„Das krisengeschüttelte Europa muss sich neu definieren, zur Not eben mit einer deutsch-französischen Avantgarde.“

Manch einer mag bis vor kurzem noch geglaubt haben, dass der US-Präsident nach einer wilden Anfangsphase zur Vernunft kommt. Dieser Restoptimismus ist spätestens seit dem G7-Gipfel in Taormina verpufft. Bei Trump zählt nur, was den USA nützt. Damit einher geht die schmerzhafte Erkenntnis: Die vielbeschworene Wertegemeinschaft des Westens mit der Schutzmacht Amerika hat sich erledigt. Heute stehen Rechtsstaatlichkeit und Freihandel nicht mehr hoch im Kurs. Wenn der alte Westen passé ist, wird es Zeit für einen neuen Westen. Das kann nur Kerneuropa sein. Die Gründungsstaaten der EU – Deutschland, Frankreich, Italien, Benelux – müssen der Gemeinschaft neuen Schwung verleihen. Berlin und Paris kommen dabei besondere Verantwortung zu. Das krisengeschüttelte Europa muss sich neu definieren, zur Not eben mit einer deutsch-französischen Avantgarde als Katalysator. Die Leitplanken sind Wirtschaftswachstum, soziale Balance und kulturelle Vielfalt. Wenn die Größe des bisherigen Clubs aus 28 Staaten zu Lähmungserscheinungen geführt hat, stellt sich die Frage: Warum nicht eine EU-Champions-League aus den Ländern Kerneuropas schaffen? Der Rest bestünde dann, um im fußballerischen Bild zu bleiben, aus der Europa-Liga. Eine kleinere Kern-Gemeinschaft wäre wirtschaftlich leistungsfähiger und würde rechtsstaatliche Maßstäbe setzen. Die anderen EU-Mitglieder hätten aber jederzeit die Wahl mitzumachen.