Klagenfurt. Trotz starker Beiträge kristallisierte sich noch kein klarer Favorit für den Ingeborg-Bachmann-Preis heraus, der am Sonntag vergeben wird.

Eine Kurzgeschichte über die Tinder-Nöte eines jungen Mannes hat die Jury am zweiten Tag des Bachmann-Literaturwettbewerbs gespalten.

Der junge Schweizer Autor Lukas Maisel präsentierte am Freitag seinen Beitrag "Anfang und Ende", der Beziehungsprobleme in Zeiten der Online-Kontaktaufnahme thematisiert. Während manche Juroren kritisierten, dass der Text bieder sei und nichts Neues erzähle, argumentierten andere, dass er die Lebenswirklichkeit vieler Menschen spiegele. Maisel sei eine "großartige Anatomie der Tinderwelt gelungen", sagte Jurymitglied Vea Kaiser bei der Veranstaltung im österreichischen Klagenfurt.

Die in Moskau geborene und in Berlin lebende Autorin Anna Prizkau erhielt am Freitag Lob für ihr erzählerisches Können. Ihr Beitrag über eine junge Frau, die mit ihrer Familie als Kind von Russland nach Deutschland ausgewandert ist und daran letztlich scheitert, sei "ein unverschämt trickreicher Text", sagte Jurorin Mara Delius.

Die Jury zeigte sich auch beeindruckt von der stilistischen Kraft der Klagenfurter Dichterin Verena Gotthardt. Satirisches präsentierten der junge deutsche Autor Leander Steinkopf mit seiner Erzählung über gekränkten männlichen Stolz und der reife österreichische Schriftsteller Fritz Krenn, der den Literaturbetrieb aufs Korn nahm.

Am Samstag lesen die letzten vier der vierzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer in aufgezeichneten Videos ihre Texte im Wettlesen um den mit 25 000 Euro dotierten Hauptpreis.

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