Paris. Bei den French Open ist diesmal vieles anders. Doch eines ist wie im Vorjahr: Das deutsche Doppel Kevin Krawietz und Andreas Mies spielt stark und erreicht das Endspiel.

Die Paris-Spezialisten Kevin Krawietz und Andreas Mies trennt nur noch ein Sieg von ihrem erneuten Titel-Coup bei den French Open.

"Bis in die Haarspitzen motiviert" trotzen die Vorjahressieger allen widrigen Umständen in der Coronavirus-Krise und zogen erneut ins Endspiel des Doppel-Wettbewerbs ein. Ihre starke Vorstellung im Halbfinale nährte die Hoffnung, dass sie am Samstag wieder einen Grand-Slam-Titel feiern können.

"Das ist nicht so einfach in Worte zu fassen. Natürlich ist es unglaublich emotional schon jetzt", sagte Krawietz nach dem 6:3, 7:5 gegen die US-Open-Finalisten Wesley Koolhof/Nikola Mektic aus den Niederlanden und Kroatien.

Im Endspiel am Samstag wollen die beiden deutschen Davis-Cup-Spieler auch den letzten Schritt schaffen. Gegner des 28 Jahre alten Coburgers Krawietz und des zwei Jahre älteren Kölner Tennisprofis Mies sind dann die US-Open-Sieger Mate Pavic und Bruno Soares. Das kroatisch-brasilianische Doppel setzte sich gegen die an Nummer eins gesetzten Kolumbianer Juan Sebastian Cabal/Robert Farah durch.

Die Chancen für die Deutschen dürften dennoch gut stehen, wenn sie so clever und eindrucksvoll selbstbewusst auftreten wie im Halbfinale, in dem sie gleich ihren ersten Matchball nutzten und im zweiten Satz zum 7:5 zu Null das einzige Break des Durchgangs schafften. "Chapeau von mir. Ganz großer Respekt", sagte Eurosport-Experte Boris Becker. "Allein die Chance zu haben, den Titel zu verteidigen, ist unglaublich stark."

Stark war bei den Damen auch Australian-Open-Gewinnerin Sofia Kenin. Die Amerikanerin setzte sich gegen die zweimalige Wimbledonsiegerin Petra Kvitova aus Tschechien 6:4, 7:5 durch und kann nun zum zweiten Mal in diesem Jahr ein Grand-Slam-Turnier gewinnen. Das Endspiel am Samstag bestreitet die 21-jährige Kenin gegen die polnische Außenseiterin Iga Swiatek, die im Überraschungs-Halbfinale die argentinische Qualifikantin Nadia Podoroska mit 6:2, 6:1 abfertigte.

Auch Krawietz und Mies waren bei ihrem märchenhafte Lauf im Frühling 2019 noch Tennis-Nobodys; seit Gottfried von Cramm und Henner Henkel 82 Jahre zuvor hatte kein rein deutsches Doppel mehr einen Grand-Slam-Titel geholt.

Weil nur wenige Zuschauer zugelassen sind, sei es diesmal "etwas komplett anderes", meinte Mies. "Letztes Jahr hatten wir im Finale 56 Mann in der Box. Jetzt müssen wir mal gucken, wie viele wir noch für Samstag einfliegen lassen können", meinte der Kölner. "Es fühlt sich trotzdem genauso schön an, wieder im Finale zu sein, und wir werden auch nicht weniger feiern, wenn es klappt." Auch ohne eine große Fangruppe seien sie schließlich "bis in die Haarspitzen motiviert".

Das war auch im Halbfinale zu merken. Gleich im zehn Minuten (!) dauernden ersten Spiel des ersten Satzes gelang dem deutschen Duo ein Break. Nach dem schnellen 2:0 hatte jedoch Mies beim Stand von 2:1 auch Schwierigkeiten mit seinem Aufschlag, sicherte dann aber mit einem gefühlvollen Stopp nach 25 Minuten den Punkt zum 3:1. Mit dem zweiten Break holten sich die beiden deutschen Davis-Cup-Spieler den ersten Satz, die Hälfte auf dem Weg ins Finale war geschafft.

Bis auf das Achtelfinale spielte das Duo bei den diesjährigen French Open souverän auf. Lediglich gegen die Franzosen Benjamin Bonzi/Antoine Hoang mussten die beiden zittern und drei Matchbälle abwehren. Das Halbfinale gegen Koolhof und Mektic beendeten sie nach 1:26 Stunden, bleiben damit noch länger in der sogenannten Blase und wollten sich auch von den besonderen Umständen nicht aufhalten lassen. "Man muss nach zwei Wochen in der Bubble schon kreativ werden mit dem Essen am Buffet. Man muss versuchen wieder zu mixen", erzählte Mies. "Manche Dinge sind ein bisschen eintönig. Aber so lange wir gewinnen, ist mir das egal."

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