Wolfsburg. Starker Start, schlimmer Einbruch: Die Niederlage der deutschen Eishockey-Cracks gegen Frankreich soll wichtige Erkenntnisse liefern.

Am Freitagnachmittag (16.20 Uhr) beginnt für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft mit dem Auftaktspiel gegen die Slowakei die Weltmeisterschaft in Tschechien. Die Hoffnung auf einen weiteren Coup ist nach der Silbermedaille aus dem Vorjahr groß. Doch noch liegt beim Aushängeschild des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB) einiges im Argen. Das zeigte das vorletzte Testspiel am Samstag in der ausverkauften Wolfsburger Eis-Arena deutlich. Gegen Frankreich vergeigte die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis eine 3:0-Führung, verlor am Ende nicht unverdient mit 3:5 (3:1, 0:3, 0:1).

Bundestrainer Harold Kreis: Vielleicht ein Weckruf zum richtigen Zeitpunkt

Sorgenfalten statt WM-Euphorie? Soweit ist es noch lange nicht. „Vielleicht war es ein Weckruf zum richtigen Zeitpunkt“, sagte der Bundestrainer. Ergebnisse seien im Rahmen der Vorbereitung wichtig, „aber für uns sind auch die Erkenntnisse wichtig. Hier haben wir einige wichtige Erkenntnisse gewonnen“, sagte Kreis.

Bundestrainer Harold Kreis lieferte die 3:5-Niederlage wichtige Erkenntnisse. Vor allem in der deutschen Defensive drückte der Schuh.
Bundestrainer Harold Kreis lieferte die 3:5-Niederlage wichtige Erkenntnisse. Vor allem in der deutschen Defensive drückte der Schuh. © dpa | Swen Pförtner

Seine Mannschaft hatte im Anfangsdrittel dabei sehr, sehr vieles richtig gemacht. Im Tor war NHL-Goalie Philipp Grubauer (Seattle Kraken) trotz einiger Umstellungsprobleme („Es sind kleinere Sachen wie die rote Bandenwerbung unten am Eis, das bin ich von drüben nicht gewohnt.“) bis zu seiner geplanten Auswechslung nach 30 Minuten für Mathias Niederberger ein sicherer Rückhalt bei den sehr wenigen Möglichkeiten der Franzosen.

JJ Peterka über sein starkes NHL-Jahr: Den nächsten Schritt hatte ich mir auch vorgenommen

Und vorne wirbelten mit Mittelstürmer Nico Sturm (San José Sharks) und Shootingstar JJ Peterka (Buffalo Sabres) zwei weitere Nordamerika-Exporte. „Wir sind gut gestartet, haben viele Sachen richtig gemacht“, meinte der frühere Münchner Peterka, der nach seinem NHL-Rookiejahr und der Vize-Weltmeisterschaft zuletzt noch einmal einen großen Sprung gemacht hatte. „Das war auch das, was ich mir vorgenommen hatte. Ich habe viel Vertrauen vom Trainer bekommen und im Line-up weiter oben gespielt“, so der 22 Jahre alte Stürmer. Auch er werde die Generalprobe am Montag (19.30 Uhr, live und kostenfrei bei MagentaSport) noch benötigen, um in Form zu kommen.

John Jason Peterka (rechts) und die deutsche Nationalmannschaft erlebten nach einem starken ersten Drittel einen Einbruch, den sie sich selbst nicht erklären konnten.
John Jason Peterka (rechts) und die deutsche Nationalmannschaft erlebten nach einem starken ersten Drittel einen Einbruch, den sie sich selbst nicht erklären konnten. © dpa | Swen Pförtner

In Wolfsburg wirbelte das deutsche Powerplay zunächst die französische Abwehr auseinander, legte durch Dominik Kahun schnell vor und kurz vor der Pause per Elf-Sekunden-Doppelschlag nach. Deutschland spielte wie aus einem Guss, die gemeinsamen Tage in der VW-Stadt schienen sich bezahlt gemacht zu haben.

