnis. "Wir können jetzt nur beten", sagte der Reiter: "Ich bin am Boden und habe wirklich Angst, auch um die Pferde zu Hause. Das kann ja alles so schnell gehen, und keiner ist am Ende sicher."

Bundestrainer Otto Becker ist in ständigem Kontakt und macht sich Sorgen. Neben Schlüsselburg sind fünf weitere Deutsche mit ihren Pferden in Doha, darunter drei Mitglieder des fünfköpfigen Olympia-Kaders. "Ich hoffe, dass alles gut geht", sagte Becker. "Die ganze Situation ist derzeit eine Katastrophe."

"Alle hoffen natürlich, dass keine anderen Pferde angesteckt sind", sagte Ehning. Zur Unsicherheit trägt bei, dass die Zeit bis zum Auftreten von Symptomen und positiven Tests zwei Wochen oder mehr betragen kann. Bei Schlüsselburg war es auf jeden Fall lange nach der Abreise in Valencia. Er war dort nach Angaben des Weltverbandes FEI zuletzt am 12. Februar am Start. Das Turnier wurde erst neun Tage später abgebrochen, als einige Pferde Symptome der Erkrankung zeigten.

In Valencia sind seitdem mehrere Pferde nach der Virus-Erkrankung gestorben, viele zeigen schwere Krankheitsverläufe und kämpfen noch immer gegen den Tod. Nach Angaben der FN waren insgesamt 64 Pferde deutscher Reiter bei der Turnierserie, 48 haben Valencia wieder verlassen. Wie viele davon sich infiziert haben, ist unklar. Auch die Anzahl ausländischer Reiter, die in Deutschland leben und das Turniergelände bereits verlassen haben, ist noch ungeklärt.

"Das ist natürlich ein Riesenthema hier", berichtete Ehning von den Gesprächen mit den Kollegen in Doha. Sie alle bangen um ihre Tiere und ihre Existenzgrundlage. Nach dem Corona-Aus der Global Champions Tour im Vorjahr hoffen sie auf den Neustart in Katar, um ihrem Job nachgehen und sich auf die Olympischen Spiele in Tokio vorbereiten zu können.

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