Berlin. Migräne und Hitzekollaps: Hohe Temperaturen können dem Organismus stark zusetzen. Wie er damit umgeht und ab wann es gefährlich wird.

Wetter und Klima werden extremer – weltweit, in Europa und auch hierzulande. Darin sind sich Experten des Deutschen Wetterdienstes einig. Sie rechnen damit, dass Trockenheit und Hitzewellen in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. In diesen Tagen werden die Temperaturen fast überall in Deutschland über 30 Grad steigen.

Hitzewellen jedoch können für viele Menschen gefährlich werden. Hitzekollaps, Migräne und Herz-Kreislauf-Beschwerden sind nur einige Folgen, die hohe Temperaturen für die Gesundheit haben können. Doch woran liegt es eigentlich, dass der Körper so heftig auf Hitze reagiert?

Der menschliche Organismus ist bemüht, seine Temperatur konstant auf 37 Grad Celsius zu halten, damit lebensnotwendige Stoffwechselprozesse fortlaufend stattfinden können. Diese Temperatur darf nur geringfügig schwanken, erklärt Hanns-Christian Gunga, Professor für Physiologie in Extremen Umwelten an der Charité Berlin. Tatsächlich ist zu viel Hitze ebenso gefährlich wie zu viel Kälte. Würde die Körpertemperatur über 42 Grad steigen, oder unter 32 Grad sinken, könnte das sogar tödlich sein.

Hitzewelle: Körper pumpt Blut zur Kühlung in die Haut

Damit der Körper die für ihn ideale Temperatur auch in den warmen Sommermonaten halten kann und nicht überhitzt, muss er Wärme abgeben. Zum Beispiel über die Haut. Dafür steigert er die Durchblutung unseres größten Organs, die dortigen Blutgefäße weiten sich. Das erwärmte Blut aus dem Inneren des Körpers wird so an die Oberfläche geleitet.

Denn über die Haut kann die Wärme leichter an die Umgebung abgegeben werden. „Häufig werden im Zuge dessen Hände und Füße warm oder schwellen an, auch der Kopf wird schon mal rot“, erklärt Gunga.

Muss sich der Körper stark runterkühlen, weil die Umgebung besonders warm ist, fließen sogar bis zu 80 Prozent unseres Blutes allein durch die Haut. Zum Vergleich: Normalerweise sind es nur maximal zehn Prozent. Das führt dazu, dass die inneren Organe weniger stark durchblutet werden. Dazu gehört auch der Magen-Darm-Trakt.

Deshalb empfiehlt Gunga, bei großer Hitze besser Leichtverdauliches zu essen. „Wer sich stattdessen sehr fettig ernährt, veranlasst, dass sich das Blut, das eigentlich zur Kühlung gebraucht wird, dem Magen und Darm zugeführt wird.“

Schwitzen kühlt den Körper ab

Ein weiterer Kühlungs- wie Schutzmechanismus ist Schwitzen. Auch wenn es einige als unangenehm empfinden, reguliert es die Körpertemperatur recht zuverlässig. Denn wenn die feinen Tröpfchen auf unserer Haut verdunsten, wird viel Wärme vom Körper abgeführt. Voraussetzung ist natürlich, dass der Organismus dafür genügend Flüssigkeit zur Verfügung hat. Wer mindestens anderthalb Liter pro Tag trinkt unterstützt also den körpereigenen Kühlungsprozess. „Vor allem Kinder und ältere Menschen vergessen das allerdings häufig“, mahnt Hans-Jörg Busch, der als ärztlicher Leiter Medizin am Universitätsnotfallzentrum Freiburg arbeitet. Lesen Sie hier: So bauen Sie sich eine Klimaanlage

Tatsächlich empfinden ältere Menschen nach dem Trinken schneller ein Sättigungsgefühl als junge und nehmen aus diesem Grund häufig geringere Mengen Flüssigkeit zu sich. Grund dafür ist eine Fehlmeldung der alternden Nerven. Diese überschätzen die Menge der aufgenommenen Flüssigkeit. Das ergab eine Studie australischer Forscher um Michael Farrell von der Universität von Melbourne.