Bruch aus dem Nichts: Deutschland gibt 0:3 aus der Hand

Aus dem Nichts kam jedoch ein riesiger Bruch ins Spiel. Vor allem Fehlpässe im Aufbau wie beim 1:3, wenig energisches Zweikampfverhalten und nun fehlender Zug zum Tor sorgten dafür, dass die Partie kippte. „Ich weiß nicht, was passiert ist, als wir aus der Kabine gekommen sind“, meinte Peterka. Innerhalb von nur sieben Minuten hatte Frankreich die Partie gedreht, legte im Schlussabschnitt mit Anthony Rechs Treffer ins leere Tor das 5:3 nach.

Am Wolfsburger Publikum lag es mit Sicherheit nicht. Die Fans sorgten für eine tolle Eishockey-Atmosphäre, die auch NHL-Goalie Grubauer ungefragt lobte: „Die 4500 machen manchmal mehr Stimmung als 20.000 drüben in den USA, da ist es schon geil, wieder hier zu spielen.“

Das DEB-Team bekommt für die Generalprobe noch Verstärkung

Das hat noch nichts zu bedeuten. „Es geht ein bisschen mehr darum, die Chemie in den Reihen zu finden. Das ist das Hauptziel“, betonte Peterka. Und schließlich wird das Team auch noch einmal kräftig durcheinandergewirbelt: AHL-Verteidiger Maksymilian Szuber kommt in Weißwasser dazu. Die Meister-Spieler der Eisbären Berlin reisten bereits am Samstagabend an, trainierten noch am Sonntag mit in Wolfsburg. Kai Wissmann und Jonas Müller verstärken ebenfalls die Abwehr, Tobias Eder, Play-off-MVP Leo Pföderl und Frederik Tiffels den ohnehin sehr talentierten Angriff. Die Verteidiger Leon Hüttl, Jan Luca Sennhenn und Mario Zimmermann sowie Stürmer Justin Schütz sind dagegen nicht mehr dabei.

Seattle-Kraken-Torwart Philipp Grubauer schwärmte von der Stimmung in der Wolfsburger Eis-Arena, hatte persönlich mit einigen kleineren Umstellungen im Vergleich zu den nordamerikanischen Spielstätten zu kämpfen.
Seattle-Kraken-Torwart Philipp Grubauer schwärmte von der Stimmung in der Wolfsburger Eis-Arena, hatte persönlich mit einigen kleineren Umstellungen im Vergleich zu den nordamerikanischen Spielstätten zu kämpfen. © dpa | Swen Pförtner

Die Probleme, das sah auch der Bundestrainer so, liegen in diesem Jahr eher in der Defensive, für die Moritz Seider (Detroit Red Wings) schweren Herzens abgesagt hat und in der Leon Gawanke verletzt ausfällt. Beide waren bei der starken WM im Vorjahr große Stützen im DEB-Prunkstück Abwehr: „Wir müssen uns nicht so viele Gedanken machen über Chancen, die wir kreieren, sondern darüber, wie wir hochkarätige Chancen verhindern können.“

Kapitän Moritz Müller sieht im Test in Wolfsburg eine wichtige Lektion

Besser ein Spiel wie gegen die Franzosen passiere jetzt als in einer Woche, so Kreis weiter. Sein Kapitän, Kölns Verteidiger Moritz Müller, sagte: „Es ist ein bisschen eine Konzentrationsfrage gewesen. Das ist die richtige, die wichtige Lektion auf dem Niveau: Wenn man zehn, 15 Minuten, nicht komplett da ist, dann wird das bestraft.“

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Und das tat am Samstag Frankreich, der auch bei der WM einer der sieben Vorrundengegner auf dem Weg zum Ziel Viertelfinale sein wird. Das Nachbarland durfte übrigens nach sechs Niederlagen in Serie erstmals nach acht Jahren wieder gegen Deutschland jubeln. In Wolfsburg hatte es diesen Test bereits 2018 gegeben, damals zündeten die Deutschen während der WM-Vorbereitung zwar ein Feuerwerk. Beim damaligen Weltturnier in Dänemark verpassten sie das Viertelfinale als Gruppensechster aber deutlich. Dann doch lieber ein Warnschuss in Wolfsburg, als ein böses Erwachen bei der WM in Tschechien.