Wolfsburg. Grizzlys Wolfsburg sind auch beim 3:4 in Spiel 3 des Play-off-Viertelfinals gegen München unterlegen. Torwartwechsel ändert wenig.

Ein Drittel lang sah es nach der Wende aus, doch am Ende von Spiel 3 stehen die Grizzlys Wolfsburg schon mit dem Rücken zur Wand. Auch das dritte Duell mit RB München verloren sie am Freitagabend vor 3911 Zuschauern in der Eis-Arena mit 3:4 (1:0, 0:3, 2:1). Nun droht ihnen am Sonntag (16.30 Uhr) in Match 4 des Play-off-Viertelfinals der Deutschen Eishockey-Liga der Sweep, also mit 0:4 in der Best-of-7-Serie rausgehauen zu werden. Das wäre die Höchststrafe. Matt White, Justin Feser und Darren Archibald trugen sich für die Grizzlys in die Torschützenliste ein. Auf der anderen Seite schlug es dank der Treffer von Patrick Hager (2), Adam Almquist und Ben Street aber einmal öfter ein.

Grizzlys-Trainer Mike Stewart hatte es tatsächlich getan: Er wechselte den Torwart. Nach zuvor drei Jahren als gesetzte und unantastbare Nummer 1 in den Play-offs musste Dustin Strahlmeier nach zwei unglücklichen Auftritten beim 3:6 in Spiel 1 und 3:7 in Spiel 2 nun vor dem dritten Duell seinen Platz räumen. Hannibal Weitzmann erhielt sein erstes großes Match für die Wolfsburger. Auch ansonsten stellte der Coach um. Für den offenbar am Dienstag in München im letzten Drittel verletzt ausgeschiedenen Verteidiger Janik Möser kehrte der genesene Jimmy Martinovic zurück. Der besetzte aber nur den zuletzt verwaisten U23-Platz, deshalb durfte der nach einer Gehirnerschütterung wieder fitte Stürmer Laurin Braun für Möser auffüllen. So viel Feuerkraft im Angriff hatten die Grizzlys in dieser Saison noch nie gleichzeitig im Aufgebot.

Grizzlys Wolfsburg einmal auf links gedreht im Sturm

Die personellen Veränderungen führten dazu, dass Stewart mit Ausnahme von einer alle Sturmreihen erneut umbaute. Reihe 1 spielte nun in der Besetzung, wie sie bis zu Whites Verletzung Bestand hatte: mit eben diesem, Spencer Machacek und Center Andy Miele. In Reihe 2 packte der Coach die anderen drei Import-Angreifer: Chris Wilkie, Darren Archibald und als Center Peter Mueller. Auch Linie 3 mit Nationalspieler Julian Chrobot, Braun und in der Mitte mit dem Deutsch-Kanadier Justin Feser hatte Klasse. Hinzu kam eine energiegeladene Checking-Line mit Routinier Gerrit Fauser und den pfeilschnellen Lucas Dumont und Julian Chrobot auf den Außen.

Torwart Hannibal Weitzmann erhielt bei den Grizzlys Wolfsburg seinen ersten Play-off-Einsatz.
Torwart Hannibal Weitzmann erhielt bei den Grizzlys Wolfsburg seinen ersten Play-off-Einsatz. © Grizzlys Wolfsburg/FMN | City-Press GmbH

Stewart hatte in dem so wichtigen Spiel die Eier, etwas auszuprobieren. Wenn es völlig in die Hose gegangen wäre, hätte er den Fan-Frust geballt abbekommen. Doch das war dem vor Ehrgeiz strotzenden Coach scheißegal, wie er es auf gut deutsch mit seinem österreichisch-englischen Dialekt wohl selbst gesagt hätte. Gleich nach knapp drei Minuten zahlte sich sein Mut aus. Der nach seiner mehr als zweimonatigen Verletzungspause immer besser in Fahrt kommende White verwandelte die erste Grizzlys-Chance zum 1:0. Und wer hatte den Puck erobert und traumhaft sicher den Pass gespielt? Mal wieder Fabio Pfohl. Der gelernte Center, der als Verteidiger aushelfen muss, wird den folgenden Satz nicht gern lesen, aber: Fabio, du hast das Zeug zu einem richtig spielstarken deutschen DEL-Verteidiger, überleg‘ Dir das!

Wolfsburgs Weitzmann verhindert den Ausgleich im ersten Drittel

Diesmal schlug München nicht direkt zurück, weil Weitzmann gegen Veit Oswald (5. Minute) die Oberhand behielt. Auch den Schuss des Ex-Wolfsburgers Chris DeSousa machte die eigentliche Nummer 2 wett. Zur ersten Pause führten die Gastgeber mit 1:0. Die Hoffnung war zurück.

Zu ärgerlich, dass White (23.) den Vorsprung zu Beginn des Mittelabschnitts nicht ausbaute. So bedeutete Almquists Treffer (24.) den 1:1-Ausgleich. Der war zuletzt noch überzählig gewesen, ersetzte diesmal aber den wohl nicht einsatzfähigen Ryan McKiernan. Bei Almquists Schuss war Weitzmann die Sicht verstellt. Danach ging es wieder dahin. Unter Münchens Druck machten die Grizzlys kleine Fehler. So wie Miele, der den Puck vor dem eigenen Tor nicht klären konnte, Hager bedankte sich mit dem 2:1 (28.) für München. Weitzmann verhinderte gegen Emil Johansson (28.) einen weiteren Doppelschlag und gegen Oswald (36.) noch die Vorentscheidung. Doch als Braun auf der Strafbank saß, schlug es zum dritten Mal ein. Torschütze war erneut Hager, doch der Puck wäre nach einem Schuss von Eisenschmid auch ohne Hagers Zutun von der Schulter des Wolfsburger Torwarts zum 3:1 (38.) über die Linie gegangen.

Wolfsburgs Aufbäumen im Schlussabschnitt vergebens

Es ist immer das Gleiche. Wenn die Münchner Gas geben, kann Wolfsburgs Defensive nicht dagegenhalten. So auch im Schlussdurchgang: Feser (46.) fälschte im Slot einen Schuss unhaltbar zum 2:3 ab. Doch das Momentum blieb nur kurz auf Grizzlys-Seite. Unfreiwillig lenkte Wolfsburgs John Ramage Streets Passversuch (48.) ins eigene Tor ab – 2:4 aus Sicht der Hausherren. Die endgültige Entscheidung blieb noch aus, weil Weitzmann die Fast-Breaks von Nico Krämmer (51.) und Yasin Ehliz (56.) stoppte. Drei Minuten vor dem Ende brachte Stewart den Extra-Angreifer für den gut spielenden Weitzmann. 16 Sekunden vor Schluss lenkte Archibald einen Schuss zum 3:4 an RB-Torwart Mathias Niederberger vorbei, der seinen Schläger verloren hatte. Doch dann lief die Zeit ab.

Auch interessant

„Es war ein Schritt nach vorn“, sagte Weitzmann trotzdem. Mit seiner eigenen Leistung war er nicht ganz zufrieden. „Mein Anspruch ist es, ein oder zwei mehr zu halten. Mache ich das, gewinnen wir.“ Alles oder nichts heißt es nun am Sonntag für die Mannschaft von Coach Stewart. Noch nie hat eine Mannschaft in der DEL in einer Best-of-7-Serie einen 0:3-Rückstand noch in einen Sieg gedreht. Die bisherigen drei Play-off-Vergleiche machen nicht viel Hoffnung darauf. Aber die stirbt bekanntlich zuletzt.

Spiel kompakt:

Grizzlys Wolfsburg: Weitzmann – Ramage, Pfohl; O‘Connor, Krupp; Martinovic, Zajac – Wilkie, Mueller, Archibald; Dumont, Fauser, Chrobot; Machacek, Miele, White; Schinko, Feser, Braun.

RB München: Niederberger – Blum, Abeltshauser; Lancaster, Johansson; Almquist, MacWilliam; Daubner – Parkes, Street, Krämmer; Oswald, DeSousa, Ehliz; Ortega, Hager, Kastner; Eisenschmid, N. Heigl, Varejcka.

Tore: 1:0 (02:54) White (Pfohl), 1:1 (23:10) Almquist (Daubner, Varejcka), 1:2 (27:25) Hager (Blum, Johansson), 1:3 (37:40) Hager (Street, Eisenschmid/5:4), 2:3 (45:25) Feser (Schinko, Braun), 2:4 (47:48) Street, 3:4 (59:43) Archibald (Miele, White/6:5).

Strafen: Wolfsburg 8 Minuten, München 8 Minuten.

Schiedsrichter: Sean MacFarlane und Martin Frano.

Zuschauer: 3911.

Personal: Den Grizzlys fehlten die Verteidiger Ryan Button (Saisonaus) und Janik Möser (offenbar verletzt). Als überzählige Ü23-Profis blieben Abwehrspieler Armin Wurm sowie die Stürmer Jean-Christophe Beaudin draußen. U23-Profi Timo Ruckdäschel war ebenfalls überzählig.