München. Lewandowski, Reus, Kampl, Volland, Serdar - der Corona-Zwangsstopp führt dazu, dass im Liga-Endspurt Rückkehrer aus Verletzungen zu entscheidenden Faktoren werden könnten. Die Trainer sind bei ihnen besonders gefordert. Eine Regeländerung würde ihnen helfen.

Meisterschale, Konfettiregen, Bierduschen - und als Kontrastprogramm Tränen bei den Absteigern: Eigentlich wäre die 57. Saison der Fußball-Bundesliga am Samstag mit dem emotionalen Finale beendet worden.

Nun steht beim Anpfiff zum Corona-Spielbetrieb ohne Zuschauer erst der 26. Spieltag an. Was dazu führt, dass prominente Leistungsträger wie Robert Lewandowski, Marco Reus, Kevin Volland, Kevin Kampl oder Suat Serdar, die sich vor dem Zwangsstopp wegen des Coronavirus Mitte März verletzt hatten, im Liga-Endspurt um Titel, Champions-League-Plätze und im Abstiegskampf doch noch zu einem mehr oder weniger entscheidenden Faktor für ihre Vereine werden könnten.

Bei fast allen Clubs setzen die Trainer auf Rückkehrer, gerade auch beim FC Bayern. Die größte Titelhoffnung beim Tabellenführer aus München heißt Robert Lewandowski. Der 31 Jahre alte Pole führt immerhin mit 25 Treffern die Torschützenliste vor Nationalspieler Timo Werner von RB Leipzig an, der bislang 21 Tore bejubeln konnte. "Lewy ist topfit", berichtete Trainer Hansi Flick vor dem Start in die Vorbereitung auf den Neustart am Sonntag beim 1. FC Union Berlin.

Diese Partie hätte der beste Stürmer der Liga ohne Corona ebenso wie das anschließende Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt wegen des Ende Februar im Champions-League-Spiel gegen den FC Chelsea erlittenen Bruchs der Schienbeinkante am Knie sicher verpasst. Auch mit dem damals erhofften Comeback im Topspiel gegen Borussia Dortmund, das am 4. April angesetzt war, wäre es für Lewandowski ganz eng geworden.

Jetzt kann sich der Ex-Dortmunder sogar gegen Union und Frankfurt warmschießen für den Titel-Gipfel Ende des Monats beim BVB. Kingsley Coman (Muskelverletzung) ist bei den Bayern ebenfalls wieder fit. Und Ivan Perisic hat nach seinem Knöchelbruch am Fuß auch wieder mit dem Teamtraining angefangen. Flick erhält damit mehrere wichtige Offensiv-Optionen für den Ligaendspurt, zumal Philippe Coutinho und Corentin Tolisso nach Operationen aktuell ausfallen. Flick hofft zumindest beim vom FC Barcelona ausgeliehenen Brasilianer Coutinho, dass dieser "in den letzten Saisonspielen" noch mal eingreifen kann.

BVB-Coach Lucien Favre wartet weiter sehnsüchtig auf seinen Kapitän. Nationalspieler Marco Reus wird nach seiner Muskelverletzung, die er beim Dortmunder Pokal-K.o. in Bremen Anfang Februar erlitten hatte, im Revierderby gegen den FC Schalke 04 weiterhin fehlen. "Ich hoffe, dass ich der Mannschaft bald wieder helfen kann", sagte der 30-Jährige. Immerhin steht der kampfstarke Thomas Delaney beim BVB nach einer halbjährigen Spielpause wieder in den Startlöchern. Das trifft bei Derby-Gegner Schalke sogar auf mehrere wichtige Akteure wie Suat Serdar oder Omar Mascerell zu. Sogar Abwehrhüne Salif Sané steht nach schwerer Knieblessur wieder auf dem Trainingsplatz.

Es gibt etliche Akteure, deren Verletzungen ohne Corona-Pause das Saison-Aus bedeutet hätten. Bayer Leverkusen darf im heißen Fünfkampf um die vier Champions-League-Startplätze doch noch einmal auf Tore von Stürmer Kevin Volland (Syndesmosebandriss) hoffen. Oder RB Leipzig auf die Rückkehr von Willi Orban in die Abwehr nach einer langwierigen Knieverletzung. "Wenn man so will, hat mir die Pause sportlich ein bisschen in die Karten gespielt", bemerkte Leipzigs Kapitän. Teamkollege Kevin Kampl steht nach anhaltenden Sprunggelenksproblemen ebenfalls vor seinem ersten Einsatz 2020.

Im Abstiegskampf braucht Werder Bremen Ömer Toprak ganz dringend. Bei dem Abwehrroutinier ist nach einer Fußverletzung aber "noch ein bisschen Geduld" gefragt, sagte Werders Sportchef Frank Baumann.

Manche Comeback-Hoffnung hat sich trotz des Zeitgewinns wegen der Corona-Pause zerschlagen, etwa die der Gladbacher bei Denis Zakaria. Der Leistungsträger musste sich nun doch einer Knie-Operation unterziehen. Mit den Rückkehrern werden die Trainer aber auch besonders vorsichtig umgehen müssen. Die Wettkampfpause war oft deutlich länger als die zwei Monate bei den gesunden Teamkollegen.

"Das Verletzungsrisiko wird größer", mahnte Gladbachs Manager Max Eberl angesichts des eng getakteten Spielplans bis Ende Juni. "Diese Woche ist dafür da, um wieder das Eins gegen Eins und Zweikämpfe anzunehmen", berichtete Flick zu Akteuren wie Lewandowski oder Coman. Jeder Spieler muss individuell betrachtet werden. "Einer braucht länger, beim anderen geht es schneller", sagte der Bayern-Coach.

Eine Regeländerung könnte den Trainern helfen, Asse wie Reus, Kampl, Serdar oder Volland mit dosierten Einsätzen heranzuführen. Auf der DFL-Mitgliederversammlung am Donnerstag werden die Proficlubs auch über eine Erhöhung des Auswechselkontingents von drei auf fünf Spieler bei der Saisonfortsetzung entscheiden. "Sinn machen fünf Auswechslungen, um die Belastung besser steuern zu können, zumal ja auch die Vorbereitung nicht optimal war", meinte Gladbachs Eberl.