Berlin. Wer umweltbewusst einkaufen will, soll Plastik meiden und Produkte in Glas und Papier wählen – ein Irrtum, wie eine neue Studie zeigt.

Wer umweltfreundlich einkaufen möchte, vermeidet Plastik. So haben es sich viele gemerkt, die nachhaltiger leben wollen. Im Supermarktregal suchen sie gezielt nach Alternativen aus Glas oder Papier. Jetzt aber zeigt eine Analyse von Verpackungsmaterialien des Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) im Auftrag des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu): So pauschal ist das die falsche Strategie. Bei manchen Lebensmitteln ist Plastik sogar die bessere Option für die Umwelt. Worauf Verbraucher achten können.

Plastik bietet sogar Vorteile

„Kunststoff spielt eine große Rolle bei der Verschmutzung der Umwelt, zudem werden dafür endliche Ressourcen wie Erdöl eingesetzt. Viele nehmen ihn daher als schlecht wahr“, weiß Katharina Istel, Nabu-Referentin für Ressourcenpolitik. Darüber würde oft vergessen, dass Plastik – richtig entsorgt – auch Vorteile bieten kann. Es ist leicht, es eignet sich, um Lebensmittel hygienisch zu verpacken und es lässt sich gut recyceln.

Vier Tipps um im Alltag Plastik zu vermeiden
Vier Tipps um im Alltag Plastik zu vermeiden

Die Nachteile von Glas und Papier würden hingegen ausgeblendet. „Aber bei der Wahl der umweltfreundlichsten Verpackung ist es immer wichtig, darauf zu achten, um was für ein Lebensmittel es sich handelt, und dann alle Optionen miteinander zu vergleichen“, erklärt Istel.

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Laut Ifeu ist die umweltfreundlichste Verpackung beispielsweise für verarbeiteten Rotkohl oder Sauerkraut ein Schlauchbeutel aus Plastik – erst weit dahinter folgen Weißblechkonserve und Einwegglas mit Weißblechdeckel. „In diesem Beispiel ist Gewicht ein wesentlicher Faktor“, sagt Istel. „Um die gleiche Verpackungsqualität wie mit Plastik zu erreichen, wird etwa bei Glas deutlich mehr Material gebraucht.“ Lkw dürften aber nur ein bestimmtes Gewicht transportieren. „Es werden also statt einer Lkw-Ladung für Verpackungen aus Plastik für die gleiche Menge Verpackungen aus Glas mehrere Lkw-Fahrten benötigt. Entsprechend höher sind die Emissionen“, so Istel.

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    Zudem sei die Glasproduktion – wie auch die Papierindustrie – neben Beton und Stahl eine der energieintensivsten Branchen. „Je mehr Material benötigt wird, umso höher auch hier die Umweltlasten“, so Istel. Weißblech sei zwar leichter als Glas, aber ebenfalls schwerer und energieintensiver in der Herstellung als Plastik.

    Sowohl Glas als auch Weißblech seien zudem energieaufwendig im Recycling. „Für dieses Beispiel sind die beiden Materialien daher die schlechtere Option, das bedeutet aber nicht, dass sie grundsätzlich schlecht sind“, erklärt die Nabu-Expertin. „Wird eine Glasverpackung, wenn sie leer ist, beispielsweise noch langfristig als Vorratsbehälter genutzt, kann sie auch eine gute Option sein.“ Lesen Sie auch:Bioplastik: Darum ist es nicht immer besser für die Umwelt

    Aluminium-Tuben gehören zu den Verlieren

    Kompliziert wird die Auswahl, wenn verschiedene Kunststoffarten zur Auswahl stehen. Beim Vergleich der Ökobilanz von Senfverpackungen schneidet laut Ifeu der Plastikbecher aus Polypropylen (PP) am besten ab. Dahinter folgt das Einwegglas mit Weißblechdeckel und auf Platz drei die auf dem Kopf stehende Spenderflasche aus PET (Polyethylenterephthalat).

    Verlierer ist die Tube aus Aluminium mit Plastikdeckel. Denn obwohl Aluminium gut recycelt werden könne, sei seine Herstellung noch ressourcen- und energieintensiver als die von Glas und damit in diesem Beispiel keine gute Option, begründet das Ifeu. Bilanzbester ist ein Senfglas, das anschließend noch mindestens zehnmal als Trinkglas weiterverwendet wird.

    Dass die Kunststoffflasche aus PET hier schlechter abschneidet als Glas, liegt am deutschen Entsorgungs- und Pfandsystem. „Die Mehrheit der Getränkeeinwegflaschen in Deutschland ist aus PET, auf sie werden 25 Cent Pfand erhoben und die Rücklaufquote ist entsprechend hoch. Sie werden sehr hochwertig recycelt, ein besseres Recyclingmaterial gibt es derzeit quasi nicht“, erklärt Istel. „Aus diesem Grund lohnt es sich bislang nicht, Verpackungen aus PET zusätzlich aus dem gelben Sack herauszusortieren. Auch interessant: Neue Nachhaltigkeitssiegel: Das testen nun dm, Lidl und Co.

    Lebensmittelverpackungen aus PET, die hier entsorgt werden, werden deshalb in der Regel verbrannt.“ PP aus dem gelben Sack werde hingegen recycelt und schneide daher in der Umweltbilanz besser ab.

    Die Unterscheidung ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht immer einfach. Denn Hersteller sind bislang nicht verpflichtet, den sogenannten Recyclingcode, der das Material verrät, auf der Verpackung anzugeben. Viele tun es aber freiwillig. „Das Zeichen ist ein Dreieck aus Pfeilen mit einer Nummer drin“, sagt Katharina Istel (Nabu). Die Nummer 01 steht dabei für PET, die Nummer 05 für PP. Das Zeichen ist häufig am Boden von Bechern und Flaschen zu finden

    Schlechte Bewertung auch für Papiertüten

    Auch Papier und Pappe sind energieaufwendig in der Herstellung und fallen im Vergleich zu Plastik schwer ins Gewicht. Obsttüten aus Papier sind bis zu achtmal schwerer als Plastikbeutel und schneiden im Ifeu-Vergleich am schlechtesten ab. Auf dem vorletzten Platz liegt der leichtere Einmalplastikbeutel.

    Am besten bewertet das Ifeu wiederverwendbare Beutel aus recyceltem Polyester – vorausgesetzt dass sie mindestens 50-mal genutzt werden. Aufgrund der umweltschädlichen Herstellung von Baumwolle folgt der Mehrwegbeutel aus diesem Material erst auf Platz zwei – unter der Bedingung, dass er mindestens 100-mal genutzt wird und die Baumwolle aus Bio-Anbau stammt.

    Bei Schokolade ist eine reine Plastikverpackung laut Ifeu die umweltfreundlichste Option. Dahinter folgt die Kombination aus Papier und Alufolie. Ungünstig ist in Alufolie verpackte Schokolade mit zusätzlichem Pappkarton. Sie ist noch schwerer und dadurch mit mehr Transportemissionen verbunden.

    Verpackungen: Nudeln und Haferflocken sind häufig umweltfreundlich

    „Es gibt einige wenige Lebensmittel, bei denen eine reine Papierverpackung die umweltfreundlichste ist“, sagt Istel. Dazu zählen etwa trockene Produkte wie Nudeln oder Haferflocken. Achtung: Das gilt nur, wenn die Verpackung zu 100 Prozent aus Papier ist, die Lebensmittel nicht zusätzlich in Plastikbeuteln stecken und die Packung keine Innenbeschichtungen hat.

    „Erkennen lässt sich das zum Beispiel am Entsorgungshinweis“, sagt Istel. Darf die Verpackung ins Altpapier, erfüllt sie die Voraussetzungen. Muss sie in den gelben Sack, hat sie vermutlich noch eine Beschichtung oder andere Kunststoffanteile. Allerdings ist die Entsorgungsangabe nicht verpflichtend.