München. Im Bundesliga-Rekordduell feiert Hansi Flick Bayern-Jubiläum. Vor seinem 50. Pflichtspiel geht es auch um die Bundestrainer-Frage. Er fühlt mit dem DFB-Team, das freiwillig auf die “Qualitätsspieler“ Müller und Boateng verzichtet. Eigene Sorgen hat Flick aber auch.

Hansi Flick mochte sich vor seinem Jubiläum mit dem FC Bayern kein bisschen mit Bundestrainer-Visionen befassen.

"Ich lebe im Hier und Heute. Deswegen sind diese Dinge viel zu weit weg für mich, um mir da überhaupt Gedanken zu machen", sagte der Tripletrainer auf die Frage, ob ihn dieser Posten eines Tages reizen könne. Nach der auf Bundestrainer Joachim Löw einprasselnden Kritik nach dem Spanien-Debakel war auch dessen langjähriger Assistent Flick in der Riege der Nachfolge-Kandidaten genannt worden.

Dieser nahm lieber das Rekordduell gegen den SV Werder Bremen und sein 50. Pflichtspiel mit den Bayern in den Fokus - ein Stimmungsaufheller für die frustrierten Nationalspieler um Kapitän Manuel Neuer? Flick sprach von einem Abschlusstraining mit den DFB-Spielern, das ihn "total begeistert" habe. "Ich habe mich auch gefragt, was mich erwartet", gestand Flick. Doch die Stars ließen das 0:6 in der Nations League vor dem 109. Nord-Süd-Klassiker am Samstag (15.30 Uhr/Sky) offenbar schnell hinter sich.

So oft wie die Paarung Bayern gegen Werder gab es kein anderes Spiel in der Beletage des deutschen Fußballs, im Juni machten die Münchner an der Weser die Meisterschaft als ersten Flick-Titel klar. "In Bremen sind sie kompakt gestanden und haben schnell umgeschaltet. Das erwarten wir Samstag auch", sagte Flick. 1:0 gewannen die Bayern damals, einer von 45 Siegen in Flicks 49 Pflichtspielen. Ein Remis und drei Niederlagen lassen die Bilanz nicht weniger imponierend aussehen. Eine Rekordausbeute.

Anders als Löw vertraut Flick seinem Vize-Kapitän Thomas Müller uneingeschränkt, Jérôme Boateng stieg unter seiner Regie wieder zum Leistungsträger in der Innenverteidigung auf. Die beiden vom Bundestrainer im Nationalteam aussortierten Bayern-Stars stehen vier Tage nach dem 0:6 der deutschen Auswahl ebenso besonders im Fokus wie der seinerzeit ebenfalls geschasste Dortmunder Mats Hummels, der mit dem BVB bei Hertha BSC aufläuft. Der DFB habe sich für diesen Weg entschieden - und das respektiere er, sagte Boateng.

Ähnlich sieht es Flick. "Jogi Löw und das Trainerteam haben eine Entscheidung getroffen, man sollte es respektieren. Alles andere werden auch sie intern analysieren, und sie werden schauen, was für die Zukunft die richtigen Schritte sind", sagte der 55-Jährige. "Ich bin froh, dass ich Thomas und Jérôme bei uns im Kader habe. Es sind beides Qualitätsspieler."

Mit der Frage um die Zukunft von Boateng, dessen Vertrag im kommenden Jahr ausläuft und nicht verlängert werden soll, sowie jener um die Dauer-Personalie David Alaba (ebenfalls Vertrag bis 2021) beschäftigte Flick vor dem Hammerprogramm von neun Spielen in vier Wochen nicht. "Mir ist wichtig, dass ich eine gute Kommunikation mit den Spielern und dem Verein habe. Auf alles andere habe ich keinen Einfluss", sagte Flick.

Vielmehr interessierte den 55-Jährigen, wie er den Ausfall von Leader Joshua Kimmich bis Jahresende in der Mittelfeldzentrale auffängt - zumal auch Corentin Tolisso wegen muskulärere Probleme diesmal und vielleicht auch am Mittwoch in der Champions League gegen Salzburg passen muss. "Im Mittelfeld sieht es eng aus", sagte Flick. Leon Goretzka und Javi Martínez lautet die nahe liegendste Variante für die Startformation des Spitzenreiters gegen den im Vorjahr fast abgestiegenen aktuellen Tabellenneunten. Aber auch der spanische U21-Europameister Marc Roca könnte eine Alternative sein. Er ist ebenso im Kader wie erstmals auch Neuzugang Tanguy Nianzou (18).

Nach sechs Gegentreffern gegen Spanien würde Neuer in seinem 400. Bayern-Pflichtspiel gerne zum 196. Mal ohne Gegentor bleiben und damit den Rekord von Vorstand Oliver Kahn einstellen. Eine besondere Marke naht auch für Robert Lewandowski: Drei Treffer fehlen dem Polen zu seinem 250. Bundesliga-Treffer.

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