Pommes sind typisches Freibad-Essen. Aufgrund ihres hohen Fettgehalts sollte man bei Hitze allerdings eher auf sie verzichten.
Pommes sind typisches Freibad-Essen. Aufgrund ihres hohen Fettgehalts sollte man bei Hitze allerdings eher auf sie verzichten. © dpa | Christoph Soeder

Dehydrierung: Kinder und Senioren sind besonders gefährdet

Um zu überprüfen, ob man tagsüber genug getrunken hat, empfiehlt Mediziner Gunga deshalb, sich bereits vor einer angekündigten Hitzewelle morgens und abends zu wiegen, um das Körpergewicht zu bestimmen. Bei sehr hohen Außentemperaturen schließlich würden Menschen abends durchaus ein bis zwei Kilogramm weniger wiegen als morgens. Und das nicht etwa, weil sie Fett verbrannt, sondern Flüssigkeit verloren und nicht ausgeglichen hätten.

Zeigt die Waage im Vergleich zu morgens also ein Minus von einem Kilogramm an, solle man besser noch am gleichen Abend mindestens einen Liter Wasser oder aber andere isotonische Getränke, wie beispielsweise eine Schorle aus Wasser und etwas Saft, trinken.

Ein Rückblick in die Hitze

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    Bei Hitze: Flüssigkeitsmangel rechtzeitig erkennen

    „Wiegen ist oftmals auch die einzige Möglichkeit, um die Flüssigkeitszufuhr bei Kindern zu überprüfen“, so Gunga. Grundsätzlich seien 22 bis 25 Grad Außentemperatur für den Körper ideal. Höhere Temperaturen könnten hingegen bereits das Herz-Kreislauf-System überlasten.

    Bei Herzkranken beispielsweise erhöht sich das Sterblichkeitsrisiko bei Hitzewellen um bis zu 15 Prozent, wie eine Studie des Deutschen Wetterdienstes (DWD) belegt, die 2014 veröffentlicht wurde. Denn bei konstant hohen Temperaturen erweitern sich die Gefäße und der Blutdruck sinkt.

    Nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga (DHL) könnte die Wirkung blutdrucksenkender Medikamente dadurch verstärkt werden, Schwindel, Müdigkeit und Schwäche die Folge sein. Betroffene sollten ihre Medikation bei angekündigten Hitzewellen deshalb mit dem Hausarzt überprüfen und gegebenenfalls neu einstellen.

    Hitze ist auch eine Gewöhnungssache

    Grundsätzlich ist es möglich, sich ein stückweit an hohe Temperaturen zu gewöhnen. Menschen, die beispielsweise in südlicheren Ländern leben, hätten für gewöhnlich ein anderes Hitzeempfinden als wir Deutschen. Darüber hinaus passen sie ihre Gewohnheiten in den Sommermonaten aber auch entsprechend an, betont Notfallmediziner Busch.

    Heißt: „In Spanien würde niemand auf die Idee kommen, mittags um zwölf mit dem Rennrad loszufahren.“ Auch Arbeiten im Freien sollten während der Sommermonate lieber auf die kühleren Morgen- und Abendstunden verlagert und kurz gehalten werden. Eine Kopfbedeckung ist dabei Pflicht. Denn sonst steige die Gefahr eines Sonnenstichs, einer Hitzeerschöpfung oder sogar eines Herzinfarktes.

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    Sonnenstich, Hitzeerschöpfung und Hitzeschlag: Das sind die Symptome

    Doch wie erkennt man, dass man dem Körper zu viel zugemutet hat? „Ein Sonnenstich entsteht durch intensive Sonneneinstrahlung auf den Kopf, was zu einer Reizung der Hirnhäute führt und Kopfschmerzen, Übelkeit und Benommenheit hervorrufen kann“, so Gunga. In diesem Fall helfen Ruhe und Abkühlung.

    Wenn hingegen schon bei leichten körperlichen Belastungen das Herz schneller als üblich schlägt, man sich schwach fühlt, vermehrt schwitzt oder desorientiert ist, könnte dies auf eine Hitzeerschöpfung hindeuten. Auch da hilft: Raus aus der Sonne und viel trinken.

    „Ein Hitzeschlag ist die letzte Steigerung“, erklärt Busch. Denn er ist lebensbedrohlich. Betroffene hätten keine feuchte, sondern trockene Haut und seien bisweilen hochrot. Dann muss ein Notarzt gerufen werden.

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