Wolfsburg/München. Nationalspielerin zieht Ausstiegsklausel: Das vermelden der VfL Wolfsburg und der Meister aus München am Donnerstagvormittag.

Es war nur noch eine Frage der Zeit, nachdem die ersten Gerüchte aufgeploppt sind. Am Donnerstagvormittag meldeten die Klubs es als perfekt: Lena Oberdorf verlässt den VfL Wolfsburg im Sommer. Die 22 Jahre alte Nationalspielerin nutzt eine Ausstiegsklausel, um sich ein Jahr vor ihrem offiziellen Vertragsende bei den Wölfinnen dem deutschen Meister Bayern München anzuschließen. Dort hat „Obi“ bis zum Sommer 2028 unterschrieben und wird damit zur teuersten deutschen Fußballerin aller Zeiten.

Auffällig: In der Mitteilung des VfL fehlt in Oberdorfs Fall das eigentlich obligatorische Zitat von Ralf Kellermann. In der Vergangenheit war das bei ähnlich gelagerten Fällen wie dem Abgang von Jill Roord im Vorjahr zu Manchester City oder dem von Pernille Harder 2020 zum FC Chelsea stets der Fall, dass der Direktor Frauenfußball des VfL noch auf die Gründe für einen Abschied einging, der Spielerin für ihr Engagement dankte.

Oberdorf begründet Wechsel: „Ich bin noch keine komplette Spielerin“

In der Pressemitteilung des FC Bayern sagte Oberdorf nun zu den Gründen: „Ich habe gute Gespräche mit Cheftrainer Alexander Straus und Abteilungsleiterin Bianca Rech geführt und die Vision des Vereins, was man in den nächsten Jahren erreichen möchte, hat mir sehr gut gefallen. Man hat mir auch gezeigt, wo meine Potenziale liegen und was man noch aus mir rausholen kann. Ich denke, ich bin noch keine komplette Spielerin – da möchte ich aber hinkommen. Bis Sommer werde ich für den VfL Wolfsburg weiterhin alles geben und freue mich dann auf die neue Herausforderung.“ Das klingt danach, als sehe sie in Wolfsburg nicht unbedingt die Möglichkeit, sich in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln.

2020 kam sie mit 18 Jahren schon als „Jahrhunderttalent“ von der SGS Essen zum VfL und überzeugte auf ganzer Linie. Gleich in ihrem ersten Bundesliga-Spiel erzielte sie zwei Treffer gegen ihren Ex-Klub Essen, bis jetzt sind es in 102 Pflichtspielen für die Wolfsburgerinnen 22 und 14 Assists für die Gewinnerin der Fritz-Walter-Medaille in Gold (2020). Sie gewann mit den Grün-Weißen 2022 die Meisterschaft, holte drei Pokalsiege und erreichte zwei Mal das Finale in der Champions League.

Der Verlust für den VfL Wolfsburg wiegt schwer

Der VfL selbst hatte keine andere Wahl, als Oberdorf schon jetzt zu den Bayern ziehen zu lassen. Für die Spielerin selbst scheint nach schwierigen Monaten mit Verletzung und auch mentalen Problemen die Zeit reif für ein neues Kapitel. In den vergangenen Tagen flogen der 22-Jährigen dabei einige Sätze aus der Vergangenheit um die Ohren. Mit Blick auf den Song der „Toten Hosen“, „ich würde nie zum FC Bayern gehen“ sagte sie: „Ja, klar, kenne ich! Ich kann mir auch nicht vorstellen, zu den Bayern zu gehen.“ Dass Sätze wie diese ausgekramt werden, ist logisch - gleichwohl aber unfair.

Gefallen sind sie kurz vor der EM 2022, da war Oberdorf gerade einmal 20 Jahre alt. Bei ihrer Klasse gibt es in Deutschland mit dem VfL und den Bayern gerade einmal zwei Klubs, die für die Mittelfeldspielerin Sinn ergeben. Und ein Wechsel ins Ausland - es gab Angebote aus Frankreich (Paris St. Germain) und England (FC Chelsea) - kam für sie offenbar (noch) nicht infrage.

Mit Janina Minge hat der VfL bereits einen Ersatz verpflichtet.

Für den VfL ist es sportlich ein extrem schwerwiegender Verlust, ähnlich einzuordnen wie der von Pernille Harder, die 2020 nach dreieinhalb Jahren in der VW-Stadt (104 Tore in 114 Spielen) auf ihren Wechsel zu Chelsea gedrängt hatte. Bei Harder war dabei irgendwie immer klar, dass Wolfsburg eine Durchgangsstation ist. Bei Oberdorf und dem VfL schien es dagegen perfekt zu passen. Noch dazu schwächt dieser Wechsel nicht nur den VfL, sondern stärkt gleichzeitig den größten nationalen Konkurrenten. Dass sie schon ein Jahr vor dem regulären Vertragsende dorthin geht, verstärkt den Eindruck, dass der VfL im Vergleich zu den Bayern an Boden verliert.

Mit Nationalspielerin Janina Minge (SC Freiburg) hatte der VfL am Dienstag seinen ersten Sommerzugang präsentiert. Die 24-Jährige ist universell einsetzbar, könnte auch in die Oberdorf-Rolle rutschen. Zudem kommt die bereits 2022 verpflichtete Caitlin Dijkstra (Twente Enschede) zur Saison 2024/25 nach Wolfsburg.