Berlin. Pal Dardai ist wieder Cheftrainer bei Hertha BSC. Und das nicht nur als reine Notlösung. Sein Vertrag gilt bis Ende Juni 2022. Unterstützt wird er von einem weiteren Fan-Liebling.

Die Bosse von Hertha BSC setzen bei der Rettungsmission auf viel Herzblut und die Erfahrung von Rekordspieler Pal Dardai.

Nur 19 Monate nach seinem Ende als Coach des Berliner Fußball-Bundesligisten und vier zumeist kläglich gescheiterten Nachfolgern kehrt der Ungar zurück. Einen Tag nach der Trennung von Bruno Labbadia beförderte Hertha Dardai vom Jugend- zum Chefcoach. "Das war sicher nicht mein Plan, dass ich nun wieder von der U16 auf die Trainerposition bei den Profis wechseln werde", sagte Dardai.

Er brauche aber auch niemandem zu erklären, was Hertha BSC für ihn bedeute. "Daher war es gar keine Frage für mich, dass ich in dieser Situation aushelfe", sagte Dardai. Eine reine Nichtabstiegsmission für ein paar Monate wird es aber nicht: Er bekam nicht einmal zwei Jahre, nachdem der damalige Manager Michael Preetz keine Zukunft mehr mit und in Dardai gesehen hatte, einen Vertrag bis Ende Juni 2022. Offenbar trauen die aktuellen Bosse dem 44-Jährigen jetzt im Gegensatz zu denen im Jahr 2019 die Entwicklung des Teams Richtung Europacup zu.

Erstmal geht es aber nur um Abstiegskampf. "Pal lebt Hertha BSC und wir sind absolut überzeugt davon, dass er mit seiner klaren Art der Mannschaft den nötigen neuen Impuls geben wird", sagte Hertha-Boss Carsten Schmidt am Montag in der Mitteilung. Er bezeichnete Dardai als "eingefleischten Herthaner", der keine Eingewöhnungszeit brauche.

Der Ungar arbeitete von Februar 2015 bis Ende Juni 2019 schon einmal als hauptverantwortlicher Trainer bei der Hertha, nachdem er als Spieler insgesamt 373 Spiele für Blau-Weiß bestritt, 286 davon allein in der Bundesliga. Keiner spielte öfter für die Hertha. Vor rund sechs Jahren hatte er Jos Luhukay als Trainer abgelöst, die Berliner waren auf den 17. Tabellenplatz abgerutscht.

Dardai bewahrte den Club knapp vor dem Abstieg in der damaligen Saison mit Platz 15. Nach den Plätzen sieben und sechs stagnierte die Entwicklung nicht nur, es wurde schlechter - Zehnter und Elfter. Preetz entschied sich gegen eine Fortsetzung mit Dardai. Besser wurde es allerdings nicht, ganz im Gegenteil.

Während die Ansprüche durch den Einstieg und die zig Millionen von Investor Lars Windhorst stiegen und Hertha als Big City Club etikettiert wurde, folgte eine Trainer-Bilanz des Schreckens und Scheiterns: Ante Covic, Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri und Labbadia in gut anderthalb Jahren.

Der Mannschaft, die im Sommer wichtige Spieler verloren hatte, soll nun der geballte Hertha-Faktor helfen. Dardai, Neuendorf (45) und der in seiner Position nach der Entlassung von Sport-Geschäftsführer Preetz zumindest vorerst gestärkte Arne Friedrich (41) kommen zusammen auf über 850 Spiele für den Club aus Charlottenburg. Im Gegensatz zu Dardai darf Friedrich aber vorerst nur bis zu diesem Sommer die Preetz-Aufgaben fortführen.

An diesem Dienstag geht es erstmals nach dem Hertha-Beben infolge der 1:4-Heimpleite gegen den SV Werder Bremen in der neuen Konstellation auf den Trainingsplatz. Es solle jemand sein, "der uns zusammenschweißt und in die Lage versetzt, am Wochenende bei Eintracht Frankfurt was zu holen", hatte Hertha-Boss Schmidt am Sonntag mit Blick auf den da noch nicht bekannten Coach betont. Dardai, der wie Neuendorf nicht nur bei den Fans, sondern auch bei Spielern hohes Ansehen genießen dürfte, soll genau dieser Vereiner und Antreiber sein.

Weitere Niederlagen und Rückschläge kann sich Hertha auch nicht erlauben. Nur einen Sieg - und den gegen den FC Schalke 04 - holte die Mannschaft in den vergangenen acht Spielen. Platz 14 in der Tabelle, nur zwei Punkte über dem Abstiegs-Relegationsplatz. Die internationalen Ränge, von denen sie bei der Hertha träumten, sind weit weg.

Und das weitere Programm im Februar hat es in sich: Nach der Partie bei den derzeit bestens aufgelegten Frankfurtern kommt Spitzenreiter und Rekordmeister FC Bayern München (5. Februar) nach Berlin, danach geht es zum starken Rückkehrer VfB Stuttgart (13. Februar), ehe RB Leipzig im Olympiastadion gastiert (21. Februar) und Hertha anschließend beim aktuellen Tabellenvierten VfL Wolfsburg (27. Februar) ran muss.

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