München. Die gereizten Bayern wollen “einen raushauen“. Nach dem Pokal-K.o. kommt Lieblingsgegner Freiburg, der aber gerade super drauf ist. Aus der Chefetage erreichen Trainer und Spieler Forderungen und Appelle. Flick will wieder mehr von seinen Stars hören.

Die Bayern-Bosse sind alarmiert. Nach dem frostigen Pokal-Schock sind Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Kahn aber davon überzeugt, dass Trainer Hansi Flick auch sein erstes kleines Tief beim deutschen Fußball-Rekordmeister bravourös meistern wird.

Vorstandschef Rummenigge forderte vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen den SC Freiburg eine andere "Gangart" nach dem "Betriebsunfall" in Kiel. Eindringlich appellierte dessen designierter Nachfolger Kahn an die Erfolgsmannschaft. "Jetzt müssen wir schleunigst im neuen Jahr ankommen!", mahnte der einstige Torwart-"Titan".

Der mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattete Flick muss nach einem traumhaften und trophäenreichen ersten Jahr als Cheftrainer und Dauersieger in München seine erste Krisensituation managen. Die Ansagen aus der Chefetage seien "absolut legitim", sagte der Coach am Freitag und erwartet am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) eine Reaktion seiner Stars. "Eine Spitzenmannschaft zeichnet sich nicht nur aus, wenn es gut läuft. Sie zeichnet sich gerade dann aus, wenn es nicht gut läuft, dass man dann relativ schnell wieder in die Spur findet." Flick kann im Spiel gegen die formstarken Freiburger wieder auf Kingsley Coman und Leon Goretzka zurückgreifen.

Fünf Monate nach dem Champions-League-Triumph sind Dominanz und Unantastbarkeit futsch. Gegentore en masse können nicht dauerhaft durch die Extra-Klasse in der Offensive um Weltfußballer und Fließband-Torschütze Robert Lewandowski aufgefangen werden.

"Wir müssen daher zu der Spielart und Gangart zurückfinden, die uns speziell im letzten Sommer so ausgezeichnet hat, als wir hoch gepresst haben, aber alle mitgemacht haben", sagte Rummenigge in "tz" und "Münchner Merkur" (Wochenendausgabe). "Der Gegner hatte gar keine Möglichkeit, aus dem Defensivbereich rauszukommen. Das war wie ein Ping-Pong-Spiel im positiven Sinne. Zu dieser Spielweise müssen wir zurückfinden, wenn wir auch im Jahr 2021 Erfolge haben wollen."

Man wolle nicht nur offensiv, sondern eben auch defensiv "wieder FC-Bayern-like" spielen, sagte Rummenigge. "Ich habe Vertrauen in den Trainer und in die Mannschaft, dass sie das organisieren."

Wie Borussia Mönchengladbach beim 3:2 vor einer Woche deckte auch Zweitligist Holstein Kiel die Münchner Anfälligkeiten auf. Wieder fiel ein Gegentor nach dem gleichen Muster: Die hoch verteidigenden Bayern machen zu wenig Druck auf den Ball, ein langer Pass hebelt die Abwehrkette aus. Seit Ende Oktober wartet Manuel Neuer auch deshalb auf sein 196. Zu-Null-Spiel in der Bundesliga; noch hält Kahn diesen Rekord.

"Es geht darum, die Bereitschaft zu zeigen, alles zu geben", forderte Flick bei allem Verständnis für die etwas fehlende "mentale Frische". Dazu wünscht sich der Bayern-Coach die Rückkehr zu mehr Lautstärke. "Es hat uns gut getan, dass die Mannschaft laut war und sich gegenseitig gecoacht hat. Im Moment hat man den Eindruck, dass nicht ganz so viel geredet wird. Da müssen wir wieder hinkommen."

Flicks Bilanz ist mit 51 Siegen in 61 Spielen weiter imposant. Doch nach nur einer einzigen Niederlage im Jahr 2020 gab es nun bereits zwei Pleiten in drei Pflichtspielen 2021. "Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass wir schon früher einen Einbruch bekommen", räumte Flick ein. "Die Mannschaft hat sich mit einer wahnsinnigen Mentalität ins Jahresende gerettet. Jetzt aktuell stottert es ein bisschen."

Als Bundesliga-Spitzenreiter und Achtelfinalist in der Champions League stehen die Münchner in zwei Wettbewerben weiter blendend da. Anfang Februar winkt zudem bei der Club-WM der nächste Titel. Doch um nach der in Corona-Zeiten auch kostspieligen Pokal-Blamage nicht die weiteren Saisonziele zu gefährden, muss wieder Stabilität herrschen.

Man müsse das Pokal-Frusterlebnis "schleunigst loswerden, in positive Energie umwandeln und einen raushauen", sagte Thomas Müller. Freiburg kommt da eigentlich gerade recht: Keines der 20 Bundesliga- Heimspiele gegen die Breisgauer verloren die Bayern (17 Siege, 3 Remis). Aber aktuell befindet sich das Freiburger Team von Kult-Trainer Christian Streich im Leistungshoch - fünf Siege am Stück sind Vereinsrekord.

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