Offenbach. Neuer Fernsehvertrag, EM-Jahr, vielleicht ein ganz neuer Meister mit RB Leipzig: Der deutsche Profifußball steht vor wegweisenden Monaten. Laut DFL-Boss Seifert muss sich die Liga und der DFB viel besser aufstellen, um international nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Passend zum Ambiente in einer alten Fabrikhalle in Offenbach hat Christian Seifert den deutschen Fußball vehement zur Maloche aufgefordert.

Beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball Liga nahm der DFL-Boss vor allem den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Clubs in die Pflicht, um international nicht weiter abzuschmieren. "Wir haben - ohne Wenn und Aber - massiven Nachholbedarf mit Blick auf die Ausbildung unserer sportlichen Toptalente", kritisierte er als Geschäftsführer der Dachorganisation der 36 deutschen Proficlubs.

In den vergangenen Jahren schritten die Manager und Macher in einem mondänen Frankfurter Palais über den Roten Teppich. Das neue Ambiente für das alljährliche Treffen von Bundesliga-Bossen wie Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Mintzlaff und Max Eberl, Bundestrainer Joachim Löw, DFB-Direktor Oliver Bierhoff und weiteren Vertretern der Liga passte als symbolische Kulisse: Seifert mahnte vehement einen Wandel an und - unausgesprochen - das Ende der Bequemlichkeit.

"Betrachten wir die Entwicklung der letzten Jahre, speziell im Nachwuchsbereich, dann wird deutlich, dass wir uns hier gemeinsam mit dem DFB neu und so ganzheitlich wie noch nie zuvor aufstellen müssen", forderte er. Angesprochen wurde der DFB, dessen neuer Verbandsboss Fritz Keller unter den Ehrengästen weilte und in dessen Präsidium Seifert als DFL-Vertreter selbst sitzt. "Das kann nur gelingen durch ehrliche und konstruktive Zusammenarbeit", sagte Seifert.

Eineinhalb Jahre nach der WM-Blamage in Russland warnte der DFL-Chef: "Zurück zur Weltspitze zu gelangen, ist für beide Organisationen nicht nur ein sportliches Ziel, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit."

Zuletzt hatte die DFL immer neue Rekordzahlen mit dem Medienvertrag geschrieben. 4,64 Milliarden Euro gab es an TV-Geldern aus dem Vertrag von 2017/18 bis 2020/21. Die Ausschreibung für die nächste Periode startet demnächst, die DFL will den Verkaufsprozess möglichst vor dem EM-Beginn im Juni abgeschlossen haben.

"Es gibt nur einen Fußball in Deutschland. Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein, wir können nur an einem Seil in eine Richtung ziehen", sagte Keller als Reaktion auf Seiferts aufrüttelnde Ansprache an eine in den vergangenen Jahren verwöhnte Liga.

Löw reagierte gelassen auf Seiferts Mahnung an den DFB. "Es gibt aber manchmal auch unterschiedliche Interessen, deswegen wird man das nie so schaffen, wie sich das alle wunderbar in ihren Räumen vorstellen", sagte er zu Seiferts Mahnung. "Aber das Bemühen, die Zusammenarbeit möglichst gut eng zu halten, ist schon wichtig, und das passiert auch auf den verschiedenen Ebenen so gut es möglich ist."

Der Profifußball dürfe in dieser Zukunftsfrage nicht den Fehler machen, so mahnte Seifert, "den wir zur Zeit in Deutschland machen bei sehr vielen so genannten große Themen: Dass wir vieles angeblich besser wissen, aber ganz objektiv nur noch wenig wirklich besser machen".

Der DFL-Geschäftsführer kündigte an, dass die Dachorganisation künftig noch klarer Stellung beziehen werde zu Themen aus unterschiedlichsten Lagern - zum Beispiel gegen politischen Extremismus. "Bundesliga und 2. Bundesliga sind Wettbewerbe für Menschen für alle soziale Schichten aller Hautfarben, aller Religionen, jedes Alters, jedes Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung", betonte er.