Berlin. Aus einem Bericht zum Abgas-Skandal verschwanden Passagen, die an der Zulässigkeit zweifelten, die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen abzuschalten.

Nach dem Ärger aus Brüssel wegen angeblicher Versäumnisse im Abgas-Skandal wird auch in Deutschland erneut der Vorwurf laut, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lasse die Autobauer milde davonkommen. Aus Entwurfsversionen des Untersuchungsberichtes aus seinem Haus wurden offenbar Passagen gestrichen, die Zweifel an der Zulässigkeit der Abschaltung der Abgasreinigung formulierten. Das berichten „Spiegel Online“, „BR Recherche“ und die Deutschen Presse-Agentur. Das Ministerium wies die Darstellung zurück.

Zwar sind in der Endfassung des Berichts die betroffenen 14 Modelle einer Gruppe zugeordnet, deren Stickoxid-Werte „technisch nicht ausreichend erklärbar schienen“. Aus den Beschreibungen der einzelnen Modelle wurden die Stellen allerdings gestrichen.

Im Fall der Opel-Modelle Insignia und Zafira verwiesen die Autoren demnach in früheren Versionen auf ein Gutachten von Georg Wachtmeister von der Technischen Universität München. Unter anderem ging es darum, dass bereits ab 17 Grad Außentemperatur das Abgas nicht mehr richtig gereinigt wurde. Wörtlich hieß es dazu im Entwurf: „Dieses Gutachten stützt die Zweifel an der Zulässigkeit dieser temperaturabhängigen Emissions-Minderungs-Strategie.“ Der Hinweis fehlt in der veröffentlichten Fassung – ebenso wie laut „Spiegel Online“ eine Passage zum Renault Kadjar und zum Dacia Sandero. Hier habe die Kommission zunächst festgehalten, dass die Abregelung der Abgasreinigungsanlage direkt unterhalb jener Temperatur beginne, bei der die Fahrzeuge im Prüfstand getestet werden. Der „Verdacht auf eine unzulässige Abschalteinrichtung“ könne deshalb „nicht ausgeräumt“ werden.

Ein Sprecher des Ministeriums nannte die Berichte falsch. Der Bericht sage eindeutig: „Bei einem Teil der Fahrzeugtypen bestehen seitens der Untersuchungskommission des BMVI allerdings Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der verwendeten Abschalteinrichtung.“ Darum seien die 14 Fahrzeuge in die entsprechende Gruppe eingeordnet worden. Er verwies zudem auf Aussagen von Dobrindt im April. Der CSU-Politiker hatte zur Vorstellung des Berichts gesagt: „Bei einigen der untersuchten Fahrzeugtypen bestanden in der Untersuchungskommission Zweifel, ob die gewählten Thermofenster in vollem Umfang durch den Motorschutz gerechtfertigt sind.“ Die Kommission habe die betreffenden Hersteller aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, „um das Thermofenster auf das tatsächlich notwendige Maß zu beschränken“.

Herbert Behrens (Linke) will die nachträglichen Streichungen im Untersuchungsausschuss des Bundestages prüfen. Der Minister habe die Modelle zwar kategorisiert, sagte der Ausschussvorsitzende unserer Zeitung. „Aber er hat nicht weiter vertieft, ob es sich um legale oder illegale Abschalteinrichtungen handelt.“ Nachforschungen seien so verhindert worden – wenn dann müsse ein möglicher Betrug für sämtliche Hersteller aufgeklärt werden.

Unter den 14 Modellen sind auch Wagen von Audi, Porsche und VW. Ein Konzernsprecher betonte, der VW-Konzern habe im Gegensatz zu den anderen Herstellern bei dem Audi und Porsche bereits mit der freiwilligen Nachrüstung per Software-Update begonnen. Eine direkte Einflussnahme auf den Bericht wies er zurück: Die Vorabfassungen seien dem Konzern nicht gezeigt worden. Die internen Abstimmungen des Ministeriums seien Volkswagen nicht bekannt.

Infolge des VW-Skandals um manipulierte Abgastests hatte Dobrindt die „Untersuchungskommission Volkswagen“ eingesetzt. Außerdem ordnete er Abgas-Nachmessungen bei VW und anderen Herstellern an; die Ergebnisse finden sich in dem Bericht. Wie eng das Kraftfahrtbundesamt (KBA) und die Autobauer dafür zusammenarbeiteten, ging im November aus E-Mails zwischen KBA-Mitarbeitern und einigen Autobauern hervor. So schrieb etwa ein KBA-Beamter an einen Ministeriumsmitarbeiter, ein Text über die zu hohen Abgaswerte eines Porsche-Modells sei „mit dem Hersteller abgestimmt“